Ärger mit der Gewerbeauskunft-Zentrale

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Seit etwa 2 Jahren erhalten wir in unserer Kanzlei immer wieder Anfragen betreffend die Gewerbeauskunft-Zentrale. Die geschilderten Sachverhalte sind dabei stets sehr ähnlich: Der Anrufer hatte vor kurzem ein Anschreiben oder Fax der Gewerbeauskunft-Zentrale erhalten und war aufgefordert worden, die dort angeführten Daten zu seinem Unternehmen zu überprüfen, ggfs. zu korrigieren und anschließend an die Gewerbeauskunft-Zentrale zurückzuschicken. Erst mit Erhalt der Rechnung kurze Zeit später erkennt der jeweilige Unternehmer nun, dass er tatsächlich einen Vertrag über zwei Jahre abgeschlossen haben soll. Dieser soll pro Jahr mehrere Hundert Euro kosten, wofür der Unternehmer im Gegenzug einen Eintrag auf der Internetseite der Gewerbeauskunft-Zentrale erhält. Der Eintrag selbst ist - gemessen an den Vertragskosten - eher minimalistisch gehalten: es werden der Name des Unternehmens sowie die Adresse und Telefonnummer angegeben. Zudem wird noch eine Karte über Google Maps eingeblendet.

Kein Wunder also, dass viele Betroffene teils verwundert, teils verärgert reagieren.

In der Beratungspraxis haben wir dabei die Feststellung gemacht, dass sich mit der Gewerbeauskunft-Zentrale ein durchaus umfangreicher Schriftverkehr entwickeln kann. Auch werden in diesen Angelegenheiten nicht selten irrtümlich hilfreiche Geschütze wie Inkasso-Büros (unserer Erfahrung nach regelmäßig die Deutsche Direkt Inkasso) eingeschaltet, um den vermeintlichen Vertragspartner irgendwann irgendwie zur Zahlung zu bewegen.

Die Gewerbeauskunft-Zentrale stützt sich in ihren Ausführungen stets auf die gleichen Urteile, in denen zu ihren Gunsten entschieden wurde. So hat z. B. das AG Köln (Urteil vom 06.06.2011, Az. 114 C 128/11) einen Zahlungsanspruch der Gewerbeauskunft-Zentrale bejaht. Das AG Köln hat den zu Grunde liegenden Vertrag allerdings - falsch - als Dienstvertrag eingeordnet. Außerdem sah das AG Köln - entgegen anderer Gerichte - in dem Vorgehen der Gewerbeauskunft-Zentrale weder eine Täuschung noch hielt es den Vertrag für sittenwidrig. Auch das AG Bergisch Gladbach hat am 28.07.2011 entschieden (60 C 182/11), dass der Gewerbeauskunft-Zentrale ein Zahlungsanspruch zusteht. Eine Anfechtung sei nicht möglich, da „das Anschreiben der Klägerin den kaufmännischen Bereich betrifft, der beinhaltet, dass sich die Beklagte vor rechtsverbindlicher Unterzeichnung eines Schriftstückes erschöpfend - auch was das Kleingedruckte anbelangt - vergewissert, welche Wirkung hierdurch hervorgerufen wird".

Ganz anders sah dies z. B. das AG Düsseldorf (42 C 11568/11): „Die Übersendung des Schreibens vom 3. Februar 2011 erfüllt den Tatbestand der arglistigen Täuschung, da aus ihm nicht hinreichend hervorgeht, dass es sich um ein Angebot auf Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages handelt. Zu Recht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Form des Schreibens den Anschein erweckt, es würde sich bei der angepriesenen Eintragung um eine amtliche Eintragung handeln. Dies ergibt sich bereits aus der Überschrift des Schreibens mit den Worten „Gewerbeauskunft-Zentrale". Unter einer Gewerbeauskunft versteht man üblicherweise eine solche, die bei einem entsprechenden Amt eingeholt wird. Dass es sich bei dem Schreiben um ein Angebot auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages handelt, geht aus dem Schreiben nicht ausreichend deutlich hervor. Lediglich in dem eingerahmten Teil des Schreibens taucht beiläufig das Wort „Angebot" auf. Das von der Beklagten erwünschte Entgelt ist verdeckt aufgeführt in der Beschreibung der von der Beklagten zu erbringenden Leistungen. Erst am Ende des äußerst klein geschriebenen Textes wird in der rechten Spalte an einer Stelle, an der ein durchschnittlicher Betrachter des Lesens bereits müde ist, in einem orbiter dictum mitgeteilt, dass es sich um ein „behördenunabhängiges" Angebot handelt und durch die Unterzeichnung des Schreibens der Basiseintrag verbindlich für zwei Jahre bestellt wird. Einem durchschnittlichen Leser wird durch diese Gestaltung des Schreibens die Rechtsverbindlichkeit, die mit der Rücksendung des ausgefüllten Formulars einhergeht, verschleiert. Dies erfüllt den Tatbestand der Täuschung.

Die Beklagte handelte dabei auch ersichtlich arglistig, da die Art der Gestaltung des Schreibens ersichtlich den Sinn hat, Adressaten zum Abschluss eines Vertrages zu bewegen, den sie bei Kenntnis der wahren Folgen gar nicht abschließen würden. Die arglistige Täuschung war vorliegend auch erkennbar ursächlich für den Vertragsschluss."

In eine ähnliche Richtung geht eine andere Entscheidung des LG Düsseldorf (38 O 148/10). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig; die beklagte Gewerbeauskunft-Zentrale hat insoweit Berufung eingelegt, Verhandlungstermin ist erst im Februar 2012. Gleichermaßen lassen sich dem Urteil einige interessante Punkte entnehmen. Zwar geht es in der Entscheidung überwiegend um wettbewerbsrechtliche Probleme, doch resultieren diese allesamt aus der Gestaltung des Formulars der Gewerbeauskunft-Zentrale und sind meines Erachtens insbesondere auf das Anfechtungsrecht Betroffener übertragbar. So sieht das LG Düsseldorf schon in der Bezeichnung „Gewerbeauskunft-Zentrale - Erfassung gewerblicher Einträge" eine Irreführung. Verstärkt wird dies nach Ansicht des LG Düsseldorf zudem dadurch, dass der Vordruck bereits Angaben zum Unternehmen des Angeschriebenen enthält, die in Fettdruck erscheinen. Demgegenüber sind die seitlichen AGB bzw. der Werbetext sehr klein, sodass im hektischen Büroalltag nicht darauf geachtet werde, ob es tatsächlich um ein Angebot oder amtliches Schreiben ginge.

Mit dieser Argumentation hat offenbar auch der BGH (I ZR 157/10) keine Probleme und stützt so nicht nur die Entscheidung des LG Düsseldorf, sondern lässt auch die oben erwähnten Entscheidungen des AG Köln und AG Bergisch Gladbach als kaum noch haltbar erscheinen.

Derzeit kann man Betroffenen, die auf das Angebot der Gewerbeauskunft-Zentrale „hereingefallen" sind, nur raten, sich gegen die Ansprüche zur Wehr zu setzen. Meines Erachtens bestehen dabei sowohl die Möglichkeiten der Anfechtung als auch die der Sittenwidrigkeit/des Wuchers.

Rechtsanwalt Matthias Lederer

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