Betrug durch ein polnisches Unternehmen

  • 3 Minuten Lesezeit

Der steigende wirtschaftliche Austausch zwischen Deutschland und Polen führt leider dazu, dass viele deutsche Firmen durch unlautere polnische Kontrahenten betrogen werden. Sehr häufig erfolgt der Betrug auf die Art und Weise, dass ein polnisches Unternehmen in Deutschland Waren bestellt – jedoch ohne Absicht, für diese Waren jemals zu bezahlen. In anderen Fällen handelt es sich um Bestellungen bei polnischen Firmen, auf welche Vorauszahlungen geleistet werden, die nachträglich ausbleiben, ohne dass die Vorauszahlung zurückerstattet wird. Praktisch wichtig ist auch die Konstellation, wenn die Waren die versprochenen und ausgehandelten Eigenschaften nicht aufweisen. In der heutigen Zeit, in der immer mehr Bestellungen per E-Mail erfolgen, sodass die persönliche Überprüfung der Waren oder Dienstleistungen vor dem Einkauf nicht möglich ist, kann der Besteller, welcher den Beteuerung eines polnischen Unternehmen vertraute, die Mängel erst bei der Lieferung entdecken.

Welche rechtlichen Mittel stehen dann zur Verfügung?

Hier sind prinzipiell zwei Vorgehensweisen möglich. Erstens kann der zivilrechtliche Weg gewählt und beim Gericht der Schadensersatz eingeklagt werden. Dieser Weg hat jedoch einige gewichtige Nachteile: Die klagende Partei muss nicht nur den gesamten Zivilprozess bis zu seiner Beendung finanzieren, sondern es ist auch damit zu rechnen, dass die beklagte Partei alle rechtlichen Mittel nutzen wird, um den Prozess zu verzögern. Inzwischen wird häufig das gesamte Vermögen der Beklagten Partei versteckt oder zu andern Unternehmen transferiert, was die Zwangsvollstreckung verzögern und manchmal die Einleitung einiger weiterer Prozesse erfordert. Die Erfahrung lehrt, dass es nur in seltenen Fällen gelingt, nach so vielen Jahren von einem unlauteren polnischen Unternehmen etwas Geld als Schadensersatz herauszukriegen. Daher lohnt es sich, die zweite Möglichkeit in Anspruch zu nehmen, also die strafrechtliche Ahndung.

Die Anzeige des Betrugs gemäß Art. 286 § 1 polnischen StGB führt in der Regel zu einer zügigen, kostenfreien und befriedigenden Lösung des Falls, bei dem die verurteilten Betrüger auch den angerichteten Schaden finanziell ausgleichen müssen.

Dabei sind allerdings einige Unterschiede zwischen dem deutschen und dem polnischen Recht von Bedeutung. Während die deutsche Rechtsprechung davon ausgeht, dass nur reine Wertaussagen, die nicht überprüfbar sind, keine betrügerischen Aussagen sind, schließen die polnischen Juristen [1] auch die Äußerungen über die künftigen Tatsachen (z. B. voraussichtlicher Zeitpunkt der Bestellung) vom Tatbestand des Betrugs aus.

Ein weiterer Unterschied betrifft die erforderliche psychische Einstellung des Täters. In Deutschland ist es allgemein anerkannt, dass die Straftat des Betrugs die Absicht des Täters erfordert. Dies bedeutet jedoch, dass schon das „in Kauf nehmen“ (dolus eventualis) genügt [2]. In Polen vertritt die einhellige Rechtsprechung einen anderen Standpunkt, und zwar, dass der Täter betrügerisches Verhalten gezielt auf die Vermögensverfügung beziehen muss (dolus directus coloratus) [3].  

Der letzte wichtige Unterschied ist darin zu sehen, dass – während in Deutschland die Verfolgung gemäß § 263 i.V.m. § 248a StGB bei geringfügigen Schäden (nicht mehr als 50 Euro [4]), wie dies die deutschen Juristen auslegen, auf Antrag erfolgt – der Betrüger in Polen mit einer staatsanwaltlichen Ermittlung auch dann zu rechnen hat, wenn der Schaden sehr gering ist.

Diese Unterschiede führen zur Schlussfolgerung, dass der Schutz der Vermögensinteressen durch das polnische und das deutsche Strafrecht, wiewohl im Allgemeinen ähnlich ausgeprägt, in Einzelheiten andere Beweisstrategien und zum Teil auch eine andere Einstellung des Rechtsanwalts erfordert, der als Bevollmächtigter im Strafprozess die Interessen des Geschädigten wahrnimmt.

[1] Vgl. z. B. T. Oczkowski [in:] R. Zawłocki (Hrg.) System prawa karnego, Bd. IX. Przestępstwa przeciwko mieniu i gospodarcze, S. 129.

[2] Vgl. BGH wistra 1992, 234 und K. Tiedemann (red.) StGB Kommentar, Bd. XI, Berlin 2011, S. 276.

[3] Vgl. z. B. III KK 308/12 (KZS 2013 nr 6, poz. 37).

[4] Vgl. OLG Hamm NJW 2003, 3145, OLG Oldenburg NStZ-RR 2005, 111, V. Krey, U. Hellmann, Strafrecht, Besonderer Teil: Vermögensdelikte, Berlin 2008, S. 86.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Marcin Byczyk

Beiträge zum Thema