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Auffahren, Drängeln, Nötigen: Wenn die Straße zur Kampfarena wird

  • 2 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

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Mit rund 77 Prozent ist das Drängeln das Hauptärgernis von Autofahrern. Das hat eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Innofact ergeben. Das verwundert nicht, schließlich kann so eine Situation bei dem Bedrängten als Bedrohung empfunden werden. Im schlimmsten Fall lässt er sich hierdurch zu unüberlegten Fahrmanövern hinreißen und es kommt zu einem Verkehrsunfall. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für solche Verkehrsverstöße saftige Bußgelder vorgesehen. Das Redaktionsteam von anwalt.de stellt ein wichtiges Urteil für Autofahrer vor und informiert, mit welchen Bußgeldern und Punkten Drängler im Verkehrszentralregister rechnen müssen.

Mindestabstand gemäß § 4 Straßenverkehrsordnung (StVO)

Gemäß § 4 Abs. 1 StVO muss grundsätzlich der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich abgebremst wird. Ab einer Geschwindigkeit von 80 km/h muss ein Abstand mehr als der „halbe Tacho“ eingehalten werden. Wer sich nicht daran hält, muss mit einem Bußgeld und mit Punkten bis hin zu einem mehrmonatigen Fahrverbot rechnen. Verkehrsverstöße werden wie folgt sanktioniert:

Bußgeldkatalog 2014: Sanktionen für zu dichtes Auffahren

Verkehrsverstoß

Regelsatz in Euro

Punkte

Fahrverbot

    

bei mehr als 80 km/h und weniger als

 

 

 

5/10 des halben Tachowertes

75

1

 

4/10 des halben Tachowertes

100

1

 

3/10 des halben Tachowertes

160

1

 

2/10 des halben Tachowertes

240

1

 

1/10 des halben Tachowertes

320

2

3 Monate

    

bei mehr als 100 km/h und weniger als

 

 

 

5/10 des halben Tachowertes

75

1

 

4/10 des halben Tachowertes

100

1

 

3/10 des halben Tachowertes

160

2

1 Monat

2/10 des halben Tachowertes

240

2

2 Monate

1/10 des halben Tachowertes

320

2

3 Monate

    

bei mehr als 130 km/h und weniger als

 

 

 

5/10 des halben Tachowertes

100

1

 

4/10 des halben Tachowertes

180

1

 

3/10 des halben Tachowertes

240

2

1 Monat

2/10 des halben Tachowertes

320

2

2 Monate

1/10 des halben Tachowertes

400

2

3 Monate

Je nach Sachverhalt können höhere Bußgelder und Strafen verhängt werden. In besonders gravierenden Fällen kann zudem eine strafrechtlich relevante Nötigung gemäß § 240 StGB vorliegen. Bei einem Unfall kommen weitere Straftatbestände in Betracht (Sachbeschädigung, Körperverletzung etc.).

Drängeln oder kurzzeitiges Versagen

Allerdings wird nicht jede Unterschreitung des Sicherheitsabstandes als Ordnungswidrigkeit geahndet. Denn im Straßenverkehr ereignen sich bestimmte Abläufe, bei denen der Autofahrer den Mindestabstand unterschreitet, insbesondere wenn unvorhergesehene Situationen eintreten. Zum Beispiel wenn das vorausfahrende Fahrzeug abrupt abbremst oder ein vorausfahrendes Fahrzeug unvermittelt die Spur wechselt. Sowohl der Bundesgerichtshof als auch andere Gerichte erkennen diese besonderen Situationslagen an und bejahen eine Verkehrswidrigkeit, wenn nicht nur vorübergehend zu dicht aufgefahren wird.

Zeitliche Komponente entscheidend

Das Oberlandesgericht Hamm hat die Frage geklärt, ab welchem Zeitpunkt es sich um ein „nicht nur vorübergehendes“ Auffahren und damit um einen Verstoß gegen § 4 StVO handelt. Der 1. Senat für Bußgeldsachen legte dabei einen strengen Maßstab an. Seiner Ansicht nach ist die Unterschreitung des Sicherheitsabstandes nicht mehr nur vorübergehend, wenn der Mindestabstand mehr als 3 Sekunden unterschritten wird. Davon wiederum ausgenommen sind bestimmte Verkehrssituationen unter Dritteinwirkung, bei denen der Fahrer noch nicht reagieren konnte.

(OLG Hamm, Beschluss v. 09.07.2013, Az.: 1 RBs 78/13)

Zahlreiche weitere Urteile zur Nötigung im Straßenverkehr finden Sie im anwalt.de-Rechtstipp „Nötigung im Straßenverkehr: Rück mir nicht auf die Karosse!“.

(WEL)

Foto(s): ©Fotolia.com

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