Das neue EU-Vermögensregister

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Mit dem EU-Vermögensregister scheint das Ende der Privatsphäre von Bürgern der Europäischen Union ein gutes Stück näherzukommen.


Das Regelwerk ist grundsätzlich ein Werkzeug im Kampf gegen nationale und grenzüberschreitende Kriminalität, aber letzten Endes auch ein Kontrollinstrument, das die Finanzinstitutionen der einzelnen Mitgliedsländer schon lange fordern.


In Brüssel herrscht Einigkeit darüber, dass ein solches Register kommen muss, hier sollen dazu befugte Stellen Auskünfte einholen und auch Daten hinterlegen können. Den wirklichen Reichtum eines EU-Bürgers kann man dann nicht mehr nur an der Länge der Yacht schätzen, sondern per Knopfdruck – theoretisch - abrufen.


Fabian Fritsch von der Hamburger Hafencity-Kanzlei ist sicher, dass ein großer Teil von Vermögenswerten innerhalb der EU zwar zulässig erworben und auch versteuert ist, eine Zusammenführung der Daten und damit eine Überprüfbarkeit der Leistungsfähigkeit eines Steuerzahlers aber nicht gegeben ist.


Vermögensregister ist auf dem Weg

Der am 16. Juli 2021 durch einen Beschluss der Politikzentrale der EU in Brüssel eröffnete Prozess hin zu einem verlässlichen und leistungsfähigen Vermögensregister ist ein politischer Vorgang, mit dem die EU Einigkeit in der Aufstellung gegenüber vermögenden Menschen dokumentieren will und auch die Bereitschaft Gewinne gemeinsam bemessen und versteuern zu können


Rechtsanwalt Fritsch: „Der Kampf gegen Schwarzgeld und Finanzpiraterie muss und wird an anderen Stellen geführt werden. Für mich ist das EU-Finanzregister eher ein Werkzeug für den Umgang mit einem Personenkreis, dem sehr sehr viele kleine und mittlere Tore offen stehen, um die echten Vermögensverhältnisse zu verschleiern. Konzentriert man die Ziele des Vermögensregisters darauf, dann kann es funktionieren!“


 So stapelt denn auch Kommissionspräsidentin von der Leyen eher untypisch tief: Für sie ist das Register nur die Ausgangsbasis für kommende Initiativen der EU für eine einheitliche Rechtsgrundlage, gemeinsame Instrumente und vor allem ein gemeinsames Vorgehen der EU-Länder gegen die Abwanderung von Vermögen über die EU-Grenzen in Staaten, die noch heute gute Möglichkeiten bieten, privates Vermögen vor dem Zugriff des Fiskus im Entstehungsland zu verbergen.


Vermögende in Deutschland müssen nicht in Panik geraten: Das im Februar 2023 mit drei Gesetzentwürfen in die parlamentarische Diskussion eingetretene Initiative wird vorerst nur auf EU-Ebene durchsetzen, was in Deutschland ohnehin fast Standard ist.


Fritsch: „Die einzige Gefahr sehe ich in der Besteuerbarkeit eines definitiven Gesamtvermögens und in der nun geschaffenen Möglichkeit, Vermögen zu klassifizieren.“


Finanzierung anstehender Lasten

Dies kann insbesondere vor dem Hintergrund von Diskussionen um eine einheitliche Vermögenssteuer oder Lastenausgleiche wichtig werden. Aktuell sieht man die Folgen des Klimawandels in den südlichen EU-Staaten. Fritsch: „Eine funktionierende EU wird die entstehenden Lasten gemeinsam schultern müssen und das muss finanziert werden!“


Der geplante Regelungsrahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche oder Manipulationen auf dem Finanzmarkt ist laut Fritsch absolut wünschenswert, inwieweit eine Vermögensauskunft per Knopfdruck sinnvoll ist, kommt letzten Endes auf die Blickrichtung an.: „Vermögende in Deutschland sollten zumindest darauf vorbereitet sein, gewünschte Daten auch liefern zu können und dies idealerweise schon jetzt mit ihren Finanzberatern absprechen!“


Fritsch bezweifelt, dass das Register und die im Umfeld zu schaffenden Institutionen zu vollem Durchgriff auf alle Vermögenswerte befähigt sein werden. Das wird ein Prozess sein, der die Dokumentation realistischer Vermögenswerte nicht von Anfang an komplett auf den Kopf stellen und den ‚gläsernen Reichen“ nicht von heute auf morgen erschaffen wird.


Viel Arbeit für die AMLA

rotz alledem wird die Behörde „AMLA“ ihrem Ziel der Geldwäscheverhinderung auch dadurch näherkommen, dass Vermögen aufgespürt werden, ob schmutzig, gewaschen oder in welchem Zustand auch immer. Der Umfang der Möglichkeiten, Vermögen in einem bislang nach fast zulässigen Grenzbereich zu verschleiern, wird dadurch in Zukunft erschwert werden.


Ein bislang unerwähnter Themenbereich betrifft neue Strömungen wie Krypto-Währungen oder sonstiges E-Geld aller Art. Fritsch: „Ich gehe davon aus, dass hier ein großer Fokus der zukünftigen Behördenarbeit auf EU-Ebene liegt und das macht auch Sinn, denn hier explodieren gerade die Umsatzzahlen und das Feld ist kaum regulierbar. Die klassische Schwarzgeldbekämpfung wird sicherlich nur einen kleineren Teil des Regelungsbedarfes der AMLA ausmachen: „Filmreife Erfolgsgeschichten im James-Bond-Stil wird die AMLA sicher nur digital und online schreiben!“


Demnach wird das Vermögensregister auch das „Online-Vermögen“ kartieren, hier insbesondere Investitionen in den Markt, Gewinnabschöpfungen und Abschreibungsmöglichkeiten.


Auch vorhandene Vermögensgegenstände im Wert von mehr als 200.000 Euro sollen verpflichtend ins Register einfließen. Wer also zwei Ferraris hat, braucht die nicht zu melden, sondern erst, wenn er drei hat, völlig unabhängig vom Kontostand, was die „Flucht in die Werte“ erschweren soll.


Vermögenswerte ab 200.000 Euro werden meldepflichtig

Ausländischer Immobilienbesitz muss gemeldet werden. Fritsch: „Ob sich daraus eine neue Besteuerung ergibt, ist derzeit noch nicht absehbar, das hängt auch von den Auslegungsbestimmungen der neuen Rechtsnormen ab und z.B. davon, wie oft und wie detailliert das Vermögensregister aktualisiert werden muss und ob Gewinne und Verluste z.B. aus der Wertentwicklung von Immobilien hier einfließen und von den Steuerbehörden abgerufen werden können.


Unterm Strich: keine Panik: „Das dauert alles noch und keiner weiß etwas Genaues.“


Operativ solle der Kampf gegen die Geldwäsche auf Basis der neuen Verordnungen ab 2024 im neuen Rahmen agieren können. Dass die Kritik daran aktuell vornehmlich von Seiten der Vermögenden und deren Interessenvertretungen kommt, ist klar. Fritsch: „Den durchschnittlichen Verbraucher interessiert das Thema nicht, wohl aber Erben von größeren Vermögen, Erblasser, family offices oder 

familiengeführte Unternehmen!“

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