Vor Gericht: 7 Fehler, die Sie unbedingt vermeiden sollten (Nr. 3 wirkt extrem negativ!)
- 6 Minuten Lesezeit

Wenn Sie als Angeklagter das erste Mal vor Gericht stehen, werden Sie nervös und angespannt sein. Das ist ganz normal. Denn Sie wissen nicht, was alles auf Sie zukommen und wie der heutige Tag enden wird. Und es steht meist sehr viel auf dem Spiel: Ihre Freiheit, Ihr Beruf, Ihr Leben. Dabei gehen Angst, Unsicherheit und das Gefühl, Schauobjekt für die breite Öffentlichkeit zu sein, ineinander über und können Sie stark belasten.
Gerade weil es vor Gericht eine neue und unangenehme Situation für Sie ist, ist es wichtig, dass Sie sich richtig verhalten. Sie sollten es unbedingt vermeiden, einen negativen Eindruck zu hinterlassen. Denn unpassendes Verhalten kann schwerwiegende Folgen haben, einschließlich einer härteren Strafe für Sie am Ende des Tages.
Der Grund hierfür ist, dass das Gericht vom Strafgesetz nur einen Strafrahmen vorgegeben bekommt. In diesem Rahmen muss sich das Gericht zwar bewegen, aber es besitzt dabei einen erheblichen Entscheidungsspielraum – sowohl nach oben als nach unten. Die Idee dahinter ist, hierdurch Einzelfallgerechtigkeit zu ermöglichen.
Und damit Sie in Ihrem Strafverfahren das bestmögliche Ergebnis erzielen können, erfahren Sie hier 7 Fehler, die Sie unbedingt vor Gericht vermeiden sollten.
1. Unpünktlich sein
In deutschen Gerichten wird nach wie vor sehr viel Wert auf Pünktlichkeit gelegt. Erscheinen Sie daher unbedingt rechtzeitig zu Ihrem Gerichtstermin.
- Kalkulieren Sie bei Ihrer Anreise zu Gericht ein, dass Sie am Eingang kontrolliert werden. Nicht selten ist am frühen Morgen eine lange Schlange am Gerichtseingang vorzufinden. Seien Sie daher mindestens 45 Min vor dem Beginn Ihrer Gerichtsverhandlung vor Ort. Je früher, desto besser!
- Denken Sie dabei an Ihre persönliche Ladung zum Termin sowie an Ihren Personalausweis, um Verzögerungen am Eingang zu vermeiden.
2. Unangemessene Kleidung tragen & ein ungepflegtes Äußeres haben
Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck! Auch Richter sind nur Menschen und beurteilen die Angeklagten subjektiv. Das ist unvermeidbar, muss aber für Sie kein Nachteil sein. Im Gegenteil: Sie können sogar einen positiven ersten Eindruck hinterlassen!
- Tragen Sie angemessene und respektvolle Kleidung; keine legeren, freizügigen oder provokativen Outfits. Kleiden Sie sich schlicht und farblich unauffällig. Dunkle Farbtöne sind regelmäßig vorteilhafter als helle bzw. grelle. Keine Löcher in der Kleidung oder in den Schuhen.
- Apropos Schuhe: Unbedingt sauber machen vor dem Gerichtstermin!
- Wenn Sie eine Jacke anhaben, hängen Sie diese im Saal auf. Wenn möglich, nicht hinter Ihren eigenen Stuhl! Tragen Sie keinen Hut oder eine Mütze; zumindest nicht, wenn Sie den Gerichtssaal betreten und sich darin aufhalten.
Bzgl. Ihrem äußeren Erscheinungsbild: Seien Sie gepflegt!
- Frisch geschnittene/gewaschene Haare und ein rasierter/getrimmter Bart helfen dabei, einen ersten positiven Eindruck zu hinterlassen.
- Achten Sie zudem auf saubere Hände und Nägel.
3. Unhöflich sein
Extrem negativ wird es sich für Sie auswirken, wenn Sie unhöflich und respektlos sind. Insbesondere gegenüber dem Gericht, aber auch gegenüber der Staatsanwaltschaft, dem Nebenkläger, den Zeugen oder sonstigen Personen, wie etwa der Protokollführung.
Zeigen Sie stets Respekt gegenüber dem Gericht. Genau das drücken Sie auch bereits durch ein pünktliches und gepflegtes Auftreten aus!
- Stehen Sie auf, wenn der Richter den Saal betritt, immer.
- Schauen Sie dem Richter offen in die Augen, wenn Sie mit ihm reden oder er Sie anspricht. Gleiches gilt gegenüber der Staatsanwaltschaft.
