Führerschein auf Probe – Was passiert bei Verkehrsverstößen in der Probezeit? Geblitzt in der Probezeit?

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Den Führerschein frisch in der Tasche, das erste eigene Auto und los geht der Roadtrip mit Freunden. Ist man dann einen Moment nicht aufmerksam, kommt es schnell zur Begehung von Verkehrsverstößen. Doch was passiert eigentlich bei einem Regelverstoß in der Probezeit? Ist man den Führerschein so schnell wieder los, wie man ihn bekommen hat oder macht es keinen oder kaum einen Unterschied, ob man innerhalb oder außerhalb der Probezeit gegen Regeln im Straßenverkehr verstößt?


Was ist der Führerschein auf Probe?

Jede Person, die in Deutschland zum ersten Mal eine Fahrerlaubnis erwirbt, bekommt den „Führerschein auf Probe“ ausgestellt. Dies gilt unabhängig davon, wie alt die Person ist. Für die Zeit von zwei Jahren besteht eine Probezeit, in der Verkehrsverstöße empfindliche Folgen nach sich ziehen können. Die Probezeit beginnt mit Aushändigung des Führerscheins und läuft unabhängig davon, ob der Fahranfänger tatsächlich fährt oder nicht. 

Keine Probezeit gibt es lediglich bei den Führerscheinklassen AM (z.B. Kleinkrafträder), L und T (landwirtschaftliche Fahrzeuge). 


Was passiert, wenn ich in der Probezeit geblitzt werde?

Dies hängt von der Höhe der Geschwindigkeit ab. Zu unterscheiden ist zwischen schwerwiegenden und weniger schwerwiegenden Verkehrsverstößen. Geschwindigkeitsverstöße ab 21 km/h über der zugelassenen Geschwindigkeit gelten als scherwiegend. Ein schwerwiegender Verkehrsverstoß hat zur Folge, dass sich die Probezeit um zwei weitere Jahre auf vier Jahre verlängert und ein Aufbauseminar notwendig wird. Daneben wird ein Bußgeld verhängt, dessen Höhe von der jeweiligen Geschwindigkeitsüberschreitung abhängt. Zudem kommt es zu Punkten im Fahreignungsregister. Je nach Höhe des Geschwindigkeitsverstoßes droht auch ein Fahrverbot


Ist der Geschwindigkeitsverstoß geringer, so wird ein Bußgeld verhängt und ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen. Auf die Probezeit hat der Verstoß jedoch erstmal keine Auswirkung. Wird allerdings ein zweiter weniger schwerwiegender Verstoß innerhalb der Probezeit begangen, kommt es ebenfalls zu einer Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre sowie zu einer Anordnung, an einem Aufbauseminar teilzunehmen. 


Welche Verstöße führen noch zu einer Verlängerung der Probezeit? 

Als schwerwiegende Zuwiderhandlungen gelten neben der Überschreitung des Tempolimits um mindestens 21 km/h auch die Handynutzung am Steuer, das Überfahren einer roten Ampel, ein zu geringer Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug oder das rechts überholen. Auch die Begehung von Straftaten kann zu einer Verlängerung der Probezeit führen. Dazu gehören insbesondere das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, umgangssprachlich als „Fahrerflucht“ bekannt, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Trunkenheit im Verkehr, Nötigung und fahrlässige Körperverletzungen im Straßenverkehr (insb. nach einem Verkehrsunfall). 


Was sind weniger schwerwiegende Verstöße in der Probezeit und welche Folge haben sie?

Zu den weniger schwerwiegenden Verstößen gehören zum Beispiel abgefahrene Reifen, eine Überziehung der Hauptuntersuchung um mehr als acht Monate, Parken im unerlaubten Bereich sowie die Mitnahme von Kindern im Auto ohne deren vorschriftsmäßige Sicherung. 


Ein erstmaliger weniger schwerwiegender Verstoß führt grundsätzlich nur zur Verhängung eines Bußgeldes sowie zur Eintragung eines Punktes im Fahreignungsregister. Problematisch wird es erst, wenn ein zweiter Verstoß hinzukommt. Dann drohen die gleichen Folgen wie bei den schwerwiegenden Verstößen: Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar und Verlängerung der Probezeit um zwei weitere Jahre.


Wie läuft das Aufbauseminar wegen Verstoß in der Probezeit ab?

Das Aufbauseminar hat den Zweck, die Teilnehmer für riskantes Fahrverhalten zu sensibilisieren und die Gründe für Verkehrsverstöße zu analysieren. Es besteht aus Gruppengesprächen sowie einer Beobachtungsfahrt und wird von Fahrschulen durchgeführt. Das Aufbauseminar umfasst üblicherweise vier Theoriesitzungen von je 135 Minuten und kostet je nach Fahrschule zwischen 200 und 500 Euro. 


Was passiert, wenn ich am Aufbauseminar nicht teilnehme?

