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Bundesverfassungsgericht erweitert Adoptionsrecht für homosexuelle Lebenspartner

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Das Bundesverfassungsgericht hat heute die Adoptionsrechte gleichgeschlechtlicher Lebenspartner denen von Ehegatten in einem weiteren Punkt gleichgestellt. Lebenspartner dürfen nun auch die bereits von ihrem Lebenspartner adoptierten Kinder adoptieren. Diese sogenannte Sukzessivadoption blieb ihnen bisher verschlossen. Lebenspartner konnten seit dem Jahr 2005 lediglich leibliche Kinder ihres Lebenspartners adoptieren - sogenannte Stiefkindadoption. Der die Adoption leiblicher Kinder ermöglichende § 9 Abs. 7 des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) verwies jedoch nicht auf die Regel, die Verheirateten die Sukzessivadoption erlaubt.

Ärztin aus Münster legte Verfassungsbeschwerde ein

Auf diese gesetzliche Regelung hat sich auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm 2009 berufen, als es einen entsprechenden Antrag einer Ärztin aus Münster auf Adoption abgelehnt hatte. Die Frau hatte 2005 eine Lebenspartnerschaft begründet. Ihre Lebenspartnerin hatte bereits vorher ein aus Bulgarien stammendes Kind adoptiert. Im Jahr 2008 wollte die Ärztin dieses ebenfalls als Kind annehmen, was ihr verwehrt wurde. Gegen die Ablehnung legte sie Verfassungsbeschwerde ein und berief sich auf die Grundrechte der Gleichbehandlung und den Schutz der Familie.

Ungleichbehandlung Homosexueller nicht gerechtfertigt

Die Gleichbehandlung sah das Verfassungsgericht nun als verletzt, das Grundrecht auf Schutz der Familie jedoch nur als berührt an. Es gibt keine Rechtfertigung, Lebenspartner bei der Sukzessivadoption schlechter als Verheiratete zu stellen. Eine eingetragene Lebenspartnerschaft ist genauso dauerhaft angelegt und mit gegenseitigen Pflichten und Rechten ausgestaltet wie die Ehe. Nicht zuletzt bringt die Adoption auch eine Reihe von Verbesserungen, was Unterhaltsrecht und Erbrecht des Kindes betrifft, sollte die Lebenspartnerschaft durch Trennung oder Tod enden. Adoptierte Kinder in schwulen und lesbischen Beziehungen würden diesbezüglich sonst schlechter stehen als leibliche Kinder. Die dadurch behüteteren Verhältnisse dienen zudem dem Aufwachsen des Kindes. Homosexuelle Lebenspartner dürfen daher ab sofort nicht nur leibliche Kinder, sondern auch sogenannte Fremdkinder adoptieren. Die zugrunde liegende Norm darf bis zu einer dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung bis zum 30. Juni 2014 einer Sukzessivadoption nicht entgegenstehen.

Das Elterngrundrecht und Familiengrundrecht sah das Gericht jedoch als nicht verletzt. Die elterliche Sorge von Lebenspartnern ist bereits entsprechend ausgestaltet, dass ein Lebenspartner auch ohne Adoption entsprechende elterliche Befugnisse gem. § 9 LPartG hat. Die Kinder sind nicht elternlos, da sie zumindest ihren Adoptivvater bzw. ihre Adoptivmutter als Elternteil haben. Das Grundrecht auf Schutz der Familie gilt nicht bereits dann, wenn eine faktische Eltern-Kind-Gemeinschaft überhaupt besteht. Dementsprechend muss der Staat ihr nicht stets das volle Elternrecht zubilligen. Die Verfassungsrichter entschieden damit auch über eine Richtervorlage des OLG Hamburg. Dieses wollte die Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Normen in einem anderen Fall selbst vom Bundesverfassungsgericht geklärt haben.

Gemeinsame Adoption durch schwule und lesbische Paare bleibt offen

Die nächste Entscheidung aus Karlsruhe über unterschiedliche Behandlungen von Ehegatten und Lebenspartnern steht bereits an. Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich noch in diesem Jahr entscheiden, ob die bisherige Verwehrung des Ehegattensplittings für gleichgeschlechtliche Lebenspartner mit der Verfassung in Einklang steht. Mit einer Entscheidung für die steuerliche Gleichbehandlung wird gerechnet. Die Frage der gemeinschaftlichen Adoption von Kindern von Paaren Schwuler und Lesben bleibt hingegen weiter offen. Hier sind derzeit noch keine Verfahren anhängig.

(BVerfG, Urteil v. 19.02.2013, Az.: 1 BvR 3247/09)

(GUE)

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