BAföG – Betrug und die Folgen

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BAföG ist jedem Studenten ein Begriff. Die meisten irren sich, wenn sie glauben, die Leistungen stehen jedem zu. Der Staat zahlt nur, wenn der Antragsteller oder die Familie nicht genügend Einkommen generiert, um die Kosten des Studiums selbst stemmen zu können. Daneben gibt es weitere Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Wer hier falsche Angaben tätigt, riskiert unter Umständen weitreichende strafrechtliche Folgen.

Wann begehe ich Betrug?

Bevor überhaupt auch nur ein Euro ausgezahlt wird, müssen einige Formulare ausgefüllt und weitere Dokumente rausgesucht werden. Bereits hier führen bewusste Falschangaben oder das Weglassen von wichtigen Informationen zu einem Betrug. Die relevanten Informationen beziehen sich in der Regel auf die wirtschaftlichen Verhältnisse. Hier geht es um korrekte Angaben zum Vermögen (Sparbuch etc.), das eigene Einkommen (Nebenjob, Teilzeitjob, Aushilfsjob) oder das Einkommen der Eltern.

Wer größere Geldbeträge kurz vor der Antragstellung auf das Konto eines Dritten überweist, um „Vermögen beiseite zu schaffen“, begeht ebenfalls Betrug. 

Sind die wirtschaftlichen und auch alle anderen Voraussetzungen erfüllt, erhält man einen Bewilligungsbescheid.

Wie wird der Betrug aufgedeckt?

Die Daten die man in den Formularen angibt, werden nicht einfach so hingenommen und zugrunde gelegt. Vielmehr wird das BAföG-Amt einen Datenabgleich vornehmen lassen, in dem es die angegebenen Daten an andere Finanzämter übermittelt, um die Übereinstimmung oder etwaiger gravierender Abweichungen zu überprüfen.

Werden hier Unstimmigkeiten vernommen, wird der Antragsteller zur Stellungnahme und Offenlegung der Vermögensverhältnisse aufgefordert. Wird man nachvollziehen können, dass die angegebenen Daten plausibel und stimmig sind, werden keine weiteren Schritte eingeleitet werden und das Verfahren wird eingestellt.

Aufhebung und Rückzahlung

Kann der Antragsteller die Unstimmigkeiten nicht entkräften oder werden die Vermögensverhältnisse nicht offengelegt, so spricht man von einem Leistungsmissbrauch. Der Bewilligungsbescheid wird aufgehoben, da der aufgrund falscher Angaben rechtmäßig bewilligte Bescheid, rechtswidrig geworden ist. Zwingende Folge ist dann, die Rückzahlung der bereits gezahlten Leistungen. Der Rückzahlungsbescheid erfolgt dann innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, die zur Rücknahme der Bewilligung geführt haben. ACHTUNG: Erfolgt der Rückzahlungsbescheid später als die Jahresfrist, ist diese nicht mehr gültig bzw. rechtswidrig. Hiergegen ist der Widerspruch zwingend erforderlich.

Bußgeldverfahren

Hat das BAföG-Amt nun feststellen können, dass durch die Falschangaben zu Unrecht Geld geflossen ist und man bereits alles rückgängig machen konnte, kann daneben noch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden, mit der Folge eines Bußgeldes bis zu 2.500,00 €, § 58 BAföG. Wie hoch das Bußgeld schließlich ausfallen wird, bestimmt sich danach wie schwer die Verfehlung und das Verhalten desjenigen war. Hier kommt es auf die Schadenshöhe und die Vorstellung bei Begehung der Tat an.

Oft kommt es vor, dass man von Sparbüchern, Bausparverträgen oder anderen Vermögen absolut keine Kenntnis hat, weil diese bereits im Kindesalter von den Eltern für die Kinder angelegt worden sind und erst bei erreichen eines bestimmten Alters aufgelöst werden dürfen. Erfährt man hiervon erst im Nachhinein und bringt dies zur Selbstanzeige, wirkt sich dies positiv auf die Bemessung der Bußgeldhöhe aus.

Ermittlungsverfahren

Das Strafrecht genießt Vorrang vor dem Ordnungswidrigkeitsrecht. Insofern wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, wenn das BAföG-Amt die Angelegenheit an die Staatsanwaltschaft abgibt. Der Vorwurf lautet dann „Betrug“, § 263 Abs. 1 StGB.

Wer in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ob nun ein Strafverfahren oder Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wurde, erfährt man in der Regel durch die Post, die man von der Polizei zur Vorladung zur Vernehmung erhält. Spätestens hier sollte ein Strafverteidiger kontaktiert und beauftragt werden, bevor man selbst irgendwelche Schritte einleitet.

