Berichtsheft entgegen Arbeitgeberanweisung führen: Kündigung wirksam?

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Arbeitgeber haben grundsätzlich das Recht, auch den Inhalt der Arbeitsleistung ihrer Arbeitnehmer genauer zu bestimmen. Das ergibt sich aus § 106 Gewerbeordnung (GewO).

Zu diesem sog. Direktionsrecht gehört auch, dass der Arbeitgeber vorgeben darf, ob und wie ein Berichtsheft vom Arbeitnehmer zu führen ist. Führt der Arbeitnehmer sein Berichtsheft entgegen der ausdrücklichen Anweisungen des Arbeitgebers, kann ihm der Arbeitgeber nach erfolgloser Abmahnung kündigen. Das entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 10.06.2016, Az.: 1 Sa 37/16).

Wann darf ein Arbeitgeber verhaltensbedingt kündigen?

Eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist möglich, wenn der Arbeitnehmer vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten erheblich verletzt und dieses Fehlverhalten betriebliche Auswirkungen hat. Außerdem muss eine umfassende Interessenabwägung ergeben, dass die Interessen des Arbeitgebers an der Kündigung im Vergleich zu Interessen des Arbeitnehmers an der Fortsetzung der Zusammenarbeit überwiegen. Und nicht zuletzt muss in aller Regel ein vergleichbares Fehlverhalten im Arbeitsverhältnis bereits abgemahnt worden sein.

Ist all das der Fall, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen.

Weisungswidriges Führen eines Berichtshefts als Kündigungsgrund?

Für das LAG Rheinland-Pfalz stellt es eine Pflichtverletzung – und damit einen möglichen Kündigungsgrund – dar, wenn ein Arbeitnehmer Besuchsberichte unvollständig ausfüllt.

Im entschiedenen Fall war der Arbeitnehmer als Servicetechniker im Außendienst angestellt. Er führte Garantie- und Reklamationsarbeiten an Möbeln aus. Der Arbeitgeber hatte ihn angewiesen, in bestimmten Fällen Vermerke in seinem Berichtsheft zu machen. So sollte er etwa dann Vermerke machen, wenn er (Reparatur-) Arbeiten ausgeführt hatte, aber nach seiner Ansicht kein Mangel vorlag, der unter die Gewährleistung fällt. Diese Anweisung hatte der Arbeitgeber mündlich erteilt. Sie war aber auch Bestandteil einer schriftlichen Betriebsanweisung.

Diese Anweisung missachtete der Arbeitnehmer in mehreren Fällen und änderte auch nach einer entsprechenden Abmahnung sein Verhalten nicht. Die Folge: Ihm wurde gekündigt.

Interessen des Arbeitgebers an fehlerfreiem Berichtsheft überwiegen

Die Kündigung erfolgte zu Recht, wie das LAG Rheinland-Pfalz feststellte. Denn Anweisungen für das Führen eines Berichtsheftes sind (arbeits-) rechtlich nicht unbeachtlich, wenn der Arbeitgeber begründen kann, weshalb er derartige Anweisungen gibt.

Exakt das war hier der Fall: Der Arbeitgeber wollte mit den Vermerken im Berichtsheft kostenauslösende Zweitbeanstandungen vermeiden. Würden die vorgenommenen Arbeiten als „Nachbesserungsversuch“ angesehen, müssen Kunden höchstens zwei derartige Versuche dulden, bis sie die Ware zurückgeben dürfen. Der Hersteller der Möbel würde sich in diesem Fall an den Arbeitgeber (verantwortlich für die Möbelmontage) halten und ihn wegen mangelhafter Dienstleistung mit den Kosten belasten. Erfolgen die Arbeiten, obwohl kein unter die Gewährleistung fallender Mangel vorliegt, handelt es sich nicht um einen Nachbesserungsversuch. Ein Recht des Kunden zur Rückgabe der Ware besteht dann nicht.

Daher war es für den Arbeitgeber wichtig festzuhalten, dass die Arbeiten auf Wunsch des jeweiligen Kunden erfolgten, ohne dass dieser rechtlich einen Anspruch darauf hatte. Für das LAG Rheinland-Pfalz ausreichend dafür, zu der Beurteilung zu kommen, dass die Anweisungen zur Dokumentation in solchen Fällen zu befolgen sind und das Nichtbefolgen arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen kann.

Da auch die sonstige Abwägung nicht zugunsten des Arbeitnehmers ausfiel, war sowohl die Abmahnung des pflichtwidrigen Führens des Berichtshefts als auch die darauf gestützte Kündigung nach Auffassung des Gerichts wirksam.

Fazit

Ein Arbeitgeber ist aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt, dem Arbeitnehmer Vorgaben zu machen, wie ein Berichtsheft zu führen ist. Weigert sich der Arbeitnehmer, das Heft entsprechend auszufüllen, oder führt er es nur lückenhaft, kann der Arbeitgeber diese Pflichtverletzung abmahnen und ggfs. das Arbeitsverhältnis kündigen.

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