Zielprämisse 7: Arbeitgeberhaftung in der bAV nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG

  • 3 Minuten Lesezeit

§ 1 des Betriebsrentengesetzes regelt als arbeitsrechtliches Schutzgesetz, dass der Arbeitgeber grundsätzlich, auch wenn die Durchführung der bAV nicht unmittelbar über ihn erfolgt, für seine Zusagen haftet. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber von seiner Haftung schlichtweg nicht frei wird, unabhängig davon, welchen Durchführungsweg er wählt. Die Arbeitgeberhaftung lässt sich grundsätzlich bei keinem der fünf Durchführungswege ausschließen. 

Im Ergebnis liegt der Unterschied für das Unternehmen darin, dass zwar die Haftung bestehen bleibt, aber je nach Durchführungsweg unterschiedlich mit den Beträgen, die für die bAV aufgewendet werden, verfahren wird.

Bei unternehmerischen Durchführungswegen kann eigenständig entschieden werden, in welche Anlagen das Unternehmen investiert bzw. ob es in das eigene Unternehmen investiert.

Bei versicherungsförmigen Durchführungswegen steht dagegen bei Anlage in klassische Versicherungsprodukte fest, dass zu rund 91 % in festverzinsliche bzw. Staatspapiere investiert wird, ohne dass das Unternehmen hierüber genauere Informationen erhält oder Einfluss auf die Auswahl der Anlage nehmen könnte. 

Obwohl die Haftung bei allen fünf Durchführungswegen besteht, wird diese von Unternehmen grundsätzlich unterschiedlich wahrgenommen und auch unterschiedlich bewertet. 

Auch wenn es auf den ersten Blick so zu sein scheint, dass versicherungsförmige Systeme das Haftungsrisiko des Arbeitgebers reduzieren können, weil ja die Versicherungsleistung im Hintergrund steht, ist dem nicht grundsätzlich so. 

Auch bei den unternehmerischen Durchführungswegen ist es möglich, eine finanzielle Absicherung zum Beispiel durch entsprechende Geldanlagen zu erzielen. Dabei erfolgt die Begrenzung der Arbeitgeberhaftung nicht nur durch die gewählte Kapitalanlage, die die Unternehmer frei und eigenverantwortlich und am Wohl des Unternehmens orientiert wählen können, sondern auch durch die Wahl der Zusageart „beitragsorientiert“ und die Leistungsart „Kapitalzusage.“ (siehe hierzu auch mein Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/rente-oder-kapital-in-der-pauschaldotierten-unterstuetzungskasse_180997.html).

Die Praxis zeigt immer mehr Fälle von Arbeitgeberhaftung in Konstellationen, in der sie nicht erwartet worden wäre. So gab es vor einigen Jahren bei der kongruent rückgedeckten Unterstützungskasse der Allianz Nachforderungen, da eine Rentendynamik nicht mehr erwirtschaftet werden konnte. 

Die Schieflagen von Pensionskassen wie beispielsweise Pensionskasse der Caritas oder der Kölner Pensionskasse führten ebenfalls zur Notwendigkeit von Nachschüssen und im Ergebnis zu den Überlegungen des Gesetzgebers, die PSV-Pflicht für Pensionskassen einzuführen. Dies weil dem Gesetzgeber bewusst ist, dass durch die Nachschüsse ein Unternehmen in die Insolvenz geraten kann. Nur dafür soll  der Pensionssicherungsverein haften.

Allein die sogenannte "Nahles-Rente" befreit den Arbeitgeber von der Haftung für die Zusagen seiner betrieblichen Altersversorgung. Nur hier gilt das sogenannte „pay & forget.“

In der Praxis hat sich diese Form allerdings nicht etabliert, da Arbeitgeber regelmäßig nicht bereit sind, die Haftungsfreistellung auf dem Rücken der Mitarbeiter zu erreichen, die eigentlich motiviert werden sollten. Umfragen entsprechend legt man in Deutschland höchsten Wert auf Garantien. Genau diese werden bei der Nahles-Rente jedoch ausgeschlossen, was von Mitarbeitern weitgehend nicht akzeptiert wird. 

Da somit fest steht, dass die Haftung für die Zusagen grundsätzlich bestehen bleibt, ist es für den Unternehmer umso wichtiger, nach sachkundiger Beratung zu bedenken, welcher Durchführungsweg sich wie auf die Haftung auswirkt. Sodann muss der Unternehmer entscheiden, welcher Durchführungsweg auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Auswirkung auf die Haftung geeignet ist, um die Erwartungen und Vorstellungen an die bAV im Unternehmen verwirklichen zu können.

Weiterführend zur Arbeitgeberhaftung verweise ich auf meinen Rechtstipp: https://www.anwalt.de/rechtstipps/haftung-des-arbeitgebers-in-der-betrieblichen-altersversorgung-und-minimierungsstrategien_185184.html

Eine Übersicht zu den einzelnen Zielprämissen finden Sie in den Entscheidungshilfen pauschaldotierte Unterstützungskasse oder versicherungsförmige bAV: https://www.anwalt.de/rechtstipps/entscheidungshilfen-fuer-eine-pauschaldotierte-unterstuetzungskasse-oder-versicherungsfoermige-loesung_181095.html 

Gerne stehe ich Ihnen für Einzelfragen gerne zur Verfügung. 


Grundsätzliche Rechtstipps zum Thema Arbeitgeberhaftung in der bAV finden Sie hier:

https://www.anwalt.de/rechtstipps/haftung-des-arbeitgebers-in-der-betrieblichen-altersversorgung-und-minimierungsstrategien_185184.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/das-dilemma-zwischen-arbeitgeberinteressen-und-kontraeren-versicherungsvermittlerinteressen-in-der-betrieblichen-altersversorgung_185885.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/arbeitgeberhaftung-bei-direktversicherung-mit-berufsunfaehigkeit-in-der-bav_186565.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/koelnercaritas-pensionskasse-fragwuerdige-unserioese-empfehlungen-durch-schwarze-schafe_184521.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/das-problem-der-treuhaenderklausel-in-der-bav-am-beispiel-der-allianz_185743.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-20-groessten-irrtuemer-der-arbeitgeber-in-der-betrieblichen-altersversorgung_185244.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-25-groessten-fehler-und-maengel-der-betrieblichen-altersversorgung-in-versorgungssystemen_185712.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/versorgungsordnung-zur-minimierung-und-beschraenkung-der-arbeitgeberhaftung_186439.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/die-typischsten-fehler-und-irrtuemer-mit-berufsunfaehigkeitsabsicherung-in-der-bav-direktversicherung-co_186654.html

https://www.anwalt.de/rechtstipps/einfach-die-direktversicherung-oder-pensionskasse-des-frueheren-arbeitgebers-uebernehmen_186720.html



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Bettina Glaab

Beiträge zum Thema