Verteidigungsmöglichkeiten

Die Verteidigung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit sollte immer einem Strafverteidiger überlassen werden. Dieser wird sich für den Betroffenen legitimieren, den Anhörungstermin bei der Polizei absagen und zunächst einmal Akteneinsicht beantragen. Nach akribischem studieren der Akten wird der Strafverteidiger einen Verteidigungsweg ausarbeiten können. Da jedes Verfahren individuell gestaltet ist, kann nicht pauschal gesagt werden, ob das Verfahren eingestellt oder tatsächlich von der Staatsanwaltschaft angeklagt wird. Das Ziel wird jedoch in jedem Fall sein, das beste Ergebnis zu erzielen.

Einstellung des Verfahrens

Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht nicht erfüllt, wird das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Diese Einstellungsform kommt in Betracht, wenn der Betroffene schlicht unvorsätzlich handelte. Wie bereits oben dargestellt, kommt es häufig vor, dass man von Sparbüchern die die Eltern Jahre zuvor für einen angelegt hatten, keine Kenntnis hat.

Aber auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Betruges erfüllt sind, gibt es Wege und Möglichkeiten, das Verfahren vor einer Anklage und Gerichtsverhandlung zum Erledigen zu bringen. Die StPO kennt neben dem § 170 Abs. 2 StPO noch die § 153 StPO und § 153a StPO als Einstellungsvariante. Diese Varianten werden in Betracht gezogen, wenn der Tatbestand des Betruges zwar erfüllt ist, der Schaden jedoch verhältnismäßig gering ist und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Die Schuld des Täters wird als Gering eingestuft, wenn z.B. die Unstimmigkeiten relativ früh entdeckt wurden und so nur ein verhältnismäßig geringer BAföG-Betrag ausgezahlt wurde.

Ist der Schaden nicht mehr so gering, ist der Täter jedoch geständig und hat die Rückzahlung bereits komplett oder größtenteils zurückgezahlt, kann das Ermittlungsverfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages nach § 153a StPO eingestellt werden. Wie hoch der Betrag ausfällt, hängt ebenfalls von der Schadenshöhe und das Verhalten des Täters ab. Die Zahlung erfolgt meist an eine gemeinnützige Institution. Erst wenn die Zahlung geleistet wurde, ist das Verfahren erledigt.

Bei einer Einstellung des Ermittlungsverfahren nach den §§ 170 Abs. 2, 153, 153a StPO, erfolgt keine Gerichtsverhandlung und erst recht keine Eintragung in das Führungszeugnis oder Bundeszentralregister.

Strafbefehl

In einigen Fällen kommt eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens nicht mehr in Betracht. Durch einen Strafbefehl kann dennoch eine Gerichtsverhandlung vermieden werden. Im Strafbefehl wird bereits eine Strafe festgelegt. Diese bemisst sich an der Qualität des Delikts (Anzahl der Tagessätze) und an dem Einkommen (Tagessatzhöhe) des Täters. Ein Strafbefehl muss jedoch nicht einfach hingenommen werden. Wird der Vorwurf bestritten oder die geringen Einkommensverhältnisse nicht berücksichtigt, kann gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt werden.

Gerichtsverhandlung

Eine Gerichtsverhandlung ist für den gerichtsunerfahrenen Beschuldigten ein absoluter Stressfaktor. Auch diese Situation lässt sich in einigen Fällen nicht vermeiden. Das Verteidigungsziel sollte auch hier ganz klar lauten, alles unter 90 Tagessätzen oder unter 3 Monate Freiheitsstrafe. Wird dieses Verteidigungsziel erreicht, erfolgt auch hier keine Eintragung in das Führungszeugnis.

Anwalt kontaktieren

Wer im Studium bereits seine Zukunftsperspektive nicht verschlechtern will, sollte einen Strafverteidiger aufsuchen und mit der Verteidigung beauftragen, wenn gegen einen ermittelt wird. Auch wenn BAföG-Betrug kein Verbrechenstatbestand ist, so könnte eine Verurteilung und eine anschließende Eintragung im Führungszeugnis weitreichende Folgen haben. Eine Eintragung wird erst nach mindestens drei Jahren wieder gelöscht. Aus dem Bundeszentralregister erfolgt die Löschung noch später. Gerne können Sie mich hierzu sowohl telefonisch oder per Mail kontaktieren.

https://nh-legal.de/2021/03/19/bafoeg-betrug-und-die-folgen-strafe/


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