Arbeitsmigration nach Deutschland mit der Blue-Card EU – Änderungen der Rechtslage zum November 2023

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1. Was ist die Blue-Card?

Die blaue Karte EU ist ein eigenständiger Aufenthaltstitel gem. § 18b des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Mit der Blauen Karte EU – auch Blue Card, Blue Card EU oder Blue Card Germany genannt – entsteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für eine nichtselbstständige Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland. 

Die blaue Karte ist vor allem für Akademikerinnen und Akademiker von Nicht-EU-Staaten interessant, die in einem EU-Mitgliedsstaat eine Arbeit aufnehmen möchten.

Neben der Blue-Card EU gibt es in Deutschland noch weitere Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit, wie beispielsweise:

  • Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen § 16 d AufenthG

  • zum Zwecke der Forschung (zB. § 18 d AufenthG)

  • ICT-Karte für unternehmensinternen Transfer

  • Sonstige Beschäftigungszwecke § 19 AufenthG

  • Zur selbstständigen Tätigkeit § 21 AufenthG


2. Wie wichtig ist die Hochschulausbildung für die Beantragung einer Blue-Card?

Um die Blue-Card zu erhalten, hat  die Verknüpfung der Hochschulausbildung mit der angestrebten Erwerbstätigkeit bisher eine maßgebliche Rolle gespielt. Aufgrund der Gesetzesänderungen durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung zum November 2023 gibt es zahlreiche Erleichterungen und der Zugang zur Blue-Card soll einem erweiterten Personenkreis zugänglich werden.

Es wird die Beschränkung aufgehoben, dass man nur aufgrund der mit dem Berufsabschluss vermittelten Befähigung arbeiten darf. Wenn man also eine qualifizierte Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss vorweisen kann, ist man bei der Jobsuche nicht auf Beschäftigungen beschränkt, die in Verbindung mit dieser Ausbildung stehen.

Ausnahmen gibt es für reglementierte Berufe wie beispielsweise für Gesundheits- und Krankenpfleger:innen, Ärzt:innen, Lehrer:innen oder Rechtsanwält:innen. Auch bestimmte Meister im Handwerk sind betroffen, wenn sie als selbstständige Unternehmer:innen tätig sind. Personen mit einer ausländischen Qualifikation in einem reglementierten Beruf müssen den ausländischen Abschluss anerkennen lassen bzw. eine Berufsausübungserlaubnis beantragen.


3. Wer kann eine Blue-Card EU beantragen?

Voraussetzungen für die Blaue-Karte EU ist ein akademischer Hochschulabschluss und ein Arbeitsvertrag mit einem bestimmten Mindestbruttogehalt.

Es ist notwendig, dass der Ausländer einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen vergleichbaren Hochschulabschluss besitzt (vgl. Bergmann/Dienelt/J. Nusser, 14. Aufl. 2022, AufenthG § 18b Rn. 19).

Das neue Gesetz sieht vor, dass zukünftig auch Berufseinsteigerinnen und -einsteiger eine Blue-Card beantragen können. Ausländische Akademikerinnen und Akademiker, die innerhalb der letzten drei Jahre einen Hochschulabschluss erworben haben, können nun eine Blaue Karte EU erhalten, wenn diese mit dem Job in Deutschland ein Mindestgehalt von 45,3% der  jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr  2023: 39.682,80 Euro) erreichen. Dies gilt sowohl für Engpass- als auch Regelberufe.

Daneben sind auch bestimmte Berufsgruppen für die Beantragung der Blue-Card privilegiert. Das Gesetz bestimmt Berufsgruppen, welche zu den sog. Engpassberufen zählen. Dazu gehören unter anderem:

  • IT-Spezialist:innen

  • Führungskräfte in der Produktion bei der Herstellung von Waren, im Bergbau und im Bau sowie in der Logistik

  • Führungskräfte in der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie

  • Führungskräfte  in der Erbringung von speziellen Dienstleistungen, wie zum Beispiel in  der Kinderbetreuung oder im Gesundheitswesen

  • Tierärztinnen und Tierärzte

  • Zahnärztinnen und Zahnärzte

  • Apothekerinnen und Apotheker

  • Akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte

  • Lehr- und Erziehungskräfte im schulischen und außerschulischen Bereich


Auch für diese Berufe gilt, dass ein Mindestgehalt von 45,3% der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr  2023: 39.682,80 Euro) ausreicht.


Auch die Gehaltsgrenzen für alle anderen Berufe werden ab November 2023 deutlich abgesenkt: Diese beträgt für alle Regelberufe 50 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr 2023: rund 43.800 Euro).


Darüber hinaus muss ein Arbeitsvertrag mit einem Unternehmen bestehen.


