Vorladung Vorwurf Sexuelle Belästigung auf der Wiesn – Anwalt Strafrecht München

  • 5 Minuten Lesezeit

Die aufgrund des übermäßigen Alkoholkonsums oft enthemmte Stimmung auf dem Münchener Oktoberfest führt dazu, dass das Begrabschen und Belästigen von insbesondere Frauen keine Seltenheit sind. Was oft als Spaß gemeint ist, kann ernsthafte strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Viele wissen dabei gar nicht, dass ihr Verhalten strafbar ist. Und welche Strafen drohen für eine solche sexuelle Belästigung?


Welche Strafen drohen für sexuelle Belästigung? 

Der Strafrahmen für sexuelle Belästigung reicht von einer Geldstrafe bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Das konkrete Strafmaß richtet sich dabei stets nach dem konkreten Fall. Hier ist zum Beispiel von Bedeutung, wie genau das Opfer berührt wurde und ob der Täter vorbestraft ist oder nicht. In besonders schweren Fällen erhöht sich der Strafrahmen, sodass nur noch eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren in Betracht kommt. Ein besonders schwerer Fall kann insbesondere dann angenommen werden, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird. 


Wann macht man sich wegen sexueller Belästigung auf dem Oktoberfest strafbar?

Maßgebliche Rechtsnorm ist § 184i Strafgesetzbuch (StGB). Danach macht sich strafbar, wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise berührt und dadurch belästigt. Erforderlich ist, dass die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers verletzt wird. Eine sexuelle Belästigung ist unterhalb einer sexuellen Nötigung anzusiedeln. Die Abgrenzung der beiden Straftatbestände ist jedoch schwierig und erfordert gerade in Grenzfällen anwaltliches Fingerspitzengefühl. 

Erforderlich für eine Strafbarkeit wegen sexueller Belästigung ist, dass der Beschuldigte das Opfer berührt. Bloß verbale Belästigungen, obszöne Äußerungen und Gesten erfüllen den Tatbestand der sexuellen Belästigung nicht. Hier kommt lediglich eine Strafbarkeit wegen sexueller Beleidigung in Betracht. Die Berührung kann mit der Hand oder auch mit einem Gegenstand erfolgen. Unerheblich ist, ob die Körperstellen des Opfers bekleidet sind oder nicht.

Des Weiteren muss der Körperkontakt sexuell bestimmt sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Berührung von einem objektiven Betrachter im Gesamtkontext der Situation als sexuell motiviert anzusehen und damit auch nach dem äußeren Erscheinungsbild sexualbezogen ist. Aber auch dann, wenn die Berührungen nur subjektiv sexuell bestimmt sind, kann der Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllt sein, wenn das Opfers sich hierdurch belästigt fühlt.

Denn zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer sexuellen Belästigung ist in allen Fällen, dass das Opfer sich durch die Handlung belästigt fühlt und dies verbalisiert. In ambivalenten Situationen kann daher eine Belästigung abzulehnen sein, wenn das Opfer seinen Widerwillen nicht deutlich zum Ausdruck bringt. Es ist mehr als nur eine minimale Beeinträchtigung des Opfers erforderlich. An einer Belästigung fehlt es, wenn die Handlung bei dem Opfer nur Interesse oder Verwunderung ausgelöst hat. 

Auf subjektiver Seite muss der Täter Bewusstsein über das eigene Handeln haben. Er muss Vorsatz hinsichtlich der körperlichen Berührung haben und dass sich das Opfer hierdurch belästigt fühlt. Hierfür ist bedingter Vorsatz ausreichend. Das bedeutet, dass es genügt, wenn der Täter es billigend in Kauf nimmt, dass das Opfer mit der Berührung nicht einverstanden ist. Des Weiteren ist der subjektive Wille, etwas sexuell Motiviertes zu tun, erforderlich. 


Macht man sich wegen sexueller Belästigung strafbar, wenn das Opfer mit der Handlung einverstanden war?

Wenn sich das potentielle Opfer mit der vorgenommenen Handlung einverstanden erklärt hat, dann kann keine strafbare sexuelle Belästigung angenommen werden. 


