Handytelefonate an roter Ampel erlaubt, auch wenn Motor durch Start-Stop-Automatik ausgeschaltet wird.

  • 3 Minuten Lesezeit

Bei ausgeschaltetem Motor an einer roten Ampel darf das Handy in der Hand gehalten werden, dabei spielt es keine Rolle, ob der Motor manuell ausgeschaltet wurde oder automatisiert durch die „Start-Stopp-Automatik“ des PKW. Das hat das OLG Hamm entschieden.

Kurz zum Sachverhalt:

Der Betroffene wurde vom AG Dortmund am 27.08.2013 wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße von 40 € verurteilt.

Nach den Feststellungen im Urteil befuhr der Betroffene mit dem von ihm geführten Pkw eine Straße in Dortmund. An einer Ampel musste der Betroffene wegen Rotlichts anhalten. Während er mit seinem Fahrzeug vor der Lichtzeichenanlage stand, nutzte er sein Mobiltelefon, in dem er es mit der rechten Hand an sein rechtes Ohr hielt und sprach.

Der Betroffene hatte sich dahingehend eingelassen, er habe nur telefoniert, als er mit seinem PKW gestanden habe. Während dieses Zeitraumes sei der Motor seines Fahrzeugs ausgeschaltet gewesen, da das Fahrzeug mit einer ECO Start-Stopp-Funktion ausgestattet sei. Halte der Fahrzeugführer an und betätige das Bremspedal, so schalte sich der Motor automatisch aus. Bei erneuter Betätigung des Gaspedals starte der Motor wieder.

Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVG für schuldig befunden.

Diese – schon recht offensichtlich mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Übereinstimmung zu bringende – Entscheidung hat das Oberlandesgericht Hamm „kassiert“. Zur Begründung hat es ausgeführt:

  • 23 Abs. 1a S. 2 StVO untersagt die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons durch den Fahrzeugführer, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer aufgenommen oder gehalten werden muss, nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.

Dabei differenziert die Norm nach Ansicht des OLG Hamm nicht zwischen einem automatischen Ausschalten des Motors beim bewussten Abbremsen des Fahrzeugs und einer bewussten manuellen Ausschaltung des Motors durch den Fahrzeugführer. Ebenso wenig lässt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen, dass ein Ausschalten des Motors nur dann gegeben sein soll, wenn zu dessen (Wieder-) Einschaltung die Bedienung einer Zündvorrichtung erforderlich ist.

Auch aus der Begründung der 33. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 11.12.2000 (Verkehrsblatt 2001, Seite 8), lässt sich eine solche Differenzierung nicht entnehmen, so das OLG Hamm. Dort heißt es nämlich, „dass S. 2 die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons durch den Fahrzeugführer unter den dort genannten Voraussetzungen erlaubt, ohne dass nähere Ausführungen dazu erfolgt sind, wann ein Motor als ausgeschaltet anzusehen ist“. In der weiteren Begründung wird sodann ausgeführt, dass „damit die Benutzung bei längerem Stillstand wie z.B. im Stau oder bei längerem Halt vor einer geschlossenen Bahnschranke mittels Aufnehmen oder Halten des Telefons oder Telefonhörers weiter erlaubt bleibe, sowie, dass bei verkehrsbedingter Fahrtunterbrechung von kürzerer Dauer wie z.B. Warten vor einer roten Ampel oder im Stop-and-Go-Verkehr der Kraftfahrzeugführer den Motor nicht abschalten werde, da er vom unmittelbaren Bevorstehen der Weiterfahrt ausgehe“. Auch hier ist lediglich die Rede von einem „Abschalten“ des Motors, ohne dass diesbezüglich eine Definition erfolgte oder besondere Voraussetzungen hierzu aufgestellt werden.

Während des Zeitraums, in dem das angehaltene Fahrzeug mit ausgeschalteten Motor steht, sieht das OLG Hamm auch keinen Anlass, eine Beeinträchtigung der Fahraufgaben des Fahrzeugführers zu befürchten, da erst mit erneuter Fahrtaufnahme wieder Fahraufgaben anfallen. Eine Fahrtaufnahme setzt aber voraus, dass zuvor der Motor wieder in Gang gesetzt wird (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 27.09.2006 — 3 Ss Owi 1050/06; OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2005 — 2 Ss OWi 811/05). Ein erneutes Einschalten des Motors sei zudem auch dann gegeben, wenn dieser zuvor mittels einer Start-Stopp-Funktion des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden ist.

Das OLG Hamm hat daher auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die durch das AG vorgenommene Auslegung von § 23 Abs. 1a S. 2 StVO, dass bei einem vor einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanzeige stehenden Kraftfahrzeug dem Ausschalten des Motors infolge einer Start-Stopp-Funktion keine Bedeutung beizumessen sei, eine mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbare Ausdehnung der Bußgeldbewehrung zu Lasten des Betroffenen darstelle.

(OLG Hamm, Beschluss vom 09.09.2014 - 1 RBs 1714)



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Joachim Thiele

Beiträge zum Thema