Unerwarteter Todesfall: Was geschieht mit dem Erbe?

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Ein unerwarteter Todesfall in der Familie bringt nicht nur Trauer, sondern auch viele rechtliche Fragen mit sich. Was passiert mit dem Erbe? Wer sind die Erben? Welche Schritte müssen die Hinterbliebenen unternehmen? In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick über wichtige zu beachtende Aspekte bei einem plötzlichen Todesfall. 

Ein geliebter Mensch zu verlieren, ist immer eine große Belastung. Neben der Trauer müssen die Hinterbliebenen jedoch auch viele organisatorische und rechtliche Aufgaben bewältigen. Es ist besonders wichtig, sich rasch einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen und notwendige Schritte einzuleiten.

Was geschieht mit dem Erbe?

Sobald jemand verstirbt, wird dessen gesamtes Vermögen, einschließlich aller Besitztümer und Schulden, automatisch auf die Erben übertragen. Die Erben treten hierdurch also in die rechtliche Stellung des Verstorbenen ein.

Die Gesetzliche Erbfolge

Falls der Verstorbene kein Testament hinterlassen hat, kommt die gesetzliche Erbfolge zum Tragen. Diese regelt, wer in welcher Reihenfolge erbt. Zuerst erben die Kinder, danach die Eltern und Geschwister. Auch Ehepartner haben einen gesetzlichen Anspruch auf das Erbe, der je nach Güterstand unterschiedlich ausfällt.

Testament und Erbvertrag

Wenn der Verstorbene ein Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen hat, ist dessen Inhalt maßgeblich. Das Testament muss beim Nachlassgericht eingereicht werden, welches dann die Testamentseröffnung vornimmt. Alle Erben werden über den Inhalt des Testaments in Kenntnis gesetzt.

Die nächsten Schritte nach dem Todesfall

  1. Totenschein und Sterbeurkunde: Zunächst muss ein Arzt einen Totenschein ausstellen. Mit diesem Dokument können Sie beim Standesamt die Sterbeurkunde beantragen, die für viele weitere Schritte erforderlich ist.
  2. Sicherung des Nachlasses: Stellen Sie sicher, dass die Wohnung des Verstorbenen gesichert wird, um Schäden und unbefugten Zugriff zu verhindern. Wichtige Dokumente wie Testamente, Verträge und Bankunterlagen sollten ebenfalls gesichert werden.
  3. Testamentseröffnung: Das Testament muss beim Nachlassgericht eingereicht werden, welches dann die Testamentseröffnung vornimmt und alle Erben informiert.
  4. Verträge prüfen: Gehen Sie alle bestehenden Verträge des Verstorbenen durch. Einige, wie Mietverträge, können kurzfristig gekündigt werden, während andere, wie Versicherungen, möglicherweise weiterlaufen sollten, um den Nachlass zu schützen.
  5. Erbschein beantragen: Oftmals benötigen die Erben einen Erbschein, um ihre rechtmäßige Erbenstellung nachzuweisen. Dieser wird ebenfalls beim Nachlassgericht beantragt.

Der Testamentsvollstrecker

Ein Testamentsvollstrecker kann bei der Abwicklung eines Nachlasses eine zentrale Rolle spielen, besonders dann, wenn der Verstorbene dies in seinem Testament festgelegt hat. Nachfolgend die Aufgaben, die durch einen Testamentsvollstrecker übernommen werden:

  1. Umsetzung des Testaments: Der Testamentsvollstrecker stellt sicher, dass die Wünsche des Verstorbenen gemäß dem Testament umgesetzt werden. Dazu gehört die Verteilung des Nachlasses an die Erben und die Erfüllung von Vermächtnissen.
  2. Verwaltung des Nachlasses: Der Testamentsvollstrecker verwaltet den Nachlass solange, bis dieser vollständig und endgültig verteilt ist. Dies umfasst die Sicherung und Verwaltung der Vermögenswerte, die Begleichung von Schulden sowie die Erledigung laufender Verpflichtungen.
  3. Schutz der Erben: Sollten minderjährige oder besonders bedürftige Erben involviert sein, sorgt der Testamentsvollstrecker dafür, dass deren Interessen ebenfalls gewahrt bleiben.

Rechte und Pflichten eines Testamentsvollstreckers

Verfügungsrecht: Der Testamentsvollstrecker besitzt das exklusive Recht, den Nachlass zu verwalten. Dies umfasst die Verwaltung von Nachlasskonten und die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche.

Rechenschaftspflicht: Der Testamentsvollstrecker ist gesetzlich dazu verpflichtet, den Erben regelmäßig Bericht zu erstatten und über seine Verwaltung Rechenschaft abzulegen.

Vergütung: Der Testamentsvollstrecker hat Anspruch auf eine angemessene Entlohnung für seine Tätigkeit, die entweder direkt im Testament festgelegt oder nach den gesetzlichen Bestimmungen bemessen wird.

Weit verbreitete Missverständnisse im Erbrecht

  • Ehepartner erben alles: Viele glauben fälschlicherweise, dass Ehepartner automatisch den gesamten Nachlass erhalten. Ohne ein Testament erben sie jedoch nur einen Teil, während der Rest an Kinder oder andere Verwandte geht. Um sicherzustellen, dass der Ehepartner alles erbt, sollte dies im Testament festgehalten werden.
  • Ein am PC getipptes Testament ist besser als nichts: Ein Testament ist nur dann gültig, wenn es vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben ist. Ein maschinell erstelltes Testament ist ungültig.
  • Enterben ist ganz einfach: Der Pflichtteil kann nur in sehr seltenen Fällen vollständig entzogen werden, beispielsweise bei schweren Straftaten gegen den Erblasser.
  • Die Erbschaftssteuer frisst sowieso einen Großteil des Erbes auf: Nicht jede Erbschaft unterliegt der Steuerpflicht. Es gibt bestimmte Freibeträge, die je nach Verwandtschaftsgrad variieren. Erst wenn diese Freibeträge überschritten werden, wird Erbschaftssteuer fällig.
  • Man erbt die Schulden seiner Eltern: Erben können eine Erbschaft ablehnen, wenn der Nachlass überschuldet ist. In diesem Fall sind sie nicht für die Schulden des Verstorbenen verantwortlich. Es ist jedoch wichtig, die Fristen für die Ausschlagung zu beachten.

Fazit

Ein unerwarteter Todesfall stellt die Hinterbliebenen vor zahlreiche Herausforderungen. Es ist entscheidend, rasch und überlegt zu handeln, um den Nachlass zu sichern und die notwendigen rechtlichen Schritte einzuleiten. Ein Testamentsvollstrecker kann in solchen Situationen eine große Hilfe sein, besonders wenn der Nachlass komplex ist oder potenzielle Konflikte bestehen. Bei Unsicherheiten oder Fragen sollte man nicht zögern, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Kontaktieren Sie mich jederzeit, um Ihre Situation zu besprechen, Fragen zu klären und die nächsten Schritte zu planen. Ich berate Sie gerne.

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Foto(s): Anja Jäger

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