Dänisches Recht: Handelsvertreter in Dänemark

  • 9 Minuten Lesezeit

Rechtsgrundlage

Das dänische Handelsvertretergesetz (handelsagentloven), Gesetz-Nr. 272 vom 2. Mai 1990, basiert auf einer EU-Richtlinie vom 18. Dezember 1986 (86/653/EWG). Dies bedeutet, dass die gleichen Regeln mit einzelnen Modifikationen für Handelsvertreter aller Mitgliedstaaten der EU gelten.

Für Handelsvertreter gilt nicht die gleiche Vertragsfreiheit wie für Alleinvertriebshändler. Nach dem dänischen Handelsvertretergesetz gibt es eine Reihe von Vereinbarungen, die nicht im Voraus getroffen werden können, wenn der Handelsvertreter dadurch schlechter gestellt würde, als im Handelsvertretergesetz vorgesehen ist. Dabei handelt es sich beispielsweise um den Anspruch des Handelsvertreters auf Provision.

Somit besteht die Möglichkeit, dass, obwohl etwas vereinbart wurde, dies jedoch nicht gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht werden kann. Vielleicht hat man in der Tat eine bessere Rechtsstellung als im Vertrag vorgesehen.

Handelsvertretervertrag

Nach dänischem Recht besteht ein großes Maß an Vertragsfreiheit, und als allgemeiner Grundsatz gilt, dass Vereinbarungen sowohl mündlich als auch schriftlich geschlossen werden können. Ferner können Vereinbarungen als durch stillschweigende Zustimmung oder durch die tatsächlichen Handlungen der Parteien geschlossen angesehen werden.

Nach § 3 des dänischen Handelsvertretergesetzes können sowohl der Handelsvertreter als auch der Unternehmer den Abschluss eines schriftlichen Vertrages verlangen. Wenn von einer der Parteien das Mitwirken beim Abschluss eines schriftlichen Vertrages verweigert wird, kann dies je nach den Umständen als Verletzung angesehen werden. Dies spielt doch kaum eine große Rolle in der Praxis. In der Anfangsphase, in der typisch der Vertrag verlangt wird, empfiehlt es sich wegen der künftigen Zusammenarbeit selten, die Vertragsverletzung geltend zu machen.

Handelsvertreter

In der Wirtschaft herrscht oft Verwirrung darüber, worin sich der Handelsvertreter beispielsweise vom Alleinvertriebshändler unterscheidet, und selbst in Fällen, in denen ein schriftlicher Vertrag geschlossen wurde, wird das Wort „Handelsvertreter“ häufig synonym mit beispielsweise „Alleinvertriebshändler“ oder „Vermittler“ angewandt.

Maßgebend ist jedoch nicht nur, welche Titel gewählt wurden, sondern auch wie man eigentlich miteinander Geschäfte macht, welche Gepflogenheiten und Praktiken sich entwickelt haben, und wie die Zusammenarbeit übrigens geregelt ist.

Vermittler („mellemmand“) ist die gemeinsame juristische Bezeichnung für die Gesamtkategorie der Unternehmen bzw. Personen, die im Vertrieb von Produkten eines Herstellers an Kunden tätig sind. Alleinvertriebshändler, Handelsvertreter, Händler, Kommissionäre usw. sind alle Vermittler.

Im § 2 des dänischen Handelsvertretergesetzes ist der Begriff Handelsvertreter wie folgt definiert:

„Handelsvertreter nach diesem Gesetz ist, wer sich gegen Entgelt verpflichtet hat, sich für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) für dessen Rechnung selbständig und ständig um den Verkauf oder Kauf von Waren durch die Einholung von Angeboten (Aufträge) für den Unternehmer oder durch den Abschluss von Geschäften in dessen Namen zu bemühen.“

Ein Handelsvertreter ist somit ein selbständiger Gewerbetreibender (kein Angestellter), der typisch die Waren des Herstellers innerhalb eines bestimmten Gebiets verkauft. In der Praxis erfolgt dies dadurch, dass der Handelsvertreter seine Kunden besucht oder Kunden aufsucht, beispielsweise auf Messen, und Bestellungen für die Waren des Herstellers entgegennimmt und an den Hersteller weiterleitet. Die Abwicklung der Bestellung erfolgt durch den Hersteller selbst, und die Zahlung für die Waren wird auch an den Hersteller geleistet. Das dänische Handelsvertretergesetz erstreckt sich im Gegensatz zu den Bestimmungen des deutschen Handelsgesetzbuches nicht auf den Verkauf von Dienstleistungen.

Handelsvertreter- und Wettbewerbsrecht

Im Ausgangspunkt unterliegen Handelsvertreter, die für den Unternehmer ausschließlich Geschäfte vermittelt, keiner wettbewerbsrechtlichen Regelung. Der Handelsvertreter wird in solchen Fällen als integrierter Teil der Vertriebsorganisation des Unternehmers angesehen und ist im Verhältnis zu anderen als betrauter Vermittler des Unternehmers tätig. Der Unternehmer ist somit weiterhin ein aktiver Wettbewerber auf dem Markt, nutzt aber den Handelsvertreter als ausführenden Akteur. Handelsvertreter, die ein höheres wirtschaftliches Risiko übernehmen, unterliegen unter Umständen den Wettbewerbsregeln.

