Bosch-Enthüllungen: Mercedes war im Diesel-Abgasskandal von Anfang an dabei

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Seit 2006 hat die deutsche Automobilindustrie den Diesel-Abgasskandal geplant und umgesetzt. Neben VW und Audi waren auch die beiden Luxusmarken Mercedes und BMW dabei. Die Veröffentlichungen von Unterlagen des Autozulieferers Bosch haben das eindrucksvoll unterstrichen. Gerade für die Mercedes-Benz Group AG (früher Daimler AG) wird das vor Gericht Konsequenzen haben. Bisher hat das Unternehmen jegliche illegale Manipulation an der Abgasreinigung bestritten. Seit dem 17. November 2022 ist klar: Mercedes hat Abschalteinrichtungen bestellt und das Unternehmen war über die Illegalität der Software unterrichtet. Damit erhält der Abgasskandal bei Mercedes eine neue Dimension. Die Chancen auf Schadensersatz für klagende Verbraucher sind durch das offensichtlich vorsätzliche Handeln der Verantwortlichen deutlich gestiegen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer rät zur anwaltlichen Beratung im kostenlosen Online-Check. Die Kanzlei führt derzeit die Musterfeststellungsklage gegen Mercedes an.

DUH sieht Abgasskandal als Auftragsarbeit von VW, Audi, Mercedes und BMW

Mit der Veröffentlichung der Bosch-Unterlagen ist es der Deutschen Umwelthilfe (DUH) nach eigenen Worten gelungen, den größten Industrieskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte als eine Auftragsarbeit der vier größten Automobilunternehmen Deutschlands zu identifizieren. „Es handelt sich um eine vom Auftragnehmer Bosch umgesetzte Programmierung, nicht um eine Eigenmächtigkeit einzelner VW-Ingenieure. Audi, BMW, Daimler, VW und Bosch wussten nach diesen bis ins Jahr 2006 zurückreichenden Unterlagen ganz genau, dass die vor 16 Jahren in einer konspirativen Sitzung in Auftrag gegebene Betrugssoftware illegal ist. Die Verweigerung einer funktionierenden Abgasreinigung hat pro Diesel-Pkw mehrere hundert Euro eingespart und den Unternehmen mehr als 30 Milliarden Euro Gewinn eingebracht“, berechnete die DUH.

Mercedes war im Diesel-Abgasskandal von Anfang an dabei

Was steht nun konkret in den Unterlagen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat die Bosch-Dokumente auf ihrer Website veröffentlicht und sie im Hinblick auf die Rolle Mercedes ausgewertet:  Nach Durchsicht der Unterlagen hat sich bestätigt, dass Mercedes bewusst getäuscht hat. Bereits 2006 hat Bosch die beteiligten Hersteller darauf hingewiesen, dass die eingesetzte Technik illegal sein kann. Offensichtlich hat es Mercedes aber dennoch unterlassen, den Vorgang mit den Behörden abzustimmen. Warum liegt auf der Hand: Die Fahrzeuge wären nie genehmigt worden. Aus unserer Sicht belegen die Dokumente den breitflächigen Betrug zahlreicher Hersteller. Gerichte können Klagen aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer nicht mehr mit dem Argument abweisen, der Hersteller habe sich geirrt, die Rechtslage war zu unsicher. Das Gegenteil ist der Fall, man hat bewusst Kunden und Behörden betrogen, um Gewinne einzustreichen. Das alles auf dem Rücken der Umwelt und der Gesundheit der Menschen.

Wer einen Blick in die Unterlagen unternimmt, findet in einer Liste zum Beispiel eine Funktion mit der Bezeichnung "SCR dosing limitation" auf. Diese sorgt dafür, die bei SCR-Katalysatoren zur Diesel-Abgasreinigung notwendige Zuführung von Harnstoff ("AdBlue") zu reduzieren – "über Bauteilschutzgründe hinaus". So steht es in einer Spalte, die mit der Überschrift "Potenziell kritische Verwendung" versehen ist. Das Fahrzeug ist folglich deutlich schmutziger unterwegs als möglich. Kunden, die Bosch damit beliefert hat, sind dem Dokument zufolge die Hersteller Daimler und Fiat. Der Begriff Bauteilschutz ist wichtig, weil eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2007 den Automobilherstellern den Einsatz von Abschalteinrichtungen nur dann gestattet, wenn sie etwa zum Schutz von Motor-Bauteilen notwendig sind. Inzwischen ist klar: In der Branche wurde die Ausnahme zur Regel. Und auch die als sauber geltenden Motoren mit Harnstoff-Einspritzung werden manipuliert und sind ihr Geld nicht wert. Es wird für Mercedes vor Gericht nun schier unmöglich werden, sich vom Vorwurf der vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung nach BGB 826§ frei sprechen zu lassen. Das gilt natürlich auch für die Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Stuttgart.


Foto(s): Pixabay

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