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Zwangsräumung auch bei drohender Obdachlosigkeit?

  • 2 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Wer seine Miete nicht zahlt oder keinen gültigen Vertrag hat, wird früher oder später mit einer gerichtlich abgesegneten Räumung rechnen müssen. Daran soll auch die Gefahr einer Obdachlosigkeit nichts ändern, meint nun das Verfassungsgericht (VerfG) des Landes Brandenburg in einem aktuellen Fall.

Hauskauf nach vorzeitigem Einzug geplatzt

Ein Mann hatte im Juli 2012 offenbar ein Einfamilienhaus erwerben wollen und dafür mit dem Eigentümer einen schriftlichen Vorvertrag geschlossen. Der sah unter anderem vor, dass der potenzielle Käufer – gegen Zahlung einer monatlichen Miete – das Haus schon ab sofort nutzen durfte. Die Zahlung des Kaufpreises sollte danach spätestens bis Mai 2013 erfolgen.

In der Folge gab es jedoch Streit um eine Grundstücksgrenze, sodass der Hauskauf letztlich platzte. Der Eigentümer verlangte anschließend sein Grundstück zurück und klagte erfolgreich gegen den Bewohner auf Räumung und Herausgabe. Der allerdings wollte offenbar nicht ausziehen, sondern legte Berufung und anschließend Verfassungsbeschwerde ein.

Schriftlicher oder mündlicher Mietvertrag?

Der Bewohner meinte, dass weiterhin ein gültiges Mietverhältnis bestünde und erklärte darüber hinaus, regelmäßige Mietzahlungen an den Eigentümer geleistet zu haben. Außerdem würde ihn eine Zwangsräumung obdachlos machen, denn eine neue Wohnung habe er bisher nicht finden können.

Erfolg hatte er mit dieser Einlassung allerdings nicht wirklich. Das VerfG verwarf nicht nur seine Verfassungsbeschwerde, sondern lehnte auch seinen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab.

Verurteilung zu Räumung und Herausgabe

Amtsgericht (AG) und auch Landgericht (LG) hatten zuvor bereits übereinstimmend festgestellt, dass zwischen den Parteien kein Mietverhältnis besteht und den Bewohner dementsprechend zur Räumung und Herausgabe verurteilt.

Der schriftliche Vorvertrag sollte die Überlassung des Hauses zur Miete lediglich übergangsweise bis zur vollständigen Abwicklung des Kaufs regeln. Ein weiterer, angeblich mündlich geschlossener Mietvertrag war jedenfalls nicht bewiesen.

Verfassungsbeschwerde unzulässig

Der Bewohner hatte nicht nur die zweimonatige Frist ungenutzt verstreichen lassen, um das Berufungsurteil des LG anzugreifen, sondern es auch versäumt, vor seiner Verfassungsbeschwerde eine sogenannte Anhörungsrüge zu erheben. Schließlich machte er unter anderem geltend, mit dem Vortrag zum angeblich mündlich geschlossenen Mietvertrag vor Gericht nicht gehört worden zu sein.

Verfassungsbeschwerden sind aber grundsätzlich erst nach Ausschöpfung des normalen Rechtswegs möglich. Ohne eine vorher durchgeführte Anhörungsrüge war diese Verfassungsbeschwerde damit unzulässig.

Kein Anspruch auf Aussetzung der Räumung

Auch die angeblich drohende Obdachlosigkeit änderte an diesem Ergebnis nichts. Der Beschwerdeführer hatte bisher bei der Ordnungsbehörde wohl lediglich einen erfolglosen Antrag auf Wiedereinweisung in seine bisherige Wohnstätte gestellt, aber sonst nichts getan, um die drohende Wohnungslosigkeit zu verhindern.

Artikel 47 Absatz 2 der Brandenburgischen Landesverfassung gewährt in solchen Fällen nur Anspruch auf etwaigen Ersatzwohnraum. Die Behörde kann damit Menschen, die sonst obdachlos würden, einen anderen, den Umständen nach angemessenen Wohnraum zuweisen. So muss zwar niemand plötzlich auf der Straße übernachten, die Zwangsräumung der Wohnung lässt sich damit allerdings auch nicht verhindern.

Fazit: Allein wegen einer drohenden Obdachlosigkeit muss eine Zwangsräumung nicht ausgesetzt werden. Oft besteht aber zumindest ein Anspruch auf anderweitige Unterbringung.

(VerfG Brandenburg, Beschluss v. 06.01.2016, Az.: 88/15)

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

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