Das Risikobündel eines Strafverfahrens wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort

  • 3 Minuten Lesezeit

Wenn die Polizei vor der Tür steht oder man von ihr Post bekommt wegen einer angeblichen Beteiligung an einem Verkehrsunfall gibt es an sich nur ein richtiges Verhalten: konsequentes Schweigen!

Das bedeutet vor allem, wirklich keinerlei Auskünfte zur Nutzung des Fahrzeuges, zur Anwesenheit zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort etc. zu geben. Das gilt selbst dann, wenn man von der Polizei als Halter des Fahrzeuges noch als Zeuge bezeichnet wird, denn auch in dieser Funktion kann man mit einer Aussage entweder nur sich selbst oder vermutlich einem engeren Familienangehörigen schaden. Besser ist es daher, zunächst nur Angaben zur Person zu machen und dann juristischen Beistand zu suchen.

Den Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (Unfallflucht/Fahrerflucht) muss sich jeder gefallen lassen, der sich in Kenntnis der Beteiligung an einem Unfall vom Unfallort entfernt (es genügt Beteiligung; man muss nicht der Unfallverursacher sein!), ohne gegenüber einer feststellbereiten Person Angaben zu seiner Person und der Art seiner Beteiligung zu machen. Ein Zettel am anderen Auto genügt nicht.

Ein Strafverfahren birgt immer das Risiko, am Ende verurteilt zu werden. Das bedeutet bei Unfallflucht für einen Ersttäter in einem Fall ohne Personenschaden gewöhnlich, eine Geldstrafe zahlen zu müssen und den Verlust der Fahrerlaubnis. Das ist aber nicht die einzige Folge. Weil damit für den Kraftfahrversicherer des beteiligten Pkw auch feststeht, dass eine Obliegenheit aus dem Versicherungsverhältnis verletzt ist, wird er Regress nehmen wollen und/oder im Bereich der Kaskoversicherung Regulierungen verweigern. Der Regress kann in der Haftpflichtversicherung (Zahlung durch die Versicherung an den Geschädigten und Rückgriff bei dem eigenen Versicherungsnehmer) in schweren Fällen bis 5.000,00 Euro gehen. In der Kaskoversicherung wird man sogar mit völliger Leistungsverweigerung rechnen müssen. Kommt bei einem Unfall auch noch Trunkenheit hinzu, kann der Regress in der Haftpflichtversicherung sogar bis 10.000,00 Euro reichen.

Das ist leider noch nicht das Ende der Unannehmlichkeiten, denn dann, wenn die Verteidigung über eine Rechtschutzversicherung finanziert war, kann dieser Versicherer nach einer Verurteilung rückwirkend den Versicherungsschutz entziehen. Darauf wird meist bei Deckungszusage bereits hingewiesen: „Der Versicherungsschutz entfällt bei einer Verurteilung wegen einer Vorsatzstraftat.“

Der Gesamtschaden bei Unfallflucht

Der Straftatbestand der Unfallflucht ist nur vorsätzlich begehbar. Eine fahrlässige Unfallflucht gibt es im Strafgesetzbuch nicht. Deshalb steht der Vorsatz im Falle einer Verurteilung auch fest. Folge ist dann auch, dass die gerichtlichen Verfahrenskosten von der Versicherung nicht mehr übernommen werden. Wenn Bestandteil der Verteidigung Vorbringen war, das zu technischen Untersuchungen durch Sachverständige führen muss (beispielsweise zur Wahrnehmbarkeit des Unfalls für den Angeklagten), entstehen dadurch relativ hohe Verfahrenskosten, mindestens in einer Größenordnung von 1.000,00 bis 2.000,00 Euro.

Beispiel:

Die Gesamtrechnung bei einem Unfall mit 6.000,00 Euro Schaden am anderen Auto und 4.000,00 Euro Schaden am eigenen Auto kann dann so aussehen:

Geldstrafe 45 Tagessätze zu je 40,00 Euro
(bei einem Einkommen von etwa 1.200,00 Euro netto)

1.800 Euro

Haftpflichtregress

5.000 Euro

nicht regulierter Kaskoeigenschaden

4.000 Euro

gerichtliche Verfahrenskosten

2.500 Euro

Anwaltskosten

1.200 Euro

Gesamtaufwand

14.500 Euro

Und das ist immer noch nicht alles, denn es folgen auch Eintragungen der Verurteilung im Bundeszentralregister und in Flensburg im Fahreignungsregister, dort mit 3 Punkten. War eine Entziehung der Fahrerlaubnis Bestandteil des Strafurteils, folgt eine etwa 6- bis 10-monatige Sperrfrist, innerhalb derer keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden wird. Spielte auch Alkohol eine Rolle, könnte vor der Neuerteilung von der Fahrerlaubnisbehörde eine medizinisch-psychologische Begutachtung verlangt werden. Der finanzielle Aufwand dafür dürfte bei weiteren 2.000,00 bis 3.000,00 Euro liegen.

Ziele des Strafverfahrens

Verteidigungsziel im Strafverfahren muss nicht immer der Freispruch sein. Häufig ist dafür die Ausgangslage zu eindeutig. Bei geringen Schäden bis etwa 800,00 Euro, bei unklarer Situation über die Wahrnehmbarkeit oder anderen umständlich aufzuklärenden Fragen kann auch eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldauflage (das ist keine Geldstrafe!) angestrebt werden. Gelingt das, bleibt zumindest die Rechtsschutzversicherung im Boot, sodass die Verfahrens- und Verteidigerkosten übernommen werden. Die Regressmöglichkeiten der Versicherer bleiben aber überwiegend bestehen. Eintragungen in den Registern unterbleiben und Fahrerlaubnismaßnahmen können bei einer Einstellung auch nicht zusätzlich verhängt werden. So gesehen ist eine Einstellung häufig ein Angebot, das man nicht ausschlagen sollte. – Auf fachanwaltlichen Rat sollten Sie daher nicht verzichten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Klaus Kucklick

Beiträge zum Thema