Bußgeldbescheid aus Italien - Einspruch vor Gericht

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Haben Sie in Italien unbemerkt eine verkehrsberuhigte Zone (ZTL) befahren oder sind von einem Radargerät geblitzt worden, wird der Bußgeldbescheid meist erst nach Monaten oder auch nach über einem Jahr dem Fahrzeughalter ins Ausland zugestellt.

Die Zustellung erfolgt per internationalem Einschreiben oder seltener über den Amtsweg, sprich über die zuständige Regierungsbehörde.

Dieser Bußgeldbescheid aus Italien kann schon ab einem Betrag von 70,00 € im europäischen Ausland mittels Amtshilfe vollstreckt werden und ist also auf keinen Fall zu ignorieren.

Der Bußgeldbescheid kann innerhalb von 60 Tagen vor dem zuständigen Friedensgericht (Giudice di Pace) mittels Widerspruchsverfahren angefochten werden, wobei ein Einspruch meist wegen formeller Fehler  (Verjährung, Nichtigkeit der Zustellung, fehlendes Beweisfoto, fehlendes Warnschild usw.) sinnvoll und rechtlich ratsam ist.

Der Widerspruch sollte mit anwaltlicher Vertretung erfolgen, um eine ordnungsgemäße telematische Einreichung und rechtlich korrekte Abfassung des Rekurses sicherzustellen.

Tipp: Eine jüngst ergangene  Entscheidung der vereinigten Senate des Kassationsgerichtshofs in Rom Urteil Nr. 2866/2021) hat geurteilt, dass eine direkte Postzustellung eines Bußgeldbescheids aus Italien nach Deutschland nichtig ist.

Bestätigt wurde dies auch durch das jüngst ergangene Urteil Cass.SS.UU. n. 08/04/2022, n. 11550. 

Hierzu muss man wissen, dass die Zustellung von Verwaltungsakten im internationalen Abkommen von Straßburg aus dem Jahre 1977 geregelt ist, welches die direkte Postzustellung zwar erlaubt, aber den einzelnen Staaten die Möglichkeit gegeben hat, sich dem zu widersetzen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich der direkten Postzustellung von Verwaltungsakten, also auch Bußgeldbescheiden, aus dem Ausland widersetzt, so dass ein Einspruch rechtlich geboten ist, um eine Zwangsvollstreckung des italienischen Bußgeldbescheids zu vermeiden.

Verjährung eines Bußgeldbescheids aus Italien - was tun?

Laut Art. 201 der italienischen Straßenverkehrsordnung (Legislativdekret Nr. 285/1992) muss der Bußgeldbescheid innerhalb von 360 Tagen ins Ausland zugestellt werden, wobei laut neuester Rechtssprechung das Datum der Aufgabe der Sendung maßgebend ist.

Es passiert erfahrungsgemäß jedoch sehr oft, dass ein Bußgeldbescheid aus Italien nach der gesetzlichen Frist von 360 Tagen zugestellt wird.

Auch in diesem Falle ist eine gerichtliche Anfechtung angeraten, denn laut italienischem Recht wirkt eine Verjährung nicht automatisch, sondern sie muss innerhalb der gesetzlichen Anfechtungsfrist von 60 Tagen gerichtlich mittels Einspruchsverfahren eingewandt werden und die Verjährung eingewandt werden, das italienische Gericht muss also den Bußgeldbescheid explizit Aufheben.

Tipp: wenn der Bußgeldbescheid aus Italien direkt per Post nach Deutschland zugestellt wurde gibt es keine einzuhaltende Frist von 60 Tagen für die Anfechtung, zumal mangels rechtsgültiger Zustellung die Anfechtungsfrist nicht ablaufen kann. 

Bußgeldbescheide aus Italien - Abmahnungen durch Inkassobüros

Viele italienische Gemeinden und Polizeibehörden bedienen sich bei der Eintreibung des Bußgelds privater Inkassobüros (z.B. ETI Experts, NIVI usw.).

Auch diese Abmahnungen sind nicht zu ignorieren, da meist der zugrunde liegende Bußgeldbescheid nichtig oder verjährt ist, diese Nichtigkeit jedoch gerichtlich vor dem zuständigen italienischen Friedensgericht (Giudice di Pace) eingewandt werden muss, um eine drohende Zwangsvollstreckung zu vermeiden. 

Punkteabzug vom Führerschein wegen eines Bußgeldbescheids aus Italien

Viele wissen nicht, dass Italien schon vor zwanzig Jahren ein Punktesystem auch für ausländische Führerscheine eingeführt hat (Art. 6-ter D.L. 27.06.2003 Nr. 151).

Sobald die Punkte (Anfangssaldo 20 Punkte) aufgebraucht sind, also null erreichen, wird ein Fahrverbot für Italien verhängt.

Einmal mehr als 60 km/h zu schnell gefahren (10 Punkte) und  ein anderes mal z.B. als LKW- Fahrer die Ruhezeiten missachtet (10 Punkte) , oder ein unzulässiges Wendemanöver vor der Autobahn, und schon droht ein Fahrverbot in Italien.

Also ist auch aus diesem Grunde eine gerichtliche anwaltliche Anfechtung des Bußgeldbescheids aus Italien anzuraten.


Bußgeldbescheide aus Italien vor Gericht anfechten und eine sofortige Aussetzung der Vollstreckbarkeit erwirken

Im Einspruchsverfahren vor dem zuständigen Friedensgericht kann laut Art. 7 des Gesetzes 150/2011 eine sofortige Aussetzung der Vollstreckbatrkeit des italienischen Bußgeldbescheids beantragt werden. Dies ist vor allem in Bezug auf die Nebenstrafen (Fahrverbot, Beschlagnahme, amtliche Stilllegung des Fahrzeugs) ein wichtiges Instrument, um nicht die ganze Verfahrensdauer abwarten zu müssen, bis das Urteil zugestellt wird.

Hier denke man auf einen LKW- Fahrer oder ein Busunternehmen, welche ansonsten erhebliche Schäden durch den später annullierten Strafbescheid erleiden würden.

Sollte eine einstweilige Aussetzung nicht gewährt werden und der italienische Bußgeldbescheid am Ende im Urteil annulliert werden, ist eine Amtshaftungsklage wegen Schadenersatz zu prüfen. 

Die Kosten eines Einspruchs

Die Rechtsschutzversicherungen übernehmen in der Regel die Kosten für  das gerichtliche Widerspruchsverfahren im Rahmen der gesetzlichen Gebührenordnung (M.D. 55/2014 und 147/2022).

Um die Übernahme der Prozesskosten durch die Versicherung vorab abzuklären, wird eine Deckungszusage durch den Rechtsanwalt eingeholt.

In der Regel findet im Einspruchsverfahren vor dem zuständigen Friedensgericht nur eine Verhandlung statt, zu der der Mandant nicht persönlich erscheinen muss.

Weiters muss laut Art. 91 ital. ZPO die Gegenpartei im Falle eines Obsiegens zum Ersatz der Prozesskosten verurteilt werden.

Foto(s): https://pixabay.com/it


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