Eintragung

Handelsvertreter, die in Dänemark geschäftlich tätig sind, müssen in das dänische Handelsregister (Centrale Virksomhedsregister (CVR)) eingetragen werden, in dem alle Gesellschaften (Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften) und Personengesellschaften (Offene Handelsgesellschaften, Einpersonengesellschaft) eingetragen sind. Sie müssen nicht beim dänischen Finanzamt (SKAT) zu Mehrwertsteuerzwecken registriert werden, da der Hersteller den Kauf abschließt und die Abrechnung mit den Kunden durchführt. Der Hersteller erhebt in diesem Zusammenhang Mehrwertsteuer und rechnet diese ab.

Generelles zu Pflichten und Rechten des Handelsvertretervertrages

§ 4 und § 5 des Handelsvertretervertrages sind für die Pflichten des Handelsvertreters und des Unternehmers maßgebend.

Bei der Ausübung seiner Tätigkeit hat der Handelsvertreter die Interessen des Unternehmers loyal und nach den Geboten von Treu und Glauben wahrzunehmen. Im Besonderen muss der Handelsvertreter 1) sich in angemessener Weise für die Einholung von Angeboten einsetzen, 2) den Unternehmer über eingeholte Angebote oder abgeschlossene Geschäfte sowie über sonstige Umstände, von denen der Handelsvertreter Kenntnis erlangt hat, und von denen der Unternehmer Kenntnis haben sollte, benachrichtigen und 3) den vom Unternehmer erteilten angemessenen Weisungen nachkommen.

Der Unternehmer hat sich gegenüber dem Handelsvertreter loyal und nach den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten. Im Besonderen hat der Unternehmer dem Handelsvertreter:

  1. die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die sich auf die betreffenden Waren beziehen,
  2. die für die Ausführung des Handelsvertretervertrages erforderlichen Informationen bereitzustellen, und
  3. dem Handelsvertreter insbesondere binnen angemessener Frist über die Annahme oder die Ablehnung von vom Handelsvertreter übermittelten Angeboten und die Nichtausführung der vom Handelsvertreter vermittelten Geschäfte zu benachrichtigen. Wenn der Unternehmer absieht, dass der Umfang der      Geschäfte erheblich geringer sein wird, als der Handelsvertreter normalerweise hätte erwarten können, hat er binnen angemessener den Handelsvertreter zu benachrichtigen.

Die Regeln sind breit formuliert und sollen vor allem verdeutlichen, dass der Handelsvertreter verpflichtet ist, die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen, und diese nicht willkürlich außer Acht lassen dürfen, und dass der Unternehmer den Handelsvertreter in seinen Verkaufsbemühungen loyal zu unterstützen hat.

Die Regeln geben keine klare Antwort auf die Frage, inwieweit der Handelsvertreter nur für einen Unternehmer tätig sein darf, oder ob ihm freisteht, für beliebig viele Unternehmer tätig zu sein. Um etwaige künftige Konflikte vorzubeugen, empfiehlt sich, dies schriftlich festzulegen. Wenn keine Vereinbarung dazu vorliegt, wird das Verhalten des Handelsvertreters in der Regel erst dann als illoyal angesehen, wenn er in unmittelbarem Wettbewerb mit dem Unternehmer tätig ist.

Umfang der Arbeit

Der Handelsvertreter hat die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen und sich loyal und nach den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der Handelsvertreter nicht den Kunden gegenüber loyal zu verhalten hat, Vorrang hat aber die Wahrnehmung der Interessen des Unternehmers.

Es liegt jedoch in der Natur der Beziehung, dass man als Handelsvertreter verpflichtet ist, sich in angemessener Weise um den Verkauf der Waren des Unternehmers zu bemühen. Um Uneinigkeit über den Umfang dieser Bemühungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, diesbezügliche Bestimmungen in dem Handelsvertretervertrag aufzunehmen.

Es ist zu beachten, dass solche im Vertrag enthaltene Spezifizierungen später gegen die jeweilige Partei verwendet werden können. Waren die Parteien bei der Bewertung der Marktmöglichkeiten zu optimistisch, und kann der vereinbarte Mindestverkauf unmöglich erzielt werden, kann dies zur Folge haben, dass dem Unternehmer „ein einfacher Weg“ aus dem Vertrag offensteht, ohne dass der Handelsvertreter sonst seine vertraglichen Pflichten verletzt hat.

Wenn der zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer geschlossenen Vertrag dem Handelsvertreter ein ausschließliches Recht zur Vermittlung der betreffenden Waren einräumt, sind die Anforderungen an die Bemühungen des Handelsvertreters höher, da der Unternehmer daran gehindert ist, seine Waren über andere Kanäle zu vertreiben.

