Berufsunfähigkeit aufgrund chronischer Schmerzstörung

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Berufsunfähigkeit aufgrund chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren

OLG FRANKFURT im Urteil vom 23.02.2022, AZ 7U199/22


Der Kläger und Versicherungsnehmer war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags als Teamleiter einer Flugabfertigungsgesellschaft tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Flugzeuge zu be- und entladen, d. h. das Gepäck der Reisenden zu befördern.

Im Jahr 2005 waren beim Versicherungsnehmer nach einem Infekt zunehmend Gelenkbeschwerden und -schwellungen aufgetreten. In der Folgezeit wurde die Diagnose einer undifferenzierten Oligoarthritis nebst chronifizierten Schmerzsyndrom gestellt. In der Folge beantragte der Versicherungsnehmer Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung.

Im Rahmen des Verfahrens wurde ein Sachverständiger mit Schwerpunkt Rheumatologie beauftragt eine umfassende Diagnostik zu erstellen. Er stellte Anzeichen für eine entzündlich rheumatische Gelenkerkrankung fest. Jedoch ohne Anzeichen einer Fibromyalgie und bewertete daher aufgrund der objektiven Befunde unter Berücksichtigung einer möglicherweise vorliegenden Bewegungseinschränkung der Schulter des Klägers im Grad der Berufsunfähigkeit mit 20 % bis 30 %.

Anknüpfend an dieses somatische Gutachten forderte der Senat zusätzlich die psychischen Faktoren des vom Kläger geklagten Schmerzgeschehens zu begutachten und holte ein psychosomatisch-psychotherapeutisches Gutachten ein.

Der Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie führt in seinem Gutachten aus, dass die Erkrankung des Klägers als „chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren“ im Sinne des internationalen Statistiker Classification of Diseases and related Health Problems (ICD-10: F45.41) einzuordnen sei. Die sich aus diesem Krankheitsbild ergebenden Beeinträchtigungen wurden vom Sachverständigen mit eindeutig über 50 % liegenden Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers bewertet.

Einer „somatoformen Schmerzstörung“ (ICD-10: F45.4) kam vorliegend nicht in Betracht, da die beklagten Symptome, also bestimmte Schmerzreaktionen, deutlich vorhanden waren, jedoch der für die Diagnose notwendiger psychische Konflikt oder eine psychosoziale Belastungssituation nicht nachgewiesen werden konnte. 

Festzuhalten ist, dass dem Versicherungsnehmer die Leistung aus dem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag zugesprochen wurden. 

Somit steht nach der Rechtsprechung fest, dass in der Berufsunfähigkeitsversicherung die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit auch auf der Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10: F45.41) beruhen kann. Anders als bei der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung (ICD-10: F43.4) ist dafür der Nachweis eines psychischen Konflikts oder einer psychosozialen Belastungssituation nicht erforderlich.

Weiter hervorzuheben ist im Rahmen dieser Entscheidung, dass zur Klärung der zur Berufsunfähigkeit führenden Erkrankung in ähnlich gelagerten Fällen nicht nur ein Sachverständiger für innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie zur Verfügung stehen sollte, sondern auch ein Sachverständiger mit Schwerpunkt psychosomatischer Medizin und Psychotherapie.

Sollten Sie zu dieser Thematik Fragen haben in Bezug auf Ihren Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


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