Darlehenswiderruf/Widerrufsjoker lebt – Fristlauf „Vetragsurkunde“ setzt zwei Unterschriften voraus!

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Nach massivem Druck der Bankenlobby hat der Gesetzgeber beim „ewigen“ Widerruf von Immobiliendarlehen mit § 356b Abs. 2 S. 4 BGB eine gesetzliche Verfallsbremse ins Leben gerufen. Danach gilt folgende Regelung: Seit dem 21.06.2016 kann der Widerrufs-Joker nicht mehr für Darlehen gezogen werden, sofern diese vor dem 10.06.2010 abgeschlossen wurden. Wer noch von der Altregelung, sprich dem unbefristeten Widerrufsrecht bei Falschbelehrungen von Verbraucherdarlehen profitieren wollte, muss danach bis zum 21.06.2016 den Widerruf bei seinem Kreditinstitut erklärt haben. Lag der Vertragsschluss zwischen dem 11.06.2010 und 20.3.2016 gilt weiterhin das „ewige“ Widerrufsrecht ohne Fristablauf. Liegt der Vertragsschluss nach dem 20.03.2016 erlischt das Widerrufs-Recht bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag nach der eingangs genannten Vorschrift „spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss.“ Doch bekanntlich leben Totgesagte länger.

Das LG Frankfurt a.M. hat mit Urteil vom 14.06.2017 (Az. 2-07 O 32/17) im Rahmen der dort streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung entschieden, dass selbst Darlehen, welche vor dem 10.06.2010 abgeschlossen wurden und bis dato nicht widerrufen wurden, für den Fall widerrufen und damit rückabgewickelt werden können, falls dem Darlehensnehmer keine Vertragsurkunde – im Sinne eines von beiden Seiten (Darlehensnehmer wie auch Darlehensgeber) unterschriebene schriftliche Originals des Vertrages – ausgehändigt wurde ist. Tatsächlich tragen die Darlehensvertragsformulare häufig nur die Unterschrift des Darlehensnehmers oder der Bank, bestätigt Dr. Martin Heinzelmann, LL.M., Rechtsanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von der Kanzlei MPH Legal Services.

Die beiderseitige Unterschrift ist aber zwingende Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist gemäß § 355 BGB Abs. 2 Satz 3 a. F. BGB, wenn die Bank, wie im vorliegenden Fall, den Fristlauf für die Ausübung des Widerrufsrechts an die Aushändigung der Vertragsurkunde knüpft. Wie der BGH im Urteil vom 21.02.2017, Az. XI ZR 381/16 (Rz. 14) ausführt, ist unter dem Begriff „Vertragsurkunde“ ist hiernach das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags gemeint. Entsprechend könne der Begriff Vertragsurkunde objektiv auch nicht anders und insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, er meine in einem bestimmten Kontext nur den schriftlichen Vertragsantrag des Darlehensgebers.

Das Ziel des Widerrufs der auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung ist die Rückabwicklung des hoch verzinsten Altvertrages, m.a.W. die Entlassung ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung und die Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung auf erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen i. H. v. 2,5 % über Basiszinssatz der EZB. Der wirtschaftliche Vorteil bewegt sich nicht selten in einer Bandbreite von bis zu € 70.000,00.- und darüber. Die anwaltliche Beratung ist hierbei dringend anzuraten, zumal ohne anwaltliche Zuhilfenahme durch den Darlehensnehmer nur sehr selten ein Entgegenkommen der Banken auszumachen ist.

MPH Legal Services, Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann, LL.M., Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, vertritt Darlehensnehmer bundesweit in Darlehenswiderrufsfällen.


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