Informationspflicht

Zusätzlich zu der Benachrichtigung des Unternehmers über Angebote und geschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter dem Unternehmer andere wesentliche Informationen zu übermitteln. Um welche Informationen es sich handelt, ist von den Vereinbarungen der Parteien und von der Verkehrsauffassung in den relevanten Branchen abhängig.

Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die für die Ausführung seiner Aufgaben erforderlichen Auskünfte und Informationen zu geben, beispielsweise Informationen über generelle Marktverhältnisse, konkrete Auskünfte zum Verkauf und Bezug, zur Produktentwicklung, zu Preisen usw. Wenn der Unternehmer absieht, dass der Umfang der Geschäfte erheblich geringer sein wird, als der Handelsvertreter vor dem Hintergrund des Vertrages oder des bisherigen Geschäftsumfangs hätte erwarten können, hat der Unternehmer binnen angemessener den Handelsvertreter zu benachrichtigen.

Der Unternehmer hat binnen angemessener Frist dem Handelsvertreter über die Annahme oder die Ablehnung der vom Handelsvertreter vermittelten Geschäfte zu benachrichtigen. Dies kann durch die Übersendung einer Kopie der Rechnung, der Auftragsbestätigung oder ähnliches an den Handelsvertreter erfolgen. Es sei denn, es besteht eine anderslautende Vereinbarung, sollte eine Mitteilung über den Stand der vermittelten Angebote monatlich gemacht werden.

Warenverteilung und Lagerhaltung

Warenverteilung und Lagerhaltung sind nicht Aufgabe des Handelsvertreters, es sei denn, dies wurde vereinbart. Normalerweise werden die Bestellungen vom Handelsvertreter an den Unternehmer geleitet, worauf der Unternehmer die Waren direkt an den Kunden aus seinem Lager liefert.

Beanstandungen der Kunden

Falls ein Käufer eine Ware beanstanden will, kann er die Ware dem Handelsvertreter gegenüber beanstanden. Der Handelsvertreter hat die Beanstandung an den Unternehmer weiterzuleiten. Der Handelsvertreter darf im Ausgangspunkt nicht zu der Beanstandung Stellung nehmen.

Vergütung – Provision

Wurde die Höhe der Vergütung des Handelsvertreters für dessen Tätigkeit nicht im Voraus vereinbart, hat der Handelsvertreter Anspruch auf eine Vergütung, die an dem Ort, an dem er seine Tätigkeit ausübt, für die Vertretung von Waren, die den Gegenstand des Handelsvertretervertrags bilden, üblich ist. Die Vergütung des Handelsvertreters wird als Provision bezeichnet.

In Handelsvertreterverhältnissen wird die Vergütung normalerweise als ein Prozentsatz von 8 bis 15 % des Umsatzes innerhalb des Gebiets des Handelsvertreters berechnet.

Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters gegenüber dem Unternehmer ist spätestens zu einem der folgenden Zeitpunkte fällig: Der Kunde hat den Kaufpreis gezahlt, die Ware wurde geliefert, oder die Ware sollte nach Vertrag geliefert werden. Die Provision muss spätestens am letzten Tag des Monats des Vierteljahres, in dem der Anspruch auf Provision fällig wurde, gezahlt werden. Ein späterer Fälligkeitszeitpunkt kann nicht vereinbart werden.

Dauer und Kündigung

Wurde der Handelsvertretungsvertrag nicht für einen bestimmten Zeitraum geschlossen, kann sowohl der Handelsvertreter als auch der Unternehmer – innerhalb des ersten Jahres nach dem Abschluss des Vertrages – den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen. Die Kündigungsfrist verlängert sich um 1 Monat für jedes angefangene Jahr während des Bestehens des Handelsvertretungsvertrages. Die Kündigungsfrist kann höchstens auf 6 Monate verlängert werden, es sei denn, anderes wurde vereinbart.

Schadensersatz und Ausgleich für den Verlust des Kundenkreises (Goodwill)

Wenn der Unternehmer einen befristeten Vertrag vorzeitig gekündigt hat, oder der Unternehmer unberechtigt vom Vertrag zurückgetreten ist, so hat der Handelsvertreter Anspruch auf seine zu erwartende Provision bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Vertrag bei der Einhaltung der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist beendet worden wäre.

Der Handelsvertreter hat – im Gegensatz zum Alleinvertriebshändler – Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich nach Beendigung des Vertrages, wenn und soweit der Handelsvertreter für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat.

Voraussetzung für den Anspruch auf einen solchen Ausgleich ist jedoch, dass er unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht, insbesondere ob davon auszugehen ist, dass diese Kunden in Zukunft dem Unternehmer Bestellungen erteilen werden, sodass der Handelsvertreter nach der Beendigung den Anspruch auf die Provision, die ihm bei normaler Fortsetzung des Vertrages zugestanden hätte, verliert. Es ist wichtig, sich vor Auge zu halten, dass der Anspruch auf Provision erlischt, wenn der Handelsvertreter dem Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, dass er seine Rechte geltend macht.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Søren Hauschild Locher

Beiträge zum Thema