Ab wann ist man gewerblicher Händler & dürfen Privatverkäufer nach der Änderung des UWG noch abgemahnt werden?

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Bis vor Änderung des UWG im Dezember 2020 wurden Privatverkäufer im Internet auf Handelsplattformen wie eBay.de, etsy, vinted, amazon, eBay-Kleinanzeigen und vielen mehr abgemahnt.

Abgemahnt wurden, die als Privatverkäufer angemeldeten Händler (Scheinprivat) auf den oben genannten Handelsplattformen. Sie wurden von gewerblichen Mitbewerbern abgemahnt.

Zudem wurden Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im sogenannten Fernabsatzgeschäft abgemahnt.

Was wurde insbesondere abgemahnt?

Neben dem Verstoß der Scheinprivaten wurde in der Regel Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Fernabsatzgeschäft abgemahnt, wie z.B.:

  • die fehlende Belehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht sowie die fehlende Bereitstellung eines Widerrufsformulars,
  • Vorenthalten einer vollständigen Anbieterkennzeichnung (Impressum),
  • Informationen über das Fehlen der gesetzlichen Gewährleistungsrechte,
  • Fehlender Hinweis auf die OS-Plattform und die Zurverfügungstellung eines klickbaren Links.

Der Abmahner hatte einen Kostenerstattungsanspruch für die Abmahnung.

Seit der Gesetzesänderung des UWG im Dezember 2020 hat sich der Kostenerstattungsanspruch für bestimmte Verstöße geändert. Nunmehr kann der Abmahner keinen Ersatz erforderlicher Aufwendungen geltend machen, wenn er den Verstoß gesetzlicher Informations- und Kennzeichnungspflichten abmahnt.

In der Neufassung des § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG heißt es:

„Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Absatz 3 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 ausgeschlossen bei

1. im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten […]“

Dies heißt aber nicht, dass der Scheinprivatverkäufer weiterhin in gewerblichen Maße Sachen im Internet verkaufen kann, ohne dafür belangt zu werden. Mitbewerber dürfen weiterhin Abmahnungen versenden, solange der Abgemahnte eine unzulässige geschäftliche Handlung i.S.d. UWG vornimmt.

Nach Nr. 23 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist

„eine unzulässige geschäftliche Handlung die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Unternehmer sei Verbraucher oder nicht für Zwecke seines Geschäfts, Handels, Gewerbes oder Berufs tätig;“

Der Scheinprivatverkäufer fällt unter diese Definition. Er erweckt durch seinen Auftritt als Privatverkäufer den unzutreffenden Eindruck ein Verbraucher zu sein und erlangt hierdurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinem Mitbewerber. Als Privatverkäufer muss man nämlich beispielsweise weder eine Widerrufsbelehrung haben noch ist man an den gesetzlichen Gewährleistungsrechten gebunden.

Wie erfolgt die Abgrenzung zwischen gewerblichem und privatem Handeln?

Das größte Problem vieler Scheinprivatverkäufer ist, dass sie nicht wissen, wann ihr Handeln als gewerblich eingestuft wird. Sie gehen davon aus ein Privatverkäufer zu sein, der lediglich seine aussortierten Artikel, sei es aus einer Sammlungsauflösung, Kellerentrümpelung, Haushaltsauflösung oder Ausmisten von Kleiderschränken im Internet verkauft.

Ob nun gewerbliches oder noch privates Handeln vorliegt, bedarf einer konkreten Einzelfallentscheidung. Eine pauschale Grenze kann nicht gezogen werden. Die Rechtsprechung hat zur Beurteilung des Einzelfalls Indizien aufgestellt, die herangezogen werden müssen, um die Gewerblichkeit zu bestimmen. Dies sind unter anderem folgende Indizien:

  • Anzahl der verkauften Artikel bezogen auf einen bestimmten Zeitraum,
  • Verkauf von gleichartigen Waren in großer Anzahl,
  • Verkauf von Neuwaren, Ankauf und Verkauf von Neuwaren oder Gebrauchtwaren,
  • Anzahl der Verkäuferbewertungen,
  • hohe Produktkonzentration.

Auch wenn im Internet viel darüber geschrieben wird, wann jemand privat ist oder nicht, sollte eine zuverlässige Einschätzung einem fachkundigen Anwalt überlassen werden.

Haben Sie auch eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhalten?

Sie verkaufen Ihre Artikel auf eBay.de oder auf einer anderen Handelsplattform im Internet und haben nun eine Abmahnung wegen Verstoße gegen das Wettbewerbsrecht erhalten? Bewahren Sie Ruhe und greifen Sie nicht sofort zum Hörer, um mit dem Abmahner bzw. seinem Rechtsanwalt zu telefonieren. Nachdem Sie sich die Abmahnung durchgelesen haben, suchen Sie sich anwaltliche Unterstützung. Am besten suchen Sie sich einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz.

Sie sollten weder die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgeben noch die geltend gemachten Abmahnkosten zahlen, bevor die Abmahnung nicht von einem Fachanwalt auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft wurde. Die Unterlassungserklärungen sind meistens zu weitreichend und die Abmahnkosten zu hoch angesetzt.

Besteht gegen Sie der geltend gemachte Anspruch, so wird ein Fachanwalt eine sog. modifizierte Unterlassungserklärung aufsetzen. So hat er genau im Auge, wie weit die Unterlassungserklärung geht und welche Verpflichtungen Sie treffen könnten. Denken Sie daran, eine Unterlassungserklärung ist ein Schuldanerkenntnis, das lebenslang Auswirkungen auf Sie haben könnte. Seien Sie vorsichtig und unterschreiben Sie nicht ungeprüft.

Möglich ist auch eine Reduzierung der Abmahnkosten, falls sich nach der fachanwaltlichen Prüfung ergibt, dass die Höhe der Abmahnkosten falsch berechnet wurde.

Daher entfielt es sich einen Rechtsrat beim Fachanwalt einzuholen. Verpassen Sie nicht die in der Abmahnung festgesetzten Fristen, ansonsten riskieren Sie ein gerichtliches Verfahren, welches wiederum mit Mehrkosten für Sie verbunden wäre.

Wenn Sie auf der Suche nach einem solchen Rechtsrat sind, können Sie uns gerne kontaktieren. Die Rechtsanwälte Hämmerling und von Leitner-Scharfenberg vertreten Abgemahnte in den Rechtsgebieten Markenrecht, Wettbewerbsrecht und Urheberrecht bundesweit und besitzen die nötige Erfahrung, um den Abgemahnten optimal verteidigen zu können. Eine serviceorientierte Beratung und die Interessen unserer Mandanten stehen bei uns dabei stets im Vordergrund.

Rufen Sie uns gerne an oder senden uns Ihre Abmahnung zu.

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