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Fahrtenbuchauflage für Autohalter, obwohl nur sein Motorrad „geblitzt“ wurde?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Ist der Fahrer nicht zu ermitteln, kann für eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr regelmäßig niemand direkt belangt werden. Während der Täter allerdings davon verschont bleibt, ein Bußgeld zu zahlen und in Flensburg Punkte zu kassieren, muss der Halter des Fahrzeugs zumindest mit einer Fahrtenbuchauflage rechnen.

Aber wie weit darf diese gehen? In einem Fall hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt nun entschieden, dass die Behörde über ihr Ziel hinausgeschossen war.

Der Verkehrsverstoß war eigentlich unstreitig: Am 15.06.2015 war ein Motorrad mit über 170 km/h gemessen worden, obwohl auf der Bundesstraße lediglich 100 km/h erlaubt waren. Dafür sieht der aktuelle Bußgeldkatalog für den Fahrer 600 Euro Geldbuße, zwei Punkte in Flensburg und drei Monate Fahrverbot vor.

Motorradfahrer nicht zu ermitteln

Allerdings war der Fahrer in diesem Fall nicht unmittelbar gestoppt worden, sondern der Bußgeldstelle war lediglich das Nummernschild bekannt. So wandte sich die Behörde zunächst an denjenigen, auf dessen Namen das Kraftrad ordnungsgemäß zugelassen war. Der Halter allerdings bestritt, sein Motorrad an diesem Tag selbst gefahren zu haben.

Daraufhin wurde – mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) Pirmasens – sogar seine Wohnung durchsucht. So sollten der bei dem Verkehrsverstoß getragene Motorradhelm nebst entsprechender Motorradkleidung gesucht und gegebenenfalls einer konkreten Person zugeordnet werden.

Am Ende jedoch konnte die Bußgeldstelle trotz aller vertretbaren Maßnahmen nicht aufklären, wer an jenem Tag tatsächlich mit dem Motorrad zu schnell gefahren war.

Verhängung einer Fahrtenbuchauflage

Damit so etwas nicht immer wieder vorkommt, verhängte die Behörde daraufhin gegen den Halter die Auflage, dass dieser für zunächst ein Jahr ein Fahrtenbuch führen muss. Darin ist genau festzuhalten, welche Person zu welcher Zeit das Fahrzeug benutzt hat und damit im Zweifel auch für etwaige Verkehrsverstöße verantwortlich ist.

Soweit nichts Ungewöhnliches, allerdings verlangte die Behörde von dem betroffenen Halter, ein Fahrtenbuch nicht nur für das Motorrad, sondern auch für seine beiden anderen Kraftfahrzeuge zu führen. Das wollte der sich nicht gefallen lassen, legte Widerspruch ein und ging vor Gericht.

Nach einem vorläufigen Beschluss des VG Neustadt ist die Fahrtenbuchauflage für das Zweirad, mit dem der unaufgeklärte Verkehrsverstoß begangen wurde, nicht zu beanstanden. Schließlich war damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit ganz erheblich überschritten worden und der entsprechende Verstoß wäre mit sogar zwei Punkten in Flensburg zu ahnden gewesen.

Automobil und Motorrad nicht vergleichbar

Für die anderen beiden auf den Antragsteller zugelassenen Kraftfahrzeuge – dabei handelt es sich nicht um weitere Motorräder, sondern um normale Pkw – erachtete das Gericht die Fahrtenbuchauflage dagegen für unverhältnismäßig und dementsprechend unzulässig.

Das bedeutet nicht, dass sich die Fahrtenbuchauflage immer nur auf das konkrete Kraftfahrzeug beschränken muss, mit dem die Ordnungswidrigkeit begangen wurde. Die Ausweitung auf andere Fahrzeuge ist laut VG Neustadt allerdings nur dann zulässig, wenn zu erwarten ist, dass auch mit diesen Verkehrsverstöße begangen werden, die ebenfalls nicht aufgeklärt werden können.

Natürlich muss diese Vermutung auch im Einzelfall entsprechend begründet werden. Dabei bezog sich die Behörde im vorliegenden Fall zunächst jedoch nur auf die Schwere des einmaligen Verstoßes. Warum konkret weitere Verkehrsordnungswidrigkeiten mit den anderen Fahrzeugen drohen sollten, war dagegen nicht ersichtlich.

Die Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Motorrad war zudem auf der B48, einer allgemein bekannten Motorradstrecke, begangen worden, während bezüglich der beiden Pkw bisher offenbar keine Verkehrsverstöße vorlagen. Dementsprechend wäre eine Fahrtenbuchauflage, die sich auch auf die Automobile des Motorradhalters erstrecken würde, unverhältnismäßig.

Fazit: Kann nach einem Verkehrsverstoß der Fahrer nicht ermittelt werden, droht dem Halter eine Fahrtenbuchauflage. Die gilt in der Regel für das Fahrzeug, mit dem der Verstoß begangen worden ist. Eine Ausweitung auf weitere Fahrzeuge ohne ausreichende Begründung ist nicht zulässig.

(VG Neustadt, Beschluss v. 05.11.2015, Az.: 3 L 967/15.NW)

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

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