Mache ich mich wegen sexueller Belästigung strafbar, wenn ich irrig davon ausgegangen bin, dass das Opfer mit der Handlung einverstanden ist?

Nein. Ein solcher Irrtum führt dazu, dass der subjektive Tatbestand der sexuellen Belästigung nicht erfüllt ist. Es liegt dann kein Vorsatz hinsichtlich des „Belästigt fühlen des Opfers“ vor. Auch dies kann unter anderem ein Ansatzpunkt der Strafverteidigung sein.


Durch welche Handlungen kann ich mich wegen sexueller Belästigung auf dem Oktoberfest strafbar machen? 

Eine sexuelle Belästigung kann zum Beispiel durch einen Schlag auf den Po, durch unerwünschte Berührungen der primären oder sekundären Geschlechtsmerkmale, aber auch durch aufgedrängte Küsse und Umarmungen erfolgen. Auch das Streicheln von Armen, Beinen oder Kopf kann erfasst sein. Hier kommt es auf die Beziehung zwischen den Beteiligten an. Ein kurzer Klaps auf den Po auf der Bierbank im Festzelt ist daher in der Regel kein Spaß und kann strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. 


Wird jede sexuelle Belästigung in einem Strafverfahren verfolgt?

Sexuelle Belästigungen werden grundsätzlich nur auf Antrag verfolgt. Das bedeutet, dass ein Strafverfahren regelmäßig nur dann stattfindet, wenn das Opfer zum Ausdruck gebracht hat, dass es eine Strafverfolgung wünscht. Etwas anderes gilt, wenn die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. 


Hat ein hoher Alkoholpegel Auswirkungen auf die Strafbarkeit wegen sexueller Belästigung auf dem Oktoberfest? 

Der Alkoholpegel kann sich auf die strafrechtliche Schuld auswirken und dazu führen, dass die persönliche Vorwerfbarkeit der sexuellen Belästigung (die Schuld) entfällt. Dann entfällt auch eine Strafbarkeit wegen sexueller Belästigung. Allerdings wird man von einer Schuldunfähigkeit regelmäßig erst ab 3,0 Promille ausgehen. Darunter (ab ca. 2,0 Promille) kann die Schuldfähigkeit aber vermindert sein, sodass die Möglichkeit einer Milderung der Strafe wegen sexueller Belästigung auf der Wiesn im Raum steht. 

Die genannten Werte bilden jedoch keine starren Grenzen. Maßgeblich ist beispielsweise, ob der Täter über Ausfallerscheinungen verfügte oder noch zu komplexen Handlungen imstande war. Hier spielt insbesondere die Trinkgewohnheit des Täters eine große Rolle.

Aber auch unterhalb der Grenzen der Schuldunfähigkeit bzw. verminderten Schuldfähigkeit kann ein hoher Alkoholpegel und eine damit einhergehende Enthemmung beachtlich sein. Im Rahmen der Strafzumessung können diese Aspekte zugunsten des Täters berücksichtigt werden. 


Wie lange kann man eine sexuelle Belästigung nach der Tat noch anzeigen?

Eine Anzeige ist immer möglich. Jedoch ist eine Strafverfolgung nur möglich, wenn die Straftat noch nicht verjährt ist. Dies ist bei einer sexuellen Belästigung nach fünf Jahren nach der Tat der Fall. 


Welche Folgen sind bei einer sexuellen Belästigung neben einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe noch zu befürchten? 

Das Opfer einer sexuellen Belästigung kann den Beschuldigten in der Regel zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Ein solcher Anspruch kann wegen vorsätzlicher Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung bestehen. Es drohen dann Schmerzensgeldzahlungen.

Wenn Sie mit dem Vorwurf einer sexuellen Belästigung auf der Wiesn konfrontiert sein sollten, empfiehlt es sich daher, sich an einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Sexualstrafrecht in München zu wenden. Dieser weiß, worauf bei der rechtlichen Beurteilung eines Falles zu achten ist. 

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Voltz

Beiträge zum Thema