- Reden Sie nur, wenn Sie angesprochen werden. Unterbrechen Sie weder den Richter noch die anderen Personen.
Zeigen Sie keine Missachtung, sondern am besten Gleichgültigkeit gegenüber der Verhandlung. Seien Sie ein ruhiger Teilnehmer; mehr Beobachter als Angeklagter. Klar kann es Ausnahmen geben. Aber solche Ausnahmen werden vorher mit Ihrem Strafverteidiger abgestimmt.
- Reagieren Sie am besten nicht auf das Verhalten des Gerichts, der Staatsanwaltschaft oder sonstiger Personen, vor allem nicht auf negative/belastende Zeugenaussagen.
- Lassen Sie sich auf keinen Fall provozieren und vermeiden Sie unbedingt aggressive oder respektlose Kommentare; auch sarkastische Bemerkungen oder lautes Stöhnen sind ein No-Go.
- Ebenso abfällige Gesten, wie etwa Abwinken oder mit den Augen rollen.
- Und auch keine (blöden) Witze: das Gericht ist kein Ort für Ihren Humor.
Demgegenüber sollten Sie stets höflich auf Fragen des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft reagieren. Das ist nicht immer einfach, ich weiß. Aber behalten Sie Ihre Emotionen trotzdem im Griff! Es kann und es wird in den meisten Fällen einzig zu Ihrem Nachteil sein.
4. Verteidigungsstrategie missachten
Halten Sie sich immer an die Strategie, die Sie mit Ihrem Strafverteidiger vor der Verhandlung vereinbart haben. Immer!
- Wenn Sie schweigen sollen, dann schweigen Sie bitte auch! Keine eigenen Improvisationen: nicht am Anfang, nicht während und vor allem nicht am Ende der Verhandlung, wenn Sie das „letzte Wort“ haben. Dabei besteht immer die Gefahr, dass Sie Dinge äußern, die Ihnen später negativ ausgelegt werden können.
- Gleiches gilt, wenn Sie reden, sich also „zur Sache einlassen“ sollen und das mit Ihrem Verteidiger vorher abgesprochen haben. Halten Sie sich strikt an das, was Sie besprochen haben!
5. Mit Ihrem Strafverteidiger streiten
Sie und Ihr Strafverteidiger sollten eine Einheit bilden. Vermeiden Sie es daher, mit diesem vor den Augen des Gerichts und aller anderen Personen einen Streit anzufangen.
Manchmal können Unstimmigkeiten bestehen, aber diese sollten immer in einer kurzen Unterbrechung unter 4 Augen mit Ihrem Strafverteidiger und Ihnen besprochen und aus der Welt geschafft werden.
Es wirkt extrem unprofessionell, wenn Sie mit Ihrem Verteidiger in Konflikt geraten. Ziehen Sie gemeinsam an einem Strang und nicht jeder am anderen Ende!
6. Handy benutzen
Ganz kurz und knapp: Lassen Sie Ihr Handy während der gesamten Verhandlung ausgeschaltet und verwenden Sie es nicht im Gerichtssaal. Während Ihrer Verhandlung ist für Sie nicht der richtige Zeitpunkt, um für andere Personen erreichbar zu sein.
Kein Flugmodus, sondern komplett aus!
7. Essen und Trinken
Konsumieren Sie nichts im Gerichtssaal: kein Essen und auch keine Getränke. Kauen Sie kein Kaugummi und lutschen Sie keine Bonbons.
Sollten Sie eine (kleine) Wasserflasche mitbringen, positionieren Sie diese so am/unter Ihrem Tisch, dass das Gericht sie nicht sehen kann. Wenn Sie durst haben, greifen Sie nicht einfach während der Verhandlung zur Flasche! Sprechen Sie erst mit Ihrem Verteidiger, der eine kurze Unterbrechung beantragen kann.
Einige Gerichte sind sehr empfindliche, wenn Sie während der Verhandlung einfach etwas Trinken. Vermeiden Sie das also!
Gleiches gilt übrigens für Toilettengänge: Nicht melden und das Gericht fragen (Sie sind nicht in der Schule!), sondern bitten Sie über Ihren Verteidiger um eine kurze Unterbrechung "aus biologischen Gründen".
Fazit
Sie haben gesehen, dass es vor Gericht eine eigene "Knigge" gibt. Halten Sie sich daran und vermeiden Sie diese 7 Fehler. Wenn Sie unsicher sind, sprechen Sie mit Ihrem Strafverteidiger. Dieser berät Sie auch hinsichtlich dieser ungeschriebenen Regeln vor Gericht.
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