Der Digital Markets Act und Threads: Was Unternehmen jetzt wissen sollten
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Inhaltsverzeichnis
- Was ist der Digital Markets Act?
- Warum trifft der DMA gerade Threads?
- Interoperabilität – ein Gamechanger für Messenger und Co.
- Welche Vorgaben müssen Gatekeeper künftig einhalten?
- Was droht bei Verstößen?
- Was bedeutet das für kreative Unternehmer und Unternehmen?
- Fazit: Große Veränderungen – mit offenem Ausgang
Stellen Sie sich vor, ein neuer Kurznachrichtendienst tritt an, um Twitter (heute „X“) Konkurrenz zu machen – und schießt direkt durch die Decke. Die App heißt Threads, kommt von Meta (also den Machern von Instagram, Facebook und WhatsApp) und begeistert Millionen von Nutzern weltweit. Nur in der EU? Fehlanzeige.
Warum? Die Antwort liegt (wahrscheinlich) in einem neuen europäischen Gesetz: dem Digital Markets Act – kurz DMA. Diese neue Regelung zielt auf die großen digitalen Plattformen ab und verändert das Spiel für Unternehmen wie Meta, Google, Apple oder Amazon grundlegend.
In einer Folge des Podcasts „Kaffeerecht“ sprechen wir ausführlich über den DMA, Threads und die konkreten Auswirkungen für Unternehmen. Einschalten lohnt sich – praxisnah, fundiert und verständlich.
Was ist der Digital Markets Act?
Der DMA ist eine EU-Verordnung, die seit dem 2. Mai 2023 gilt und ab März 2024 vollständig durchgesetzt werden kann – inklusive Sanktionen. Ziel ist es, faire Wettbewerbsbedingungen im digitalen Raum zu schaffen, insbesondere gegenüber sogenannten Gatekeepern: Große Plattformunternehmen, die eine marktbeherrschende Stellung innehaben und zentrale digitale Dienste anbieten.
Dazu gehören unter anderem:
• Soziale Netzwerke
• Messenger-Dienste
• App-Stores
• Online-Suchmaschinen
• Betriebssysteme
Bisher haben sich sieben Unternehmen selbst als Gatekeeper bei der EU gemeldet – darunter Meta, Alphabet (Google), Apple und Microsoft. Weitere könnten folgen, etwa Booking.com, sobald sie die Umsatz- und Nutzerzahlen wieder erfüllen.
Warum trifft der DMA gerade Threads?
Threads ist mit Instagram verknüpft – wer sich bei Threads anmelden will, muss ein bestehendes Instagram-Konto haben. Ebenso lässt sich ein Threads-Konto nicht löschen, ohne gleichzeitig Instagram zu löschen. Genau hier liegt das Problem: Kopplungsverbot.
Der DMA verbietet es Gatekeepern, Nutzer zur Kombination mehrerer Dienste zu zwingen. Dieses Kopplungsverbot – geregelt in Artikel 5 – könnte erklären, warum Threads in der EU noch nicht gestartet ist. Die technische Verzahnung mit Instagram dürfte gegen diese Regel verstoßen.
Ebenso kritisch: Das Verbot der Datenkombination. Meta dürfte personenbezogene Daten aus Instagram nicht einfach für Threads weiterverwenden. Doch da beide Plattformen so eng verbunden sind, erscheint das schwer trennbar.
Interoperabilität – ein Gamechanger für Messenger und Co.
Ein zentrales Schlagwort im DMA ist die sogenannte Interoperabilität. Was bedeutet das konkret? Plattformen wie WhatsApp, iMessage oder Facebook Messenger sollen künftig miteinander kommunizieren können. Nutzer:innen könnten also z. B. von Signal an WhatsApp schreiben – ohne WhatsApp nutzen zu müssen.
Das Ziel: Mehr Wettbewerb durch niedrigere Wechselhürden und größere Nutzerfreiheit. Für Unternehmen bedeutet das: Auch kleinere oder spezialisierte Dienste (z. B. datenschutzfreundliche Alternativen) könnten sich leichter im Markt behaupten.
Doch es gibt Kritik: Einige Anbieter (z. B. Signal) fürchten, dass dadurch Sicherheitsstandards verwässert werden könnten. Denn wer mit weniger sicheren Diensten kompatibel sein muss, riskiert Kompromisse bei Datenschutz und Verschlüsselung.
Welche Vorgaben müssen Gatekeeper künftig einhalten?
Neben dem Kopplungs- und Datenverknüpfungsverbot sowie der Interoperabilität sieht der DMA zahlreiche weitere Pflichten vor. Dazu gehören etwa:
- Verbot der Selbstbevorzugung: Gatekeeper dürfen ihre eigenen Dienste z. B. in Suchergebnissen nicht bevorzugen.
- Zugang zu Nutzerdaten: Plattformnutzer (auch gewerbliche) sollen leichter auf ihre Daten zugreifen können.
- Möglichkeit zur Deinstallation: Vorinstallierte Apps (z. B. Google Maps oder Apple Mail) sollen deinstallierbar sein.
- Nutzerdatenportabilität: Verbraucher:innen sollen ihre Daten problemlos zu anderen Diensten mitnehmen können.
Alle Gatekeeper müssen diese Regeln automatisch umsetzen, ohne dass es dafür eine gesonderte Aufforderung der EU bedarf.
Was droht bei Verstößen?
Ab März 2024 kann die EU-Kommission bei Verstößen handeln – und das ziemlich drastisch. Möglich sind Bußgelder von bis zu 10 % des weltweiten Konzernumsatzes. Bei wiederholten Verstößen sind sogar bis zu 20 % drin. Eine Zerschlagung von Konzernen – wie in anderen Bereichen denkbar – sieht der DMA aber ausdrücklich nicht vor.
Was bedeutet das für kreative Unternehmer und Unternehmen?
Auch wenn der DMA nur für wenige Großkonzerne direkt gilt, sind die Auswirkungen für alle Nutzer:innen digitaler Dienste spürbar – besonders für Unternehmen, die Plattformen wie Amazon, Apple, Google oder Meta geschäftlich nutzen:
- Wettbewerbsvorteile für kleinere Dienste: Ob im E-Commerce, bei Apps oder Messaging – die Markteintrittsbarrieren sinken.
- Mehr Auswahl für Marketing & Vertrieb: Händler könnten Plattformen leichter wechseln oder mehrere parallel nutzen.
- Bessere Klagemöglichkeiten: Gewerbliche Plattformnutzer können sich künftig vor Gericht gegen Benachteiligungen wehren – auch durch Verbandsklagen.
- Weniger Lock-in-Effekte: Kunden können einfacher wechseln – was auch die Nutzerbindung neu definiert.
Fazit: Große Veränderungen – mit offenem Ausgang
Der Digital Markets Act ist ein echter Paradigmenwechsel im digitalen Binnenmarkt. Er bringt neue Chancen für kleinere Anbieter und mehr Fairness für Nutzer:innen. Gleichzeitig ist offen, wie schnell – und wie umfassend – die Regeln tatsächlich greifen.
Viele Detailfragen sind noch ungeklärt, etwa wie weit Interoperabilität gehen muss oder wann eine vereinfachte Anmeldung bereits eine unzulässige Kopplung darstellt.
👉 Mehr dazu im Podcast Kaffeerecht
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