Liegen die Voraussetzungen zur Erteilung einer Blue-Card EU vor, so ist die Blue-Card zu erteilen. Das bedeutet, dass es sich um einen gebundenen Anspruch handelt und die Erteilung der Blue-Card nicht in das Ermessen der Behörde gestellt ist. Zudem ist teilweise auch keine vorherige Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit notwendig.


4. Wie läuft das Verfahren zur Erlangung einer Blue-Card ab?

Der Ausländer muss grundsätzlich ein Visum zur Arbeitsaufnahme beantragen. Ausnahmen hiervon gibt es nach § 18 b Abs. 2 AufenthG in Fällen in denen eine Person bereits eine Blue-Card für 18 Monate in einem anderen europäischen Land hatte.

Das Visum wird bei der deutschen Botschaft im jeweiligen Herkunftsland beantragt.

Daneben kann für die Blue-Card grundsätzlich das beschleunigte Fachkräfteinwanderungsverfahren Anwendung finden.

Dieses wird bei der zuständigen Ausländerbehörde durch den Arbeitgeber beantragt. Liegen alle Unterlagen vor, so soll die ABH innerhalb von zwei Monaten über die Anerkennung bzw. Gleichwertigkeitsprüfung der ausländischen Qualifikationen entscheiden.


4. Kann meine Familie gemeinsam mit mir nach Deutschland kommen?

Grundsätzlich ist es für Inhaber einer Blue-Card möglich, gemeinsam mit der Familie nach Deutschland zu kommen.

Hinsichtlich des Familiennachzuges gibt es im Blue-Card Verfahren Vorteile gegenüber des gewöhnlichen Familiennachzugsverfahren bei sonstigen Aufenthaltstiteln. Die zu erbringenden Nachweise sind geringer. Familienangehörige erhalten eine Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet. Der Aufenthaltstitel der Familienangehörigen hat die gleiche Gültigkeitsdauer wie die des Stammberechtigten.

Ehegatten erhalten unter erleichterten Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach da Sprachkenntnisse des Ehegatten vor der Einreise sind nicht erforderlich sind und die in § 30 I Nr. 1 genannte Altersgrenze von 18 Jahren nach § 30 I 2 Nr. 1 abgesenkt ist, wenn die Ehe zum Zeitpunkt der Einreise des Inhabers der Blauen Karte EU in das Bundesgebiet bereits bestand.

Kinder erhalten eine Aufenthaltserlaubnis, wenn der allein personensorgeberechtigte Elternteil eine Blaue Karte EU besitzt oder die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben und mindestens ein Elternteil eine Blaue Karte EU besitzt.

Darüber hinaus haben Familienangehörige von Inhabern einer Blauen Karte das Recht auf eine unbeschränkte Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Im Aufenthaltstitel ist eine entsprechende Nebenbestimmung aufzunehmen (vgl. Bergmann/Dienelt/J. Nusser, 14. Aufl. 2022, AufenthG § 18b Rn. 40-43).

Hinzu kommt, dass das Familienzusammenführungsverfahren zeitgleich mit dem Visumsantrag gestellt werden kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein bereits bestehender Mietvertrag in der Bundesrepublik Deutschland zum Zeitpunkt der Antragsstellung.


5. Wie lange kann das Visumverfahren für die gesamte Familie dauern?

Das Familiennachzugsverfahren geht zwar bei der Blue Card unter erleichterten Bedingungen, allerdings ist aufgrund der Wartezeiten bei den Botschaften mit langen Wartezeiten für die Erteilung des Visums zu rechnen. Eine Prognose ist nur schwer möglich, die aktuellen Verfahren nehmen in der Regel 1 Jahr in Anspruch gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem das erwerbstätige Familienmitglied in Deutschland ist.


6. Welche Fragen müssen vorab mit einem potenziellen Arbeitgeber geklärt werden?

Wenn das beschleunigte Fachkräfteeinwanderungsverfahren durchgeführt werden soll, muss dies vom Arbeitgeber bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden, sodass dies mit dem zukünftigen potentiellen Arbeitgeber besprochen werden muss.

Darüber hinaus muss das entsprechende Mindestgehalt vom Arbeitgeber bezahlt werden, da sonst die Voraussetzungen im Verfahren zur Beantragung einer Blue-Card fehlen.

Im Verfahren zur Beantragung der Blue-Card stoßen viele ausländische Fachkräfte auf bürokratische Hürden. Hinzu kommen die Sprachbarriere und lange Bearbeitungszeiten bei den Behörden. Unsere Kanzlei unterstützt Sie im Visumsverfahren bei der Botschaft in Ihrem Herkunftsland sowie im Verwaltungsverfahren bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland.

Foto(s): wix.com Bilder Datenbank

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