Wenn man trotz angeordnetem Aufbauseminar daran nicht teilnimmt und die Teilnahme am Kurs nicht in der vorgesehenen Frist nachweist, dann entzieht die Führerscheinbehörde die Fahrerlaubnis. Eine Fristverlängerung kommt nur dann in Betracht, wenn ein triftiger Grund für die Fristversäumung vorliegt. Das kann zum Beispiel ein Krankenhausbesuch sein. Bei Entziehung der Fahrerlaubnis kommt eine Neuerteilung nur dann in Betracht, wenn die Bescheinigung der Teilnahme am Aufbauseminar vorgelegt wird. 

Beachten Sie: Wurde Ihnen die Fahrerlaubnis entzogen und fahren Sie dennoch Auto, begehen Sie nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern sogar eine Straftat. Fahren ohne Fahrerlaubnis wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe geahndet.


Was passiert, wenn ich in der verlängerten Probezeit einen Verkehrsverstoß begehe? 

Bei erneuter schwerwiegender Zuwiderhandlung in der Probezeit oder zweifacher weniger schwerwiegender Zuwiderhandlung erfolgt eine schriftliche Verwarnung. Zudem wird die Empfehlung ausgesprochen, innerhalb von zwei Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen. Die Teilnahme an der verkehrspsychologischen Beratung ist jedoch freiwillig. Kommt es nach Ablauf dieser Frist erneut zu einer schwerwiegenden oder zwei weniger schwerwiegenden Zuwiderhandlungen, so wird die Fahrerlaubnis entzogen


Was ist, wenn die Führerscheinbehörde den Bußgeldbescheid erst nach Beendigung der Probezeit erlässt?

Dies ist unerheblich. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Begehung des Verstoßes. Solange die Tat innerhalb der Probezeit begangen wurde, kommt es auf den Zeitpunkt des Erlasses oder der Rechtskraft des Bußgeldbescheids nicht an. Dann drohen trotzdem die oben genannten Konsequenzen. 


Wie geht es weiter, wenn mir die Fahrerlaubnis in der Probezeit entzogen wurde?

Entziehung der Fahrerlaubnis bedeutet, dass nicht lediglich ein temporäres Fahrverbot verhängt wird, bei dem der Führerschein für eine gewisse Zeit verwahrt wird, sondern die Fahrerlaubnis neu beantragt werden muss. Eine Neuerteilung kommt jedoch frühestens drei Monate nach der Entziehung in Betracht. Zudem kann es je nach Verkehrsverstoß vorkommen, dass die Führerscheinbehörde eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis unter die Auflage stellt, an einer medizinisch-psychologischen Untersuchung teilzunehmen


Wie läuft eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) ab?

Die MPU (umgangssprachlich teils auch als „Idiotentest“ bezeichnet) besteht aus 

  • einem medizinischen Check, 
  • einem Leistungstest am Computer und
  • einem psychologischen Gespräch. 

Im Rahmen der Leistungstest wird die Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit sowie die Reaktionsgeschwindigkeit getestet. Durchgeführt wird die MPU von amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung (BfF). Als Betroffener kann man selbst entscheiden, an welcher Begutachtungsstelle man die MPU durchführt. Eine MPU-Begutachtung dauert in der Regel zwei bis vier Stunden und es ist mit Kosten zwischen 350 und 750 Euro zu rechnen. 

Weitergehende Informationen zur MPU habe ich Ihnen hier zusammengestellt.


Gibt es Besonderheiten beim begleiteten Fahren mit 17 (BF17)?

Fährt ein 17-jähriger ohne Begleitperson im Straßenverkehr, so handelt es sich um einen schwerwiegenden Verkehrsverstoß. Hinsichtlich der Sanktionen gelten jedoch keine Besonderheiten. 


Gibt es besondere Promillegrenzen in der Probezeit? 

In der Probezeit gilt stets eine Null-Promille-Grenze. Das heißt, ein Fahranfänger muss 0,0 Promille haben, wenn er Auto fährt. Das Trinken vor und während der Fahrt ist strikt untersagt. Ein Verstoß hiergegen stellt eine schwerwiegende Zuwiderhandlung dar. Neben den oben genannten Konsequenzen eines schwerwiegenden Verkehrsverstoßes kann zudem eine medizinische-psychologische Untersuchung angeordnet werden, wenn es durch den Alkoholkonsum zu einem Unfall kam. Die Null-Promille-Grenze ist jedoch nicht nur an die Probezeit geknüpft, sondern auch an das Alter des Fahrers. Die Promillegrenze von 0,0 gilt auch für Fahrer unter 21, auch dann, wenn diese die Probezeit bereits überstanden haben.


Wenn Sie mit dem Vorwurf eines schwerwiegenden Verkehrsverstoßes innerhalb der Probezeit konfrontiert sein sollten, empfiehlt es sich, sich an einen erfahrenen und spezialisierten Fachanwalt für Verkehrsrecht zu wenden. Dieser kann einschätzen, ob sich in Ihrem Fall ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid oder ein Widerspruch gegen die Anordnung des Aufbauseminars lohnt. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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