Bremen: Verschlüsselungspflicht der Anwaltskommunikation?

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Verschlüsselung der Kommunikation zwischen Rechtsanwälten und Mandanten ist zu einem Streitthema zwischen Datenschutzbehörden und juristischen Interessenvertretungen geworden. Die jüngsten Forderungen der Bremer Datenschutzbehörde für die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) von E-Mails im Rechtsverkehr werfen nicht nur in Bremen, sondern potenziell in allen Bundesländern, brisante Fragen auf. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen dieser Diskussion, die Positionen der beteiligten Akteure und wirft einen Blick auf alternative Kommunikationskanäle.


Rechtliche Grundlagen und Auslegung

Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
Die rechtlichen Grundlagen der vorgeschlagenen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) sind verankert in Artikel 32 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), welche von der Bremer Datenschutzbehörde als Ausgangspunkt für ihre Forderungen genutzt wird. Während der Text der DSGVO recht offen formuliert ist und lediglich „geeignete technische und organisatorische Maßnahmen“ zum Schutz personenbezogener Daten vorschreibt, deutet die Bremer Behörde diese Anforderungen als Notwendigkeit für E2EE. Diese strenge Auslegung stützt sich auf die Prämisse, dass bereits die Nennung von Namen oder die Verwendung von spezifischen E-Mail-Adressen besonders schützenswerte personenbezogene Daten in den Kommunikationsfluss einbringen. Zudem würden die von Anwälten verbreiteten personenbezogenen Daten unter den Geheimnisschutz des Paragrafen 203 des Strafgesetzbuchs (StGB) sowie das Berufsgeheimnis fallen.

Position der Rechtsanwaltskammern
Im Gegensatz dazu halten sowohl die Rechtsanwaltskammer (RAK) in Bremen als auch verschiedene Experten und Anwälte die bisherige Praxis der Transportverschlüsselung für ausreichend. Sie argumentieren, dass bereits die Konferenz der Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder im Jahr 2021 Verschlüsselung auf der Transportebene als hinreichenden Basisschutz erachtet hat. Dies spricht für eine weniger strenge Auslegung der DSGVO, zumindest in den Augen dieser Interessengruppen. Hinzu kommt die Tatsache, dass sogar das besondere elektronische Anwaltspostfach (BeA), ein von der Justiz und den Behörden eingesetztes Kommunikationsmittel, keine E2EE vorschreibt. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich gebilligt, dass die Daten im Rechenzentrum auf dem Transportweg entschlüsselt und dann wieder verschlüsselt werden können.

Reaktionen und Kritik
Die Reaktionen auf die Forderungen der Bremer Datenschutzbehörde sind gemischt. Während einige die Forderungen als wichtigen Schritt im Sinne des Datenschutzes begrüßen, sehen andere darin eine „übergriffige Bevormundung“. Die Kritik stützt sich nicht nur auf die bereits genannten Auslegungsunterschiede der DSGVO, sondern auch auf die pragmatische Überlegung, dass E2EE in der Praxis schwierig umzusetzen sein könnte und zusätzliche Kosten für Kanzleien bedeuten würde. Solche Kritikpunkte sollten im Kontext der laufenden Diskussion nicht unterschätzt werden.


Verschärfung in anderen Bundesländern?

Was die Ausweitung der Bremer Regelung auf andere Bundesländer angeht, so liegt es durchaus im Bereich des Möglichen, dass ähnliche Verschärfungen auch außerhalb Bremens in Erwägung gezogen werden könnten. Ein solches Vorgehen würde die Notwendigkeit für Anwälte erhöhen, alternative Kommunikationswege ernsthaft zu prüfen. In diesem Zusammenhang verdienen spezielle Mandanten-Apps besondere Aufmerksamkeit. Diese könnten nicht nur eine DSGVO-konforme und verschlüsselte Kommunikation ermöglichen, sondern darüber hinaus weitere Funktionen wie den direkten Zugang zu wichtigen Dokumenten, Terminerinnerungen oder sogar Videoberatungen anbieten. Der Einsatz einer solchen App könnte somit nicht nur datenschutzrechtlichen Bedenken Rechnung tragen, sondern zugleich als signifikanter Wettbewerbsvorteil fungieren. Vor dem Hintergrund des wachsenden Wettbewerbs in der Anwaltschaft könnten solche innovativen Lösungen entscheidende Vorteile bieten.


Fazit
Die Diskussion um die E2EE in der anwaltlichen Kommunikation ist noch lange nicht abgeschlossen. Während die Bremer Datenschutzbehörde auf eine strikte Auslegung der DSGVO setzt, sehen andere Institutionen und Juristen weniger dringenden Handlungsbedarf. Vor dem Hintergrund möglicher ähnlicher Initiativen in anderen Bundesländern sollten Anwälte jedoch prüfen, ob alternative Kommunikationskanäle wie spezialisierte Mandanten-Apps nicht nur in puncto Sicherheit, sondern auch als Wettbewerbsvorteil dienlich sein könnten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Goldmaier

Beiträge zum Thema