Wenn Schlusserben leer ausgehen – die Tücken des Berliner Testaments

  • 2 Minuten Lesezeit

Ein gemeinschaftliches Testament ist kein Garant für ein gesichertes Erbe

Viele Ehepaare setzen sich in einem Berliner Testament gegenseitig als Alleinerben ein und die gemeinsamen Kinder als "Schlusserben" nach dem Tod des Längstlebenden. Doch genau in dieser Gestaltung liegt ein erhebliches Risiko: Schlusserben können leer ausgehen, wenn das Testament nicht klar und rechtlich wirksam formuliert ist.


Was bedeutet "Schlusserbe" eigentlich?

Als Schlusserbe wird gemeinhin derjenige bezeichnet, der nach dem Überlebenden Ehepartner erben soll. Diese Rolle kann durch eine ausdrückliche Vor- und Nacherbschaft rechtlich abgesichert werden. Wird eine solche jedoch nicht eindeutig angeordnet, hat der Schlusserbe keine verbindliche Erbenstellung, sondern ist nur Erbe des zuletzt Verstorbenen – und damit von dessen letztwilliger Verfügung abhängig.


OLG Saarbrücken: Kein Erbe ohne klare Regelung

Das OLG Saarbrücken (Beschluss v. 09.01.2024, 5 W 71/23) stellte klar:

"Eine Formulierung, wonach Kinder 'nach dem Tod des Letztversterbenden erben sollen', begründet keine Vor- und Nacherbschaft. Vielmehr ist von einer Einheitslösung auszugehen, also der unbeschränkten Alleinerbschaft des Überlebenden."

Fazit: Ohne ausdrückliche Nacherbschaftsregelung kann der Längstlebende das Erbe nach Belieben neu regeln, verbrauchen oder verschenken.


OLG Frankfurt: Wechselbezug kann Schlusserben schützen

Anders sah es das OLG Frankfurt (Beschluss v. 07.05.2015, 20 W 196/14): Dort wurde entschieden, dass die Schlusserbeneinsetzung der Kinder im gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich zur gegenseitigen Einsetzung der Ehegatten war. Die Erblasserin konnte daher nach dem Tod ihres Mannes nicht einseitig zugunsten nur eines Kindes abändern.

"Auch wenn keine ausdrückliche Wechselbezugsklausel enthalten ist, ergibt sich die Bindung aus dem Gesamtinhalt und dem gemeinsamen Testierwillen."

Wichtiges Indiz war hier die Wiederverheiratungsklausel, mit der sich die Eheleute gegen eine Verfügung des Überlebenden Ehegatten absichern wollten.


Wann sind Schlusserben abgesichert?

✅ Wenn eine Vor- und Nacherbschaft mit ausdrücklichen Beschränkungen für den Vorerben angeordnet wird

✅ Wenn die Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung festgestellt wird (ausdrücklich oder durch Auslegung)

✅ Wenn der Überlebende Ehegatte nicht als Vollerbe, sondern als gebundener Vorerbe eingesetzt wird


Fazit: Testament rechtssicher gestalten – Schlusserben wirklich absichern

Ein Berliner Testament sollte nicht leichtfertig verfasst werden. Wer sicherstellen möchte, dass die eigenen Kinder nach dem Tod beider Elternteile wirklich erben, muss dies klar und rechtssicher regeln.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Sabina Gaudio

Beiträge zum Thema