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Wohnung verwahrlost – außerordentliche Kündigung möglich

  • 4 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

Dass Mieter und Vermieter nicht immer die dicksten Freunde sind, ist bekannt. In vielen Fällen treffen sich die beiden Parteien schließlich vor Gericht wieder. So auch im vorliegenden Fall, in dem die Vermieter gegen ihren Mieter auf Herausgabe der Mietwohnung klagten, nachdem der Mieter die Wohnung jahrelang völlig verwahrlosen ließ. Die Richter am Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mussten hier in einer Berufung entscheiden, ob die Vermieter ordentlich oder sogar außerordentlich kündigen konnten.

Langfristiges Mietverhältnis

Der Mieter wohnte in besagter 3-Zimmer-Wohnung bereits seit 07.03.1986 und zahlte dafür zuletzt 200 Euro Miete zzgl. 15,35 Euro Nebenkosten. Während der über 30-jährigen Mietdauer wurden durch den Mieter keinerlei Schönheitsreparaturen vorgenommen. Zusätzlich zur Wohnung nutzte er in den letzten 20 Jahren noch den Dachboden, der direkt von seiner Wohnung aus zugänglich ist, und einen Schuppen im Außenbereich als Lagerräume. In letzter Zeit lagerte er außerdem verschiedene Sachen zusätzlich im Hausflur und im Eingangsbereich.

Mehrere Kündigungen erfolglos

Nachdem die Vermieter auf die Umstände im Flur und im Eingangsbereich aufmerksam wurden, kündigten sie dem Mieter am 08.07.2014 ordentlich, woraufhin der Mieter seine Sachen aus diesen Bereichen tatsächlich entfernte. Er zog allerdings nicht aus. Daraufhin folgten am 27.04.2015 und am 08.06.2015 weitere ordentliche Kündigungen, am 21.12.2015 erklärten die Vermieter schließlich die außerordentliche Kündigung. Letztlich erfolgte noch eine weitere ordentliche Kündigung am 16.03.2016. Doch der Mieter verweigerte nach wie vor den Auszug.

Völlig verwahrloste Wohnung

Im Zuge der Kündigungen forderten die Vermieter den Mieter mehrmals auf, die Wohnung besichtigen zu dürfen. Dies verweigerte er aber immer wieder. Erst als die Vermieter eine Klage auf Duldung der Besichtigung einreichten, konnte am 31.10.2015 endlich eine Besichtigung erfolgen. Bei dieser Besichtigung zeigte sich, dass die Wohnung völlig verwahrlost war – ein Zimmer war aufgrund von Vermüllung überhaupt nicht mehr zugänglich, das Bad und die Küche konnten nicht benutzt werden und die Beheizung der gesamten Wohnung erfolgte nur durch einen einzigen Radiator in der Küche.

Klage erfolgreich

Nachdem die Vermieter den Zustand der Wohnung mit eigenen Augen gesehen hatten, reichten sie Klage auf Räumung der Wohnung und des Kellers sowie auf Herausgabe sämtlicher Schlüssel ein – mit Erfolg. 

Ortstermin der Richter

Die Richter der Vorinstanz am Amtsgericht (AG) Neustadt a. d. Aisch überprüften sämtliche Kündigungen der Vermieter und nahmen am 19.02.2016 sogar einen Ortstermin in besagter Wohnung vor. Dabei stellte sich ihnen der Zustand der Wohnung wie folgt dar: Die gesamte Wohnung war mit Unrat, Kartons, Taschen, Altpapier und Gegenständen diverser Art vollgestellt. Die Küche kann nicht benutzt werden, da Schränke und Waschmaschine mit anderen Sachen belagert waren. Küchengeräte wie Herd oder Mikrowelle waren stark verschmutzt – in der gesamten Wohnung stank es unerträglich. Das Bad war auch mit Gegenständen vollgestellt, konnte deshalb nicht benutzt werden und wurde es scheinbar jahrelang auch nicht. Ein Zimmer war so vollgestellt, dass ein Betreten überhaupt nicht möglich war, auch der Dachboden und der Schuppen waren übervoll.

Ordentliche Kündigung rechtmäßig

Von den vielen ordentlichen Kündigungen war lediglich die vom 16.03.2016 wegen des Zustands der Wohnung und der unzureichenden Beheizung wirksam. Bei der zuletzt erfolgten Kündigung gingen die Richter darauf ein, dass der Mieter seine vertraglichen Pflichten aus dem Mietvertrag gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) schuldhaft erheblich verletzt hat, indem er die Wohnung in den oben genannten Zustand gebracht hat und die Mietsache dadurch erheblich gefährdet hat. Aus diesem Grund sahen sie die ordentliche Kündigung als wirksam an. 

Sogar außerordentliche Kündigung möglich

Bei der Kündigung vom 21.12.2015 wegen Beleidigung der Vermieter durch den Mieter, die dieser auch in verschiedenen Schreiben, die dem Gericht vorliegen, vorgenommen hat, gingen die Richter davon aus, dass das Vertrauen zwischen den beiden Parteien nachhaltig zerstört war. Da ein Zusammentreffen der beiden Parteien im Haus unvermeidbar ist, sahen die Richter die außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB als wirksam an. Dies alles auch vor dem Hintergrund, dass die Vermieter den Mieter bereits mehrfach angemahnt hatten.

Räumungsfrist erhalten

Aufgrund der langen Mietdauer, der schlechten Gesundheit und den finanziell eingeschränkten Möglichkeiten des Mieters bekam er eine Räumungsfrist von fast einem Jahr zuerkannt.

LG weist Berufung zurück

Dieser Meinung der Richter des AG folgten auch die Richter des LG in der Berufungsverhandlung und wiesen die Berufung des Mieters zurück. Sie entschieden, dass es den Vermietern nicht zuzumuten ist, bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin abzuwarten, und erklärten die fristlose Kündigung für wirksam.

Fazit: Bei groben Verstößen gegen den Mietvertrag kann der Vermieter ordentlich, manchmal sogar außerordentlich kündigen.

(LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 23.02.2017, Az.: 7 S 7084/16)

(WEI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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