Thema Erbrecht: Ist das Nottestament ein gültiges Dreizeugentestament?
- 3 Minuten Lesezeit
Das Oberlandesgericht Hamm hatte mit Beschluss vom 01.12.2022 – 10 W 75/22 in einem landwirtschafsrechtlichen Verfahren über die Errichtung eines Dreizeugentestaments vor drei Zeugen zu entscheiden.
Der Erblasser kann, sofern er aufgrund naher Todesgefahr ein Testament nicht mehr vor dem Notar und als Nottestament vor dem Bürgermeister errichten kann, sein Testament mündlich vor drei Zeugen erklären. Man spricht dann von einem sog. Dreizeugentestament. Es muss eine Niederschrift angefertigt und dem Erblasser vorgelesen werden, damit dieser dies genehmigen und – sofern er noch schreibfähig ist – es selbst unterschreiben kann. Sollte er nicht mehr schreiben können, reicht die Unterschrift der Zeugen.
Im vorliegenden Fall hinterließ der verstorbene Erblasser einen Hof. Er hatte keine Kinder und seine Frau war bereits vorher verstorben. Der Hof wurde bereits durch einen Pächter und dessen Ehemann gepachtet. Der Pächter beantragte aufgrund eines Dreizeugentestaments einen Erbschein als Alleinerbe. Zwei entfernte Verwandte kamen ebenfalls als gesetzliche Erben in Frage und wendeten dies ein. Das Gericht konnte sich nicht von einer gültigen Errichtung eines Dreizeugentestaments überzeugen und lehnte den Antrag des Pächters auf Erteilung eines Erbscheins ab. Der Pächter legte hiergegen Beschwerde ein.
Der Pächter hatte über einen Notar ein von seinem Ehemann und drei Zeugen unterzeichnetes computergeschriebenes Protokoll bei Gericht eingereicht. Aus dem ergab sich ein vom Erblasser kurz vor seinem Tod mündlich geäußerter letzter Wille. Das Gericht wies den Pächter darauf hin, dass das erst nach dem Tod erstellte Protokoll kein wirksames Dreizeugentestament sein kann. Daraufhin reichte der Pächter ein inhaltlich gleichlautendes handschriftliches Dokument ein. Dieses war ebenfalls von seinem Ehemann erstellt worden und trug ebenfalls die Unterschriften der drei Zeugen. Der Pächter gab an, dass er in der Todesnacht die Zeugen hinzugezogen habe, weil der Erblasser nicht mehr ins Krankenhaus und er sich aufgrund des bevorstehenden Todes absichern wollte. Der Erblasser habe dann gegenüber den Zeugen mündlich sein Testament erklärt. Die vom Ehemann erstellte Niederschrift sei dem Erblasser vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Der Erblasser konnte dieses aber nicht mehr selbst unterschreiben und die drei Zeugen unterzeichneten es in Gegenwart des Erblassers.
Der Landwirtschaftssenat hat alle Beteiligte angehört. Im Ergebnis konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass das Testament so wie behauptet und damit wirksam errichtet wurde. Aufgrund des Sachverhalts blieben große Zweifel an einer gültigen Testamentserrichtung. Auch die Vernehmung der Zeugen konnte diese Zweifel nicht zerstreuen, zumal die Zeugen unterschiedliche Angaben zu den Einzelheiten des Ablaufs in der Todesnacht machten und sich teilweise in Widerspruch zu ihren in erster Instanz gemachten Angaben setzten sowie einer der Testamentszeugen in erster Instanz gar erklärt hatte, in der Todesnacht sei nichts unterschrieben worden. Auch ist nicht klar aufgeführt, warum der Erblasser nicht mehr selbst unterschreiben konnte.
Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Oliver Thieler, LL.M. von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erstellt.
Rechtsanwalt Oliver Thieler, LL.M. ist seit Jahren u.a. im Bereich des internationalen länderübergreifenden Erbrechts tätig und Autor der Publikation: "Richtig Erben und Vererben".
Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertritt Sie deutschlandweit und spezialisiert insbesondere in folgenden Rechtsgebieten: Betreuungsrecht, Erbrecht, Immobilien- und Mietrecht, Schenkungsrecht und Steuerrecht.
Sollten Sie einem ähnlichen Erbrechtsfall ausgesetzt sein und/oder benötigen Sie rechtlichen Rat zum Thema Erbrecht, so zögern Sie bitte nicht und melden Sie sich bei der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Sie können uns entweder unter 089/44 232 990 anrufen oder per E-Mail muenchen@rechtsanwalt-thieler.de erreichen oder das Kontaktformular verwenden.
Weitere Informationen finden Sie unter www.rechtsanwalt-thieler.de
Artikel teilen: