Testamentsvollstreckung: Zwischen Pflicht, Verantwortung und Konflikt

  • 3 Minuten Lesezeit

Von den Rechtsanwälten Esra Duran & Dr. Marc Laukemann*

Die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers ist anspruchsvoll und konfliktbeladen. Hier liegt die ordnungsgemäße Nachlassverwaltung oft gefährlich nah an möglichen Pflichtverletzungen, die schnell in Haftungsrisiken münden können. Zwei aktuelle Urteile verdeutlichen die praktischen Herausforderungen.


Konflikte in der Testamentsvollstreckung: Zwei Urteile, zahlreiche Lehren

Fall 1: Testierunfähigkeit und Untreue (OLG Celle, Urteil vom 22.07.2024 – 6 U 49/23)

Ein Testamentsvollstrecker zahlte über 160.000 Euro aus einem Testament aus, obwohl er wusste – oder hätte wissen müssen –, dass die Erblasserin testierunfähig war. Das Resultat: Schadensersatzforderungen und eine Verurteilung wegen Untreue.

Was wir daraus lernen:

Viele Testamentsvollstrecker verlassen sich blind auf das Nachlassgericht und das ausgestellte Testamentsvollstreckerzeugnis. Dieser Vorgang reicht jedoch nicht aus. Wer den Gesundheitszustand des Erblassers kennt oder kennen sollte, trägt eigenverantwortlich dafür Sorge, die Testierfähigkeit zu prüfen. Die Verantwortung geht daher weit über formale Dokumente hinaus.


Fall 2: Streit um Immobilienbewertungen (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 10.09.2024 – 5 W 47/24)

In einem anderen Fall sorgten unklare Immobilienbewertungen und ein unvollständiges Nachlassverzeichnis für Streitigkeiten zwischen Erben und Testamentsvollstrecker. Trotz der Konflikte entschied das Gericht, dass der Testamentsvollstrecker im Amt bleiben darf, solange er sich am Willen des Erblassers orientiert – auch wenn ihm dabei Fehler unterlaufen.

Was wir daraus lernen:

Eine Amtsenthebung setzt eine schuldhafte grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers oder seine Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung voraus. Erben verlangen oft Perfektion, doch nicht jeder Fehler eines Testamentsvollstreckers rechtfertigt seine Amtsenthebung. Entscheidend bleibt der Wille des Erblassers.


Die Herausforderungen des Testamentsvollstreckers

Ein Testamentsvollstrecker ist nicht nur Verwalter des Nachlasses, sondern oft auch Vermittler zwischen den Familienmitgliedern. Die Aufgaben erfordern rechtliches Fachwissen, Fingerspitzengefühl und klare Kommunikation. Doch die Realität ist oft komplizierter:

Der Testamentsvollstrecker muss seinen Pflichten in vollem Umfang nachkommen. Diese umfassen unter anderem die Erstellung eines vollständigen Nachlassverzeichnisses, die Wahrung von Auskunfts- und Rechenschaftspflichten sowie die sorgfältige Verwaltung des Nachlasses. Werden diese Pflichten verletzt, kann dies schnell zu Haftungsansprüchen und Schadensersatzforderungen führen.


Für Erben: So sichern Sie Ihre Rechte

Wenn Zweifel an der Arbeit des Testamentsvollstreckers bestehen, sollten Erben ihre Rechte gezielt und überlegt durchsetzen:

  • Fragen stellen: Ist der Testamentsvollstrecker seinen Pflichten nachgekommen? Gibt es ein vollständiges Nachlassverzeichnis? Wurden Entscheidungen nachvollziehbar getroffen?
  • Beweise sammeln: Vorwürfe müssen fundiert sein. Notieren Sie, was fehlt oder unklar ist.
  • Eskalation mit Maß: Nicht jeder Fehler rechtfertigt die Amtsenthebung. Suchen Sie zunächst das Gespräch. Scheitert dieser Versuch, kann ein Antrag beim Nachlassgericht sinnvoll sein.


Für Testamentsvollstrecker: So minimieren Sie Risiken

Testamentsvollstrecker können durch sorgfältiges Arbeiten und transparente Kommunikation Konflikte vermeiden und Haftungsfallen umgehen:

  • Testierfähigkeit prüfen: Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers sollten frühzeitig geklärt werden, z. B. durch Gutachten.
  • Lückenlose Dokumentation des Handelns: Dies schützt vor Vorwürfen und bietet eine rechtliche Absicherung.
  • Transparente Kommunikation: Erben erwarten nicht nur Ergebnisse, sondern auch Erklärungen. Offenheit schafft Vertrauen und verringert das Konfliktpotenzial.


Fazit: Klare Kommunikation und Sorgfalt sind der Schlüssel

Die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers erfordert weit mehr als reines Fachwissen im Erbrecht. Sorgfalt, transparente Kommunikation und ein lösungsorientierter Umgang mit den Erben sind entscheidend, um Konflikte zu vermeiden und eine reibungslose Nachlassabwicklung sicherzustellen.

Unser Rat: Erben und Testamentsvollstrecker sollten frühzeitig den Dialog suchen und sich bei Bedarf juristische Unterstützung holen. Denn im Erbrecht gilt: Ein gewonnener Streit ist oft schon ein Verlust.


Ihr Team von LFR Wirtschaftsanwälte

* Esra Duran ist Rechtsanwältin bei LFR Wirtschaftsanwälte im Dezernat Erbrecht und IT-Recht und hat die theoretische Prüfung für den Fachanwalt für Erbrecht erfolgreich abgeschlossen. Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann ist Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte München, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz, zertifizierter Wirtschaftsmediator (IHK) und systemischer Business Coach (IHK). Er berät laufend Testamentsvollstrecker und Erben im Zusammenhang mit Streitigkeiten in Erbengemeinschaften.


Über #LFR Wirtschaftsanwälte

LFR Wirtschaftsanwälte sind Ihr Partner in allen Fragen der Erb-, Unternehmens- und Vermögensnachfolge.
 Als qualifizierte Fachanwälte u.a. im Handels- und Gesellschafts-, im Insolvenz- sowie im Steuerrecht, als qualifizierte Fachberater für Unternehmensnachfolge und als erfahrene Wirtschaftsmediatoren vertreten wir Sie in allen Fragen rund um die Testamentsvollstreckung und die Nachlassregelung von Unternehmern und Gesellschaftern.

Weitere Informationen finden Sie unter: Erbrecht & Vermögensnachfolge - LFR Wirtschaftsanwälte (lfr-law.de)


Foto(s): https://unsplash.com/de/fotos/geschaftsmann-und-anwalt-unterzeichnen-den-vertrag-die-vereinbarung-im-dokument-sylnbYho0Vs

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