Insolvenz - was müssen Sie beachten?
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Was bedeutet Insolvenz?
Genau genommen bezeichnet die Insolvenz die allgemeine Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners in Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren, das zur Schuldenbereinigung dienen soll. Dieses Verfahren wird als Insolvenzverfahren bezeichnet.
Die Insolvenz trifft im Regelfall nicht nur die pleitegegangenen Personen und Unternehmen selbst, sondern viele weitere Personen und Institutionen. So sind z. B. Arbeitnehmer, Eigentümer, Leitungsorgane, Zulieferer und Kunden von der Insolvenz eines Unternehmens betroffen, ebenso wie seine Schuldner, Banken und letztlich sogar der Staat.
Sie alle haben in der Insolvenz verschiedene Rechte und Pflichten. Die juristische Redaktion von anwalt.de klärt deshalb den rechtlichen Hintergrund und die wichtigsten Rechtsfragen zur Insolvenz. Was bedeutet Insolvenz, wer kann und muss Insolvenz beantragen, was bezweckt das Insolvenzverfahren, welche Verfahrensarten unterscheidet man und wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?
Vom Wortursprung her bedeutet „Insolvenz“ so viel wie „sich nicht lösen können“. Ein Insolvenzverfahren kommt daher immer dann in Betracht, wenn ein Unternehmen oder eine private Person nicht mehr in der Lage ist, sich selbst von ihren Schulden zu befreien. Das insolvente Unternehmen bzw. die pleitegegangene Person wird im Insolvenzverfahren als Schuldner bezeichnet. Die meisten Rechtsvorschriften zur Insolvenz findet man heute in der Insolvenzordnung (InsO), die seit 1999 die wesentlichen Verfahrensregeln enthält.
Was bezweckt das Insolvenzverfahren?
Ausgangspunkt für das Insolvenzverfahren ist die bittere Erkenntnis, dass ein Unternehmen oder eine Privatperson nicht mehr genügend Vermögen besitzt, um all ihre Rechnungen zu begleichen. Ziel des Insolvenzverfahrens ist es deshalb, zwischen den überschuldeten oder zahlungsunfähigen Personen und deren Gläubigern einen gerechten Ausgleich zu schaffen. Hierzu wird das Vermögen, das nicht für alle ausreicht, in einem geordneten Verfahren verwertet und der Erlös gleichmäßig unter den Gläubigern verteilt.
Bis zur Reform des Insolvenzrechts 2012 ging es im Insolvenzverfahren immer darum, das insolvente Unternehmen aufzulösen und damit vom Markt zu nehmen. Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) hat 2012 aber Alternativen eingeführt, um Unternehmen eine Chance zu bieten, die Insolvenz zu überleben. Hierzu gehört z. B. der Insolvenzplan oder das Schutzschirmverfahren. In unserem Rechtstipp über Firmeninsolvenzen erfahren Sie mehr zu diesen Verfahren.
Welche Insolvenzformen gibt es?
Bei der Insolvenz gibt es verschiedene Verfahren. So unterscheidet man z. B. das Regelinsolvenzverfahren vom Verbraucherinsolvenzverfahren. Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist ein besonderes Verfahren, das nur von natürlichen Personen durchlaufen werden kann. Es zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass der redliche Schuldner die Möglichkeit bekommt, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (Restschuldbefreiung). Mehr dazu erfahren Sie in unserem Rechtstipp zur Privatinsolvenz. Alle anderen Insolvenzverfahren gehören zu den Regelinsolvenzverfahren. Das Regelinsolvenzverfahren gilt nicht nur für Firmen, sondern auch für Privatpersonen, die keine Verbraucherinsolvenz betreiben können.
Wer ist insolvenzfähig?
Die Insolvenzfähigkeit beschreibt die rechtliche Möglichkeit, Schuldner eines Insolvenzverfahrens zu sein. Nach der Insolvenzordnung (InsO) sind juristische Personen (z. B. GmbH, AG, Verein, Stiftung), Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (z. B. GbR, OHG, KG, PartG) und natürliche Personen insolvenzfähig. Daneben gibt es spezielle Regeln für einen Nachlass oder die Gütergemeinschaft einer Ehe, die als Sachgemeinschaften ebenfalls insolvenzfähig sind.
Wann kann Insolvenz beantragt werden?
Ein Insolvenzverfahren kann immer dann beantragt werden, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt. Das Gesetz gibt hierzu mit der Zahlungsunfähigkeit, der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung (nur für juristische Personen) drei mögliche Gründe vor. Während die Zahlungsunfähigkeit auf die Frage abzielt, ob genügend Geldmittel vorhanden sind, nimmt die Überschuldung das gesamte Vermögen in Blick.
Wann diese Eröffnungsgründe vorliegen, ist gesetzlich nicht geregelt. Der BGH hat die Begriffe der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung in einer umfangreichen Rechtsprechung genauer definiert. In der Praxis werden häufig Gutachter beauftragt, da Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zwar rechtliche Begriff sind, aber betriebswirtschaftliche Kenntnisse z. B. im Bereich der Bilanzierung notwendig sind, um festzustellen, ob eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist.
