Cannabisfahrt: Sofortentzug oder MPU?

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Keine sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis bei einmaliger Fahrt unter der Wirkung von Cannabis. Verkürzt dargestellt, ist dies die Kernaussage des aktuellen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH München) vom 25.04.2017. Der VGH München hat entschieden:

„Bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten kann die Fahrerlaubnisbehörde nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen. Vielmehr sieht § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV hierfür die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor“ (VGH München, Urt. V. 25.04.2017 – 11 BV 17.33).

Beim Cannabiskonsum sind verschiedene Konsumformen zu trennen. In der vorliegenden Konstellation geht es um den sog. Gelegenheitskonsumenten. Gelegenheitskonsument ist nach der Rechtsprechung derjenige, der bereits zwei Mal, aber nicht täglich oder fast täglich, Cannabis konsumiert. Das dürfte die weit größte Fallgruppe in der Praxis sein.

Gängige Verwaltungspraxis – und vielleicht bald „Veraltungspraxis“ – in allen Bundesländern war bislang, dass auch bei einer einmaligen Cannabisfahrt eines Gelegenheitskonsumenten die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen ist.

Das basiert auf der Entscheidung des BVerwG vom 23.10.2014 – 3 C 3.13. Demnach galt bislang bundesweit Folgendes:

„Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt dann nicht in der gebotenen Weise zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn er fährt, obwohl eine durch den Drogenkonsum bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist“ (BVerwG a. a. O.).

Das bedeutet, wer unter der Wirkung von Cannabis (also ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml), ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr fährt, muss mit der sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen.

Dem stellt sich nunmehr der VGH München entgegen und stellt klar, dass in einem solchen Fall zunächst eine Überprüfung der Fahreignung mittels MPU zu erfolgen habe.

Die Entscheidung ist rechtsdogmatisch sehr überzeugend begründet. Die Entscheidung bezieht sich auf den Fall einer als Ordnungswidrigkeit geahndeten Tat, mithin einer Drogenfahrt nach § 24 a des Straßenverkehrsgesetzes. Das ist ebenfalls der Regelfall.

Rechtsgrundlage für Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde bei einer solchen Drogenfahrt ist § 14 der Fahrerlaubnisverordnung (FEV).

§ 14 Absatz 1 Satz 3 FEV lautet:

„Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.“

Demgegenüber ist in§ 14 Absatz 2 Nr. 3 FEV geregelt:

„Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.“ (Hervorhebung durch Unterzeichner)

Wenn nun aber bei einer zweimaligen Fahrt unter Cannabiseinfluss zwingend eine MPU anzuordnen ist, dann stellt sich doch die Frage, weshalb bei einer einmaligen Drogenfahrt nach § 24 a StVG der Sofortentzug gerechtfertigt sein soll. Demnach „dürfte“ der Wiederholungstäter zur MPU, während der Ersttäter sofort den Führerschein abgeben müsste. Das erscheint systemwidrig und kann so vom Gesetzgeber nicht gemeint gewesen sein.

Abschließend möchte aber nicht unerwähnt lassen, dass die Führerscheinstellen – jedenfalls außerhalb Bayerns – weiterhin von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgehen und die Fahrerlaubnis sofort entziehen.

Das Urteil des VGH München ist nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesverwaltungsgericht in dieser Sache entscheiden wird.


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