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Fahren ohne Fahrerlaubnis: keine Rente nach Verkehrsunfall

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Wer angetrunken und ohne Fahrerlaubnis mit dem Auto fährt, riskiert nicht nur seine Gesundheit und ein Strafverfahren. Kommt es zu einem Unfall und in der Folge zur Erwerbsunfähigkeit, kann auch eine Rente versagt werden. Das Hessische Landessozialgericht (LSG) bestätigte jetzt eine solche Entscheidung der Rentenversicherung.

Erwerbsminderung nach Verkehrsunfall

Ein 28-jähriger Koch war nachts privat auf der Autobahn unterwegs. Eine Fahrerlaubnis hatte er nicht, dafür aber 1,39 Promille im Blut. Bei einem Unfall mit einem Erdhügel zog er sich mehrere Brüche und Nervenschädigungen im Arm zu. Nachdem er deswegen nicht mehr arbeiten konnte, beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente. Die grundsätzlichen Voraussetzungen lagen damals unstreitig vor. Er war lange genug versichert und auch tatsächlich erwerbsgemindert.

Trotzdem bekam er einen ablehnenden Bescheid, und auch auf den vom Betroffenen eingelegten Widerspruch hin wollte die Behörde ihre Entscheidung nicht abändern. Begründet hat sie das mit der Regelung für die gesetzliche Rentenversicherung aus § 104 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI). Danach kann eine EM-Rente ganz oder teilweise versagt werden, wenn sich der Betroffene die Gesundheitsschädigung bei einer vorsätzlichen Straftat zugezogen hat.

In diesem Fall war der Koch vom zuständigen Amtsgericht (AG) zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung von immerhin 5 Monaten verurteilt worden. Das rechtskräftige Urteil lautete auf vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr. Darauf bezog die Deutsche Rentenversicherung sich im Ablehnungs- und Widerspruchsbescheid. Das wollte der Kläger nicht gelten lassen und klagte auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach einem ablehnenden Urteil des Sozialgerichts (SG) Gießen verfolgte der Betroffene sein Begehren mit Berufung vor dem LSG Hessen weiter.

Straftat nicht Ursache des Unfalles?

Die Trunkenheitsfahrt sei nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässig begangen worden, und damit bei der Entscheidung über die Rente nicht zu berücksichtigen. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis sei nicht die Ursache für den Unfall und die Verletzungen gewesen. Der Betroffene könne grundsätzlich Auto fahren, denn er besaß über lange Jahre Führerschein und Fahrerlaubnis. Erst durch einen Strafbefehl aufgrund einer anderen Trunkenheitsfahrt wurden sie ihm wenige Monate vor dem Unfall entzogen.

Außerdem sagt das Gesetz, eine EM-Rente „kann“ ganz oder teilweise versagt werden. Das heißt, es gibt keinen Automatismus. Auch nach entsprechenden Verurteilungen kann eine Rente trotzdem gewährt werden. Im vorliegenden Fall soll die Behörde ihr Ermessen nicht korrekt ausgeübt haben. So jedenfalls argumentierte der Prozessvertreter des Klägers vor Gericht.

Keine Ermessensfehler der Behörde

Die Gerichte jedoch sahen die Sache anders. Der Kläger mochte grundsätzlich die theoretische und praktische Fähigkeit zum Fahren eines Autos gehabt haben. Aufgrund seiner Trunkenheit hatte er sie aber zum Unfallzeitpunkt gerade nicht. Es wäre keinesfalls zu dem Schaden gekommen, wenn der Kläger, so wie es seine Pflicht gewesen wäre, nicht ohne Fahrerlaubnis gefahren wäre.

Er hat durch seine Fahrt zwei Straftaten gleichzeitig begangen, die in einem engen untrennbaren Zusammenhang stehen. Seine Erwerbsunfähigkeit ist damit nicht nur mehr oder weniger zufällig bei Gelegenheit einer Straftat eingetreten, sondern unmittelbare Folge seiner strafbaren Handlung.

Einen Fehler bei der Ermessensausübung durch die Behörde konnte weder das Sozialgericht noch das LSG feststellen. Die Widerspruchsbegründung enthielt die wesentlichen Gründe für die Entscheidung. Insbesondere der Grundgedanke, dass Sozialrecht zwar keine strafrechtliche Funktion haben soll, aber andererseits strafbare Handlungen nicht durch Sozialversicherungsleistungen „belohnt“ werden sollen, war nach Ansicht des SG von der Rentenversicherung in diesem Fall korrekt umgesetzt worden.

Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil nun bestätigt und keine Revision zugelassen. Der Koch muss demnach auch weiterhin ohne Erwerbsminderungsrente auskommen.

(LSG Hessen, Beschluss v. 20.11.2014, Az.: L 5 R 129/14)

(ADS)

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