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Unter welchen Voraussetzungen sind Dashcams in Deutschland erlaubt?

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 Unter welchen Voraussetzungen sind Dashcams in Deutschland erlaubt?

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Was ist eine Dashcam?

Eine Dashcam ist eine kleine Kamera, die an oder in der Nähe der Windschutzscheibe angebracht wird, um während der Fahrt zu filmen. Teilweise enthalten die Kameras G-Kraft-Sensoren, die die Beschleunigung und Verzögerung messen und nur vor Unfällen aufzeichnen. Es gibt auch Geräte, die über einen GPS-Empfänger verfügen. Über GPS abgerufene Daten, wie Position und gefahrene Geschwindigkeit, können so je nach Ausführung direkt in die Aufnahmen eingeblendet werden. 

Handy als Dashcam

Auch Handys können die Funktion einer Dashcam übernehmen. Hierzu ist eine Dashcam-App zu installieren. Eine solche Mobile-App für ein Smartphone kann somit nur über die Software mit Kamera, Satellitennavigation und Beschleunigungssensor arbeiten. Die Videoqualität und der Weitwinkel von aktuellen Dashcams erreichen einen Blickwinkel von bis zu 160 Grad. Somit sind sie technisch besser als ein Smartphone. 

Aufgrund des Klammerzusatzes in § 6b Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz – BDSG („Videoüberwachung“) hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass alle technischen Geräte, die Videos aufzeichnen können, grundsätzlich als optisch-elektronische Einrichtung im Sinne dieser Norm zu verstehen sind (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, 11. Auflage 2012, § 6b Rn. 13a zu digitalen Fotoapparaten und Mobiltelefonen). 

Dashcam vorn und hinten

Angeboten werden im Handel auch sogenannte „Dashcams vorn und hinten“, die zusätzlich über eine Rückfahrkamera verfügen. Es gibt Geräte, die gesondert am Heck des Fahrzeuges montiert sind. Es werden aber auch Geräte angeboten, in denen diese weitere Kamera im Gerät integriert ist. Mit einer solchen Dashcam lässt sich auch der Innenraum des Fahrzeugs überwachen. 

Sind Dashcams in Deutschland zulässig?

Aus Datenschutzgründen darf in Deutschland nur kurz und aus einem bestimmten Anlass gefilmt werden. Gefordert wird datenschutzrechtlich eine Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke. Einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wird darin gesehen, dass den Informationspflichten gegenüber den Betroffenen nicht nachgekommen wird.  

Ständige Aufzeichnung ist unzulässig

Wird mit der Dashcam in Deutschland aber ständig ohne konkreten Anlass der Verkehr aufgezeichnet, verstößt dies gegen Datenschutzrecht. Bei der Videoüberwachung von Fahrzeugen und öffentlich zugänglichen großflächigen Einrichtungen des öffentlichen Schienen-, Schiffs- und Busverkehrs gilt gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 BDSG der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von dort aufhältigen Personen als ein besonders wichtiges Interesse. Nach Mitteilung des Bayerischen Landesamts für Datenaufsicht wird bei der Weitergabe von Filmen einer Dashcam an Polizei, Versicherung oder Internet geprüft, ob im konkreten Fall ein Bußgeld fällig wird.  

Dashcam und Bußgelder: Wann ist damit zu rechnen?

Die Rechtslage ist in Deutschland noch sehr uneinheitlich. Prognosen, wann ein Bußgeld verhängt wird, sind praktisch nicht möglich. 

Bußgelder sind beispielsweise wegen Datenschutzverstößen möglich, wenn Privatleute mit ihren Aufnahmen ein Fehlverhalten anderer bei der Polizei anzeigen. Der Bußgeldrahmen für derartige Verstöße beläuft sich auf bis zu 20 Millionen Euro oder bei einem Unternehmen auf bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes. Derartig extreme Fälle sind nach Aussage des ADAC bislang jedoch nicht bekannt. Bußgelder wurden bisher nach deren Mitteilung eher im unteren Rahmen verhängt.  

Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 09.08.2017  
(Az.: 1112 OWi 300 Js 121012/17) eine Halterin wegen vorsätzlicher unbefugter Erhebung, Verarbeitung und Bereithaltung von personenbezogenen Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, zu einer Geldbuße von 150 Euro verurteilt. Die Kamera nahm permanent Videoaufzeichnungen des Verkehrsraums vor und hinter dem Fahrzeug auf. Sie hatte der Polizei Aufnahmen von mindestens drei Fahrzeugen übergeben. Anlass war, dass ein anderes Fahrzeug ihr geparktes Fahrzeug gestreift und beschädigt hatte und sie die Videoaufzeichnungen als Beweismittel vorlegen wollte. Das Amtsgericht München war der Meinung, dass hier im vorliegenden Fall das Recht der gefilmten Personen auf informationelle Selbstbestimmung auch gegenüber einer potenziellen Straftat überwiege. Dem Urteil des AG München zufolge sieht das Gesetz eine Geldbuße von bis zu 300.000 Euro vor. Das Gericht hat jedoch berücksichtigt, dass die Betroffene nur 1500 Euro netto verdient.  

Dashcam als Beweismittel: Aufklärungsinteresse überwiegt

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Hinweisverfügung vom 10.08.2017  
(Az.: 13 U 851/17) entschieden, dass Aufzeichnungen von Dashcams in einem Zivilprozess verwertet werden dürfen. Nach Auffassung des Nürnberger Zivilsenats überwiegt das Interesse des Beweisführers an einem effektiven Rechtsschutz und seinem Anspruch auf rechtliches Gehör das Interesse des Unfallgegners an dessen Persönlichkeitsrecht insbesondere dann, wenn andere zuverlässige Beweismittel nicht zur Verfügung stünden. Der Sachverständige im betreffenden Prozess kam durch Auswertung der Dashcam-Aufzeichnung zu dem Ergebnis, dass die Unfallversion der Beklagten zutreffend war. Ohne Verwertung der Bilder aus der Dashcam wäre dies aber nicht möglich gewesen. 

Das Aufklärungsinteresse an einem Unfall, an dem der Betreffende selbst beteiligt war, kann nach der obergerichtlichen Rechtsprechung für die Nutzung einer Dashcam sprechen. Es soll demnach die Rekonstruktion des Unfallgeschehens ermöglicht werden. 

Der Bundesgerichtshof als höchstes ordentliches Gericht hat am 15.05.2018 (Az.: VI ZR 233/17) die Videoaufzeichnungen von Dashcams als Beweismittel zur Klärung von Verkehrsunfällen vor Gericht ebenfalls zugelassen. Es sei nach Ansicht des 6. Zivilsenats zwar richtig, dass die Aufnahmen gegen das Datenschutzrecht verstießen. Die Unfallbeteiligten seien aber ohnehin verpflichtet, Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein zu machen. Die Rechtwidrigkeit einer Beweiserhebung führt nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot.  

Mit Urteil vom 11. Mai 2020 (Az.: 6 O 486/18) hat das Landgericht Mühlhausen später entschieden, dass das Urteil des BGH nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung angeblich „keine Anwendung mehr [findet]“. Demnach ist nicht sicher, wie die Gerichte weiter entscheiden werden. Die Rechtslage ist als unsicher anzusehen. 

Interessen- und Güterabwägung entscheidend

Über die Frage der Verwertbarkeit ist nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.05.2018 demnach aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden. „Die Abwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche und seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild andererseits führt zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers“ (Az.: VI ZR 2333/17). 

Weil Dashcams grundsätzlich als Beweismittel in Deutschland zulässig sind, kann bei einer Polizeikontrolle die Dashcam eines Unfallbeteiligten auch beschlagnahmt werden. Bei einer Reise ins Ausland sollte man sich unbedingt über die dort geltenden Regeln informieren.

Foto(s): ©Adobe Stock/anuwattn

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