Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht

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Der Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Immer mehr Deutsche schließen Berufsunfähigkeitsversicherungsverträge ab. Dies liegt insbesondere daran, dass sie den Schutz vor dem Arbeitsausfall bezweckt und den Versicherungsnehmer so absichern soll.

Nicht selten müssen körperlich arbeitende Menschen ihre Tätigkeit verfrüht aufgeben, da sie die körperlichen Belastungen nicht mehr tragen können und mit schweren Folgen zu kämpfen haben.

Aber auch psychische Erkrankungen werden in der heutigen Zeit immer mehr. Beinahe täglich hört man von der Zunahme von Depressionen oder dem Burn-out-Syndrom, die die weitere Ausübung des Berufs unmöglich werden lassen. In diesem Fällen soll dann die private Berufsunfähigkeitsversicherung zum Tragen kommen. Allerdings entspricht dies oftmals nicht der Realität.

Nicht selten verweigern die Versicherungen die Zahlung, sodass der Versicherungsnehmer einem oftmals nicht tragbaren finanziellen Druck ausgesetzt ist. Wie sich der Versicherungsnehmer vor derartigen Konstellationen schützen kann und was bei der Rechtsdurchsetzung beachtet werden muss, soll im Folgenden näher beleuchtet werden.

Wehret den Anfängen – der Vertragsschluss

Bereits bei Vertragsschluss gibt es einige Aspekte, die der Versicherungsnehmer beachten sollte, um für ihn nachteilige Konsequenzen zu vermeiden. Da die Vertragswerke der privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen oftmals intransparent und komplex sind, kann nur geraten werden, keine voreiligen Vertragsabschlüsse vorzunehmen und sich umfassend mit den Vertragswerken auseinanderzusetzen und dabei den Versicherungsmakler des Vertrauens und gegebenenfalls anwaltliche Unterstützung einzuholen.

Denn es gibt einige nachteilige Klauseln, die nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennbar sind. Darunter können vorzugsweise sogenannte abstrakte oder konkrete Verweisungen subsumiert werden.

Die abstrakte Verweisung ist heutzutage eher unüblich, sollte aber unbedingt ausgeschlossen werden, sofern sie sich im Vertragswerk wiederfindet. Diese Art der Verweisung gibt den Versicherungen die Möglichkeit, die Versicherungsnehmer auf ein anderes Berufsfeld zu verweisen, sofern das eigentliche Berufsfeld nicht mehr ausgeübt werden kann.

Dabei spielt die Nähe zum ausgeübten Beruf eine nur untergeordnete Rolle und es ist auch nicht relevant, ob der Versicherungsnehmer tatsächlich einen neuen Job findet. Sofern also die Möglichkeit einer anderen Arbeitsaufnahme besteht, wird die Zahlung durch die Versicherung verweigert. Dass diese Klausel den Versicherungsnehmer alles andere als schützt, liegt auf der Hand.

Im Gegensatz dazu darf der Versicherer die Zahlung bei einer konkreten Verweisung verweigern, sofern der Betroffene tatsächlich eine andere Tätigkeit ausübt, die im Wesentlichen mit der vorherigen Tätigkeit vergleichbar ist und nicht deutlich schlechter bezahlt wird. An die Vergleichstätigkeit sind aber nicht allzu geringe Anforderungen zu stellen. Sie darf in ihrer Wertschätzung nicht erheblich niedriger angesiedelt sein, als der vorherige Beruf. Im Rahmen dessen kommt es auf eine Einzelfallbetrachtung an.

Bereits diese Klauseln lassen die Komplexität der Vertragsgestaltung erkennen und führen vor Augen, dass der Schutz des Versicherungsnehmers nicht die höchste Priorität hat. Vielmehr versuchen die Versicherungen immer wieder, Möglichkeiten zu schaffen, um den Eintritt eines Versicherungsfalls auszuschließen.

Augen auf – wann greift die Berufsunfähigkeitsversicherung?

Der Eintritt des Versicherungsfalls hängt insbesondere vom Vorliegen einer Berufsunfähigkeit ab. Was genau darunter zu verstehen ist, richtet sich nach dem jeweiligen Versicherungsvertrag. Die gesetzliche Definition aus § 172 Abs. 2 VVG bietet allerdings einen Anhaltspunkt.

Demnach ist berufsunfähig, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.

Darüber hinaus muss mindestens ein Grad von 50 % erreicht sein, um die Berufsunfähigkeit annehmen zu können und diese muss von Dauer sein. Grundsätzlich muss der Arzt die Berufsunfähigkeit für eine Dauer von mindestens sechs Monaten oder sogar bis zu drei Jahren prognostizieren und auch attestieren.

Die Darlegung der Berufsunfähigkeit obliegt in jedem Fall dem Versicherungsnehmer und kann ihn vor große Herausforderungen stellen, insbesondere, wenn es um psychische Erkrankungen geht. Da diese oftmals nicht so greifbar sind wie körperliche Beschwerden, nehmen Versicherungen psychische Erkrankungen besonders genau in den Blick.

Gerade deshalb kann nur dazu angehalten werden, den Krankheitsverlauf möglichst genau festzuhalten und auch wiederzugeben bei Versicherungsabschluss, um sich nicht dem Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt zu sehen.

Worst Case – die private Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht

Wenn die private Berufsunfähigkeitsversicherung den Antrag bezüglich der Geltendmachung des Versicherungsfalls ablehnt, ist die Begründung zunächst auf ihre Stichhaltigkeit hin zu überprüfen. Ergeben sich Unstimmigkeiten, kann nur dazu geraten werden, sich anwaltliche Unterstützung zu holen.

Denn oftmals werden die Versicherungsnehmer mit Formularen überschüttet und es werden neue Gutachten und Gegengutachten beantragt. Schnell macht sich bei den Betroffenen Unsicherheit breit und sie durchblicken die Forderungen der Versicherung nicht mehr.

In diesem Fall kann ein fachkundiger Anwalt Abhilfe leisten, indem er sich in den Verlauf einarbeitet und den Versicherungsnehmer bei der Durchsetzung begründeter Ansprüche unterstützt. Dies schützt den Versicherungsnehmer vor unüberlegten Eingebungen gegenüber der Versicherung.

Nicht selten werden Versicherungsnehmer nämlich mit fragwürdig großzügigen Vergleichsangeboten dazu angehalten, von einer Klage abzusehen. Derartige Angebote sollten aber nicht voreilig angenommen werden. Vielmehr sollten mit einem Rechtsanwalt die Erfolgsaussichten einer etwaigen Klage besprochen werden, da ein Prozess auch einige Kosten mit sich bringt.

Insgesamt ist schon beim Vertragsabschluss Vorsicht geboten. Der Vertrag sollte genau aufgearbeitet werden, um nachteilige Klauseln direkt auszuschließen. Darüber hinaus sollte nicht voreilig ein Vertrag unterzeichnet werden, ohne dass sich der Betroffene über vergleichbare private Berufsunfähigkeitsversicherungen informiert hat. Mithin ist eine aufmerksame Auseinandersetzung mit dem Vertragswerk zwingend erforderlich, um etwaige nachteilige Folgen minimieren zu können.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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