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Darf die Oma ihren Enkel taufen?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Allein die Erziehungsberechtigten haben das Recht auf Religionsbestimmung. Die Großeltern dürfen daher ihr Enkelkind nicht selbst taufen.

Wird ein besonders schwach wirkendes, kränkliches Kind geboren, gibt es die Möglichkeit einer sog. Nottaufe. Gerade die katholische Kirche setzt eine Taufe voraus, damit das Baby - sollte es kurz nach der Geburt versterben - in den Himmel kommt. Die Nottaufe kann grundsätzlich von jedem Menschen durchgeführt werden; danach ist aber das zuständige Pfarramt zu unterrichten, das die Taufe in das Taufregister einträgt. Erfolgt die Mitteilung erst Jahre später, ist die Taufhandlung verwirkt.

Katholische Oma tauft Enkelin

Als eine junge Mutter evangelischen Glaubens im Krankenhaus ihre neugeborene Tochter kurz alleine ließ, taufte die streng katholische Großmutter väterlicherseits das kleine Mädchen. Sie erzählte jedoch niemandem davon: weder dem Pfarrer noch dem Ehemann oder ihrem Sohn, dem Kindsvater. Auch dessen Lebensgefährtin, die Mutter des Mädchens, wusste von der Taufe nichts. Erst Jahre später gab die Oma an, kurz nach der Geburt ihrer Enkelin eine Nottaufe vollzogen zu haben, weil das Kind so schwach gewesen sei. Es müsse daher den Kommunionsunterricht besuchen. Die Mutter wollte aber nicht, dass ihre Tochter den Unterricht besucht und zog vor Gericht. Die Nottaufe sei gar nicht nötig gewesen; außerdem verlangte sie, dass die Oma ihre Erklärung, das Kind bereits katholisch getauft zu haben, widerrufe.

Eingriff in das Erziehungsrecht der Mutter

Das Amtsgericht (AG) Hagen gab der Mutter Recht. Da die Eltern zur Zeit der Geburt nicht verheiratet waren, stand allein der Mutter das Recht auf die Religionsbestimmung ihrer Tochter zu. Dieses Recht hat die Oma missachtet, als sie die Taufe durchführte. Da das Baby kerngesund zur Welt kam, war eine Nottaufe auch gar nicht nötig.

Des Weiteren hat die Großmutter jahrelang niemanden über ihre Taufhandlung informiert. Sie hat vielmehr hingenommen, dass ihre Enkelin über Jahre hinweg als nicht getauft galt. Deswegen kann sie sich nun nicht darauf berufen, eine Taufe, zu der sie ohnehin nicht berechtigt war, durchgeführt zu haben. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Zwangsmitgliedschaft des Mädchens zu einer Religionsgemeinschaft führen, was aber zu einem Verstoß gegen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit nach Art. 4 GG (Grundgesetz) geführt hätte.

(AG Hagen, Urteil v. 09.07.2012, Az.: 10 C 187/12)

(VOI)

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