Strafverteidigung Sexualstrafrecht – Sexueller Missbrauch durch WhatsApp-Nachrichten

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Der Autor hat bereits in zahlreichen Fachbeiträgen auf die Besonderheiten bei der Strafverteidigung im Sexualstrafrecht hingewiesen. Neben Fachkenntnis, Engagement und Erfahrung im Umgang mit diesen Strafverfahren, welche auch innerhalb des Strafrechts eine Sonderstellung einnehmen, ist für eine effektive Strafverteidigung die Kenntnis der bundesweiten Rechtsprechungsentwicklung notwendig.

In diesem Zusammenhang sei auf die aktuelle Entscheidung des OLG Hamm vom 14.01.2016 (Az. 4 RVs 144/15) hingewiesen.

Im Rahmen dieser Revisionsentscheidung hat das OLG im Ergebnis ausgeführt, dass auch ein WhatsApp-Chat den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne des § 176 StGB erfüllen kann.

Ende des Jahres 2014 chattete der seinerzeit 55-jährige Angeklagte über WhatsApp mit einem 9-jährigen Mädchen. Im Rahmen des Chats fragte der Angeklagte die 9-Jährige zunächst nach ihrem Freund und ob sie glücklich mit ihm sei. In den nächsten Tagen erkundigte er sich, ob die Nacht mit ihrem Freund schön gewesen sei und ob sie für ihn, also für den Angeklagten, eine Freundin habe, die „nicht erwachsen“ sein müsse. Ferner fragte er, ob die 9-Jährige, deren Freund sowie eine noch „zu vermittelnde“ Freundin und der Angeklagte „etwas zu 4 machen“ könnten und zwar in dem Sinne „Du und Dein Freund und ich mit ihr“.

Aufgrund dieses Chatverkehrs wurde der Angeklagte ursprünglich durch das Amtsgericht Beckum (Az. 17 Ds 77/15) zu einer Bewährungsstrafe in Höhe von 9 Monaten verurteilt.

Hiergegen wurde durch den Angeklagten das Rechtsmittel der Sprungrevision zum OLG eingelegt, welches in der Folge verworfen wurde.

Nach Rechtsauffassung des OLG Hamm hat sich der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gem. § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB strafbar gemacht. Dieser Straftatbestand ist demnach erfüllt, wenn ein Täter auf ein Kind mittels Schriften oder mittels Informations- oder Kommunikationstechnologie einwirkt, um das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen. Dies können sexuelle Handlungen sein, die das Kind an oder vor dem Täter oder einem Dritten vornehmen oder von dem Täter oder einem Dritten an sich vornehmen lassen soll.

Durch die über WhatsApp versandte Nachricht mit dem Vorschlag, dass man „zu 4 was machen“ könne, sei eine Schrift im Sinne des § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB versandt worden. Es sei, so dass OLG, zwar noch nicht zu einem „wiederholten Drängen“ oder zu einem „Überreden“ gekommen, da die zuvor übersandten Nachrichten noch keinen hinreichenden sexuellen Hintergrund gehabt hätten. Allerdings sei die Nachricht ersichtlich versandt worden, um Neugier zu wecken. Dabei habe der Angeklagte ein sexuelles Erlebnis mit mehreren Beteiligten vorgeschlagen, welches die Geschädigte zuvor noch nicht gehabt habe. Insofern war von einer Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne des § 176 StGB auszugehen.

Aus Sicht des Autors zeigt sich damit erneut, dass gerade im Sexualstrafrecht aus Opferschutzgründen eine weite Auslegung der Straftatbestände stattfindet und der Vorwurf des Kindesmissbrauchs keineswegs ein persönliches Zusammentreffen von Täter und Opfer erfordert, vielmehr eine Kommunikation auf elektronischem Weg völlig ausreichend sein kann.


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