Vorschadenproblematik - was ist zu beachten?
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Einführung
Bei einem Verkehrsunfall kann es vorkommen, dass das beschädigte Fahrzeug bereits einen oder mehrere Vorschäden aufweist. Diese Situation kann sowohl für den Geschädigten als auch für die Versicherungsgesellschaft komplex und problematisch sein. Die entscheidende Frage ist, was muss der Geschädigte tun, um seinen Schaden schlüssig darzulegen? Denn die Beweislast für die Höhe des Schadens liegt beim Geschädigten, nicht beim Schädiger.
Die Vorschadenproblematik ist deshalb so bedeutsam, weil ein bereits beschädigtes Fahrzeug anders bewertet wird als ein unbeschädigtes. Sollte der Geschädigte die Vorschäden nicht angeben, riskiert er, dass die Haftpflichtversicherung die Regulierung des gesamten Schadens ablehnt. Laut BGH muss der Geschädigte den Schaden und dessen Höhe nachweisen. Die genaue Kenntnis über den Zustand des Fahrzeugs vor dem Unfall ist dabei essenziell. Andernfalls könnte der Geschädigte, wie der BGH sagt, “den Schaden dem Grunde nach nicht hinreichend substantiiert darlegen”.
Die Ausgangssituation
Wenn ein Fahrzeug mit einem bekannten oder unbekannten Vorschaden in einen Unfall verwickelt wird, muss der Geschädigte diese Vorschäden dem Sachverständigen mitteilen. Dies ist wichtig, damit der Sachverständige den Wiederbeschaffungswert (WBW) korrekt ermitteln kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass die Versicherer Anspruch auf Offenlegung dieser Vorschäden haben, um die Schadensermittlung nachvollziehen zu können. Verschweigt man also einen Vorschaden am Fahrzeug, dann wird der Versicherer die Schadenregulierung vollständig (also auch keine Sachverständigenkosten oder Rechtsanwaltskosten) verweigern.
Nachweispflichten des Geschädigten
Der BGH hat ausdrücklich betont, dass der Geschädigte verpflichtet ist, Vorschäden offenzulegen und den Nachweis über deren fachgerechte Reparatur zu führen, wenn er den vollen Schadenersatz beanspruchen will. Wird diese Pflicht vernachlässigt, könnte dies dazu führen, dass nur ein geringerer Betrag oder gar keine Schadenersatzzahlung erfolgt. Ein Sachverständigengutachten muss präzise Angaben zu vorhandenen Vorschäden enthalten und deren Einfluss auf den WBW deutlich machen.
Unbekannte Vorschäden – Was nun?
Eine weitere Besonderheit ergibt sich, wenn der Geschädigte von einem Vorschaden nichts wusste, weil er das Fahrzeug in vermeintlich unbeschädigtem Zustand gekauft hat. Hier hat der BGH entschieden, dass dem Geschädigten keine unzumutbaren Nachweispflichten auferlegt werden dürfen, wenn er glaubhaft versichern kann, dass ihm die Vorschäden unbekannt waren. Dies schützt insbesondere denjenigen, der unwissentlich ein bereits beschädigtes Fahrzeug erworben hat, und stellt sicher, dass die Beweislast nicht unverhältnismäßig schwer auf ihm lastet.
Das Risiko bei verschwiegener Information
Das bewusste Verschweigen von Vorschäden ist keine kluge Strategie. Der Geschädigte riskiert, dass sein Schadensanspruch unzureichend ist, weil dem Gutachter und letztlich dem Gericht die notwendigen Anknüpfungspunkte für eine korrekte Schadensermittlung fehlen. Zudem verfügen die Versicherer über Kenntnis über alle einer Versicherung gemeldeten Schadensereignisse an dem Fahrzeug. Wird ein solcher Schadenfall gemeldet, wird er im HIS-System gespeichert, auf das die Versicherer nach Meldung eines neuen Schadenfalls zurückgreifen, um zu prüfen, ob bereits ein Vorschaden vorliegt.
TIPP: Auch der Privatmann kann beim HIS-System eine Auskunft über die Gemeldeten und gespeicherten Schäden an seinem Fahrzeug kostenlos erlangen.
Am Ende gilt: Wer ein “geschichtsträchtiges” Auto fährt, sollte am besten auch die Historie kennen – sonst wird auch bei einem unverschuldeten Unfall die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen schwierig.
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