Wer kann bzw. muss Insolvenz beantragen?
Einen Insolvenzantrag können verschiedene Personen stellen, wobei einige von ihnen sogar dazu verpflichtet sind. Damit der Antrag ein wenig seinen Schrecken verliert, heißt er seit der Reform des Insolvenzrechts 2012 nicht mehr Insolvenzantrag, sondern Eröffnungsantrag.
Eigenantrag
Antragsberechtigt ist zunächst der Insolvenzschuldner. Da er den Antrag selbst stellt, nennt man diesen Eröffnungsantrag Eigenantrag.
Fremdantrag
Der Insolvenzantrag kann nicht nur vom Schuldner, sondern grundsätzlich auch von jedem seiner Gläubiger gestellt werden. In diesem Fall bezeichnet man den Antrag als Fremdantrag, da er nicht vom Schuldner selbst, sondern von einer fremden Person gestellt wird.
Die rechtlichen Hürden für einen erfolgreichen Fremdantrag sind aber sehr hoch, denn der Gläubiger muss nicht nur ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Verfahrens haben, sondern auch seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Als Glaubhaftmachung bezeichnet man eine abgeschwächte Form des Beweises, bei dem es ausreicht, den Richter zu überzeugen, dass die zu beweisende Tatsache überwiegend wahrscheinlich ist. Aber auch das ist hinsichtlich des Eröffnungsgrundes schwierig, da Außenstehenden regelmäßig die notwendigen firmeninternen Informationen fehlen. Das schlichte Nichtzahlen der Rechnung oder die vergebliche Zwangsvollstreckung reicht als Indiz für die Glaubhaftmachung noch nicht aus.
Antragspflicht
Eine Antragspflicht besteht nur bei juristischen Personen, wenn die Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung erfüllt ist. Da juristische Personen vom Recht künstlich geschaffen wurden, sind sie selbst nicht handlungsfähig. Daher trifft die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, ihre Leitungsorgane (Geschäftsführer, Vorstand etc.). In bestimmten Fällen können auch die Mitglieder des Aufsichtsrats zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet sein.
Wird der Antrag nicht, zu spät oder falsch gestellt, hat das ernste juristische Folgen. Strafrechtlich handelt es sich um den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung, der mit einer Freiheitstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird. Zivilrechtlich haften die Leitungsorgane für den entstandenen Schaden mit der Folge, dass sie alle Vermögensschäden aus der Insolvenzverschleppung mit ihrem Privatvermögen begleichen müssen.
Häufige Fragen und Antworten zu Insolvenz
Was ist eine Insolvenz?
Das Insolvenzverfahren ist ein geordnetes Verfahren für zahlungsunfähige Unternehmen und Personen. Es versucht, das noch vorhandene Vermögen möglichst gerecht aufzuteilen, wozu eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren berücksichtigt werden muss.
Welche Insolvenzverfahren gibt es?
In Deutschland gibt es zwei verschiedene Insolvenzverfahren:
- Privatinsolvenz
- Regelinsolvenz
Eine Privatinsolvenz können nur Privatpersonen (Verbraucher) oder ehemalige Selbstständige beantragen.
Sind Unternehmen zahlungsunfähig, können sie auch Insolvenz anmelden. Zur Regelinsolvenz berechtigt sind sowohl Personengesellschaften als auch Kapitalgesellschaften und Freiberufler oder Selbstständige. Das für Unternehmen vorgesehene Insolvenzverfahren nennt sich Regelinsolvenz und endet entweder mit einer Sanierung oder Liquidation.
Wo muss eine Insolvenz beantragt werden?
Um eine Unternehmensinsolvenz oder Privatinsolvenz zu beantragen müssen Sie selbst bei dem für Sie zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag stellen. Um herauszufinden, welches Gericht für Sie zuständig ist, gehen Sie nach Ihrem Wohnort.
