Wann kann ein Pflichtteil entzogen werden?

  • 2 Minuten Lesezeit


Familiäre Konflikte zwischen Eltern und Kindern können dazu führen, dass Eltern ihren Kindern nichts hinterlassen wollen. Auch wenn Eltern ihre Kinder enterben, steht den Kindern aber immerhin noch ein Pflichtteil zu.

Einem Kind auch noch den Pflichtteil zu entziehen, ist nur in engen Grenzen möglich:

Nach dem Gesetz kann einem Abkömmling der Pflichtteil entzogen werden, wenn der Abkömmling

  • Dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
  • sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht,
  • die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
  • wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

Die Entziehung des Pflichtteils ist nur in diesen Fällen möglich. Das Gesetz ist insoweit abschließend.

In der zweiten Fallgruppe können Beleidigungen unter Umständen ausreichen, eine einzelne Beleidigung aber nicht. Auf eine Strafanzeige oder eine strafrechtliche Verurteilung kommt es insoweit nicht an, sondern auf ein schwerwiegendes, dem Erblasser unzumutbares Fehlverhalten.

Für die vierte Gruppe ist allerdings eine rechtskräftige Verurteilung Voraussetzung. Zugrunde liegen muss eine vorsätzliche Tat, die es für den Erblasser unzumutbar macht, dass der Täter noch den Pflichtteil bekommt. Die Tat muss sich nicht zwangsläufig gegen den Erblasser richten, aber für den Erblasser einen so schweren Verstoß gegen seine eigenen Wertvorstellungen darstellen, dass für ihn unzumutbar wäre, dem verurteilten Täter den Pflichtteil überlassen zu müssen. Es muss sich um eine Verurteilung zumindest ein Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung handeln. Wichtig ist, dass der Erblasser bei der Entziehung des Pflichtteils im Testament die Tat und den Grund für die Unzumutbarkeit angibt.

Außerdem muss es sich nach einer Entscheidung des OLG Köln (Beschl. v. 21.01.2021, I-24 U 144/20) um eine Einzelstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung handeln. Wurden mehrere, kleinere Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zusammengefasst, reicht dies für eine Entziehung des  Pflichtteils nicht aus.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Fachanwalt für Erbrecht Christian Räuchle

Beiträge zum Thema