Schmerzensgeldzahlung bei der Brustamputation in Höhe von 85.000,00 Euro

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Carmen G. gegen Dr. W. / Dr. K. und Dr. R.

Kommissionsentscheidung der Gutachter und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen bei der Landesärztekammer Hessen vom 28.02.2014, Az. III/2/17074

Chronologie:

Die am 15.09.1984 geborene Anspruchstellerin suchte am 04.05.2011 wegen eines von ihr getasteten Knotens in der linken Brustdrüse die Frauenarztpraxis der drei Antragsgegnerinnen auf. Frau Dr. W. dokumentierte in ihrer Ambulanzkartei den Befund eines circa 2 cm großen, glatt begrenzten, derben und verschiebbaren Tumors im mittleren oberen Quadranten der linken Brustdrüse. Ihre Diagnose lautete: „Verdacht auf Fibroadenom“. Es wurde eine Kontrolluntersuchung in 4-6 Monaten vereinbart. Am 11.08.2011 begab sich die Patientin von sich aus erneut in die Praxis und wurde von der beteiligten Ärztin Frau K. untersucht.

Nach einer handschriftlichen Skizze wurde ein circa mandarinengroßer Tumor festgestellt, der praktisch die ganze obere Hälfte der Brust einnahm. Es wurde eine deutliche Größenzunahme vermerkt. Im Ultraschall wurden mehrknotige Tumore in beiden oberen Quadranten beschrieben. Wieder wird der Verdacht auf Fibroadenom handschriftlich dokumentiert. Am 04.10.2011 führte eine Ärztin im Diakonie Krankenhaus W. eine Stanzbiopsie an dem mittlerweile weiterhin an Größe zugenommenen Tumors durch. Es zeigte sich stanzbioptisch ein gesichertes Mammakarzinom links.

Die Patientin warf den behandelnden Gynäkologinnen vor, die (dann erfolgte) Entfernung der linken Brustdrüse sei wegen der unzureichenden Diagnostik des auch von ihr getasteten Knotens notwendig geworden, weil der später als bösartig identifizierte Tumor an Größe so habe zunehmen können, dass eine brusterhaltende Therapie nicht mehr möglich gewesen wäre.

Verfahren:

Die Patientin hat ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle des Landesärztekammer Hessen eingeleitet. Die Kommission kommt zu folgendem Ergebnis:

Die beteiligten Ärztinnen haben bei der Behandlung der Patientin schwerwiegende Fehler begangen. Der am 04.05.2011 getastete Tumor stellte sich im Ultraschallbild als suspekt dar. Das von Frau Dr. W. diagnostizierte Fibroadenom ist nicht nachzuvollziehen. Es hat die dringende Indikation zu einer sofortigen histologischen Abklärung bestanden. Die Empfehlung einer Kontrolluntersuchung in 4-6 Monaten ist nicht mehr verständlich. Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung kehrt sich die Beweislast wegen groben Fehlverhaltens auf der Behandlerseite um und die Ärztinnen müssten nachweisen, dass ein anderer Verlauf der Behandlung der Patientin auch bei einer 5 Monate früheren Entdeckung des Tumors nicht eingetreten wäre.

Anmerkungen:

Arzthaftungsprozesse werden oft von den Patienten verloren. Vor Gericht wehren sich die Haftpflichtversicherung und die Behandler selbst mit Händen und Füßen, weil insbesondere die Haftpflichtversicherer nicht wollen, dass hohe Schmerzensgeldbeträge in die einschlägigen Schmerzensgeldtabellen Eingang finden. Dort erscheinen nur gerichtliche Urteile, keine außergerichtlichen Vergleiche. Wenn an einer Sache aber etwas dran ist, sind die Versicherungen oft geneigt, außergerichtlich zu regulieren, insbesondere wenn ein Schiedsstellenverfahren bei der Landesärztekammer mit positivem Ausgang vorausgegangen ist (Weidinger aaO.). Deshalb wird der Großteil der Arzthaftungsangelegenheiten in außergerichtlichen Handlungen erledigt (Weidinger, Medizinrecht 2006, Seite 572).

Auch in diesem Fall ist es daher gelungen, die Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung der beteiligten Frauenärztinnen eine akzeptable Schmerzensgeldzahlung für die Patientin auszuhandeln. Sie erhielt im Oktober 2014 einen Betrag in Höhe von 85.000,00 € abzüglich des von ihr für den Anwalt aufzubringen den Erfolgshonorars (25%).  

Empfehlung der Patientenkanzlei Dr. Ziegler & Kollegen:

Arzthaftungsprozesse dürfen immer nur die ultima ratio sein. Bevor sie angestrengt werden, müssen insbesondere in aussichtsreichen Fällen sämtliche außergerichtliche Möglichkeiten genutzt werden. Die Ergebnisse sind dann oft besser, als in gerichtlichen Verfahren.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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