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Rechtstipps zu "Insolvenz" | Seite 100
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27.07.2018 Rechtsanwalt Dr. Malte Hohn„… wie etwa Insolvenzen aufgefallen ist. Steuerschulden sind problematisch. Weitere Voraussetzung ist das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung über 500.000,00 € je Versicherungsfall …“ Weiterlesen
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27.07.2018 Rechtsanwalt Siegfried Reulein„… und Rückkaufszahlungen an Altanlegern bedient werden sollten. Ein klassisches Schneeballsystem wurde demnach über die Jahre hinweg mit immer steigenden Umfang aufgebaut, bis schließlich kurz vor der Insolvenz …“ Weiterlesen
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26.07.2018 Rechtsanwalt Holger Bernd„… , wenn die Reise aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters entfällt – dies gelte auch dann, wenn die Reise mit einem Reisegutschein gebucht und bezahlt worden ist. Reiseveranstalter wehrt sich erfolglos …“ Weiterlesen
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25.07.2018 Rechtsanwalt Hartmut Göddecke„… aus, dass bis zu 54.000 Anleger von der Insolvenz der P&R-Gesellschaften betroffen sind. Die Insolvenzverwalter rechnen daher mit einem entsprechend großen Andrang bei den Gläubigerversammlungen …“ Weiterlesen
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25.07.2018 Rechtsanwalt Sascha Borowski„… Insolvenz- und Sanierungsberatern und wurde vielfach, so u. a. vom Focus zur Top-Wirtschaftskanzlei im Bereich Insolvenz & Sanierung, ausgezeichnet. Gerne beraten wir Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Setzen Sie sich gerne per E-Mail, per Telefon oder postalisch mit uns in Verbindung.“ Weiterlesen
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24.07.2018 Rechtsanwalt Helge Petersen„Mitte März meldeten die ersten deutschen P&R Container-Gesellschaften Insolvenz an, im April folgten die verbliebenen. Am Dienstag, den 24. Juli 2018 wurde offiziell das Insolvenzverfahren …“ Weiterlesen
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20.07.2018 Rechtsanwalt Christoph Ruther„… wurde am 15.03.2018 Insolvenz beantragt: P & R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs GmbH P & R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH P & R Container Leasing GmbH Mit Beschluss …“ Weiterlesen
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19.07.2018 Rechtsanwalt Werner Dillerup„… Nach Beantragung der Insolvenz verlangte der sodann eingesetzte Insolvenzverwalter von einer Vielzahl von Anlegern insgesamt 1,14 Mio. EUR zurück. Dabei handelte es sich um Beträge, die der Verleger über …“ Weiterlesen
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19.07.2018 Rechtsanwalt Michael Staudenmayer„Mit der Pleite der P&R-Gruppe fand eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte ihr jähes Ende. Die Insolvenz der P&R-Gesellschaften hinterlässt vor allem beunruhigte Anleger und nach derzeitigem …“ Weiterlesen
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18.07.2018 Rechtsanwalt Dr. Sven Tintemann„… Gruppe und ihrer Tochterfirmen, z. B. der Future Business KG (kurz FuBus), der Prosavus AG und der EcoConsort, welche zahlreiche weitere Firmen mit in die Insolvenz gerissen und einen immensen Schaden …“ Weiterlesen
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18.07.2018 Rechtsanwalt Michael Staudenmayer„Für zwei weitere Conti-Schiffsfonds musste Anfang Juli Insolvenz angemeldet werden. Betroffen sind die Schiffsfonds MS Conti Achat und MS Conti Almandin. Das Amtsgericht Neubrandenburg eröffnete am 3 …“ Weiterlesen
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12.07.2018 Rechtsanwalt Dr. Jürgen Klass„… und Zahlungsklagen von Insolvenzverwaltern mit Erfolg abzuwehren (z. B. Landgericht München I, Urteil vom 26.05.2017 – 6 O 20256/16 – Insolvenz Bayernareal KG; Oberlandesgericht München, Urteil vom 10.11.2015 – 5 U 1859/15 – Insolvenz B. Finanzierungs GmbH).“ Weiterlesen
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12.07.2018 Rechtsanwalt Sascha Borowski„… , als auch bei der Durchsetzung von Ansprüchen geschädigter Investoren. Die Kanzlei Buchalik Brömmekamp zählt zu den markführenden Insolvenz- und Sanierungsberatern und wurde vielfach, so u. a. vom FOCUS …“ Weiterlesen
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10.07.2018 Rechtsanwalt Sascha Borowski„… eine kapitalmarktrechtliche Expertise allein nicht ausreichen wird, da in der Insolvenz die Insolvenzordnung mit ihren vielen Besonderheiten gilt. Insolvenzrechtsspezialisten, die die Denkweise …“ Weiterlesen
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10.07.2018 Rechtsanwalt Markus Klamert„… sind, wie die anderen auch, jedoch nicht zeitlich unbegrenzt geltend zu machen. Die Ansprüche verjähren spätestens drei Jahre nach Anmeldung der Insolvenz. Wehren Sie sich! Sollten Sie keine Ansprüche …“ Weiterlesen
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10.07.2018 Rechtsanwalt Guido Lenné„54.000 Betroffene, 3,5 Milliarden Euro Investition, 1 Million fehlende Container… Innerhalb kürzester Zeit hat die P&R-Insolvenz dramatische Ausmaße angenommen. Und den Investoren bleiben für …“ Weiterlesen
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05.07.2018 Rechtsanwältin Apollonia Stuhldreier„… , falls der jeweilige Leistungsträger in Insolvenz gerät. Genau deshalb muss sich der Reisevermittler gegen Insolvenz absichern, wenn die Zahlungen des Reisenden direkt an ihn gehen (§ 651 r BGB …“ Weiterlesen
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Kaiserin-Augusta-Hof Grundstücksgesellschaft b.R.: Insolvenzverwalter fordert von Anlegern 400.000 €04.07.2018 Rechtsanwalt Dr. Jürgen Klass„… von Insolvenzverwaltern mit Erfolg abzuwehren (z. B. Landgericht München I, Urteil vom 26.05.2017 – 6 O 20256/16 – Insolvenz Bayernareal KG; Oberlandesgericht München, Urteil vom 10.11.2015 – 5 U 1859/15 – Insolvenz B. Finanzierungs GmbH).“ Weiterlesen