Die Verlockungen der Aufklärungshilfe im Betäubungsmittelstrafrecht
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Im Betäubungsmittelstrafrecht gibt es etwas, was so bei anderen Delikten nicht gibt. Das Gesetz ermöglicht im § 31 BtMG das Mildern und teilweise sogar das Absehen von Strafe, wenn Aufklärungshilfe geleistet wird.
Das ist zunächst durchaus verlockend, da hierdurch manchmal eine Bewährungsstrafe oder eine Entlassung aus der Untersuchungshaft in Betracht kommt.
Aufklärungshilfe bedeutet, dass durch die Angaben des Beschuldigten die Aufklärung über den Tatbeitrag des Beschuldigten hinaus erheblich gefördert. Hierzu gehören insbesondere Angaben über Mittäter, Gehilfen, Lieferanten und Abnehmer. Der Wert des Benennens der Klein- und Kleinstabnehmer ist hierbei deutlich weniger wert als beispielsweise das Benennen des Lieferanten.
Die Bedeutung der Aussage für die Aufklärung einer Strafsache nimmt jedoch mit fortschreitenden Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft ab. Wer also einen maximalen Strafrabatt will, sollte dann möglichst früh umfassend aussagen.
Die Belastung anderer Personen will aber gut überlegt und mit dem Verteidiger besprochen werden. Es gibt diverse Argumente, welche gegen eine Aufklärungshilfe sprechen bzw. vor der Aussage gut bedacht werden müssen.
1.Entstehen einer Aussagespirale
Es kann zu einer Aussagespirale führen; es kommt häufig in Betäubungsmittelverfahren vor, dass von einem Geständnis belastete Käufer oder Verkäufer die Anzahl und Mengen der Drogen –teilweise wahrheitsgemäß und teilweise auch als Retourkutsche wahrheitswidrig – viel höher angeben und damit eine massive Rückbelastung erfolgt.
2.Die Einziehungsbeträge steigen erheblich
Grundsätzlich müssen Erlöse/Umsätze vom Gericht zugunsten der Saatskasse eingezogen werden. Durch eine umfassende Aussage im Sinne einer Aufklärungshilfe werden in Regel der Justiz viel mehr Umsätze und Geschäfte bekannt als ohne jegliche Aussage. Es macht schon einen Unterschied, ob 5000 € oder 50.000 € eingezogen werden.
3.Man ist später Belastungszeuge in anderen Verfahren
Wenn man umfassend andere Personen in der Aussage belastet, wird man später automatisch in zahlreichen anderen Verfahren Haupt- Belastungszeuge.
4.Gewalt
Es ist durchaus in einigen Kreisen auch das Thema Gewalt durch Hintermänner im Auge zu behalten.
5.Wenn alle schweigen, hat die Justiz häufig nur wenig in der Hand.
In sehr vielen Betäubungsmittelverfahren können ohne umfassende Aussagen einzelner Täter durch andere Beweismittel nur sehr wenige Straftaten nachgewiesen werden. Wenn also alle Beschuldigten schweigen, bleiben am Ende der Ermittlungen dann nur sehr wenige Vorwürfe übrig. Die Absprache zwischen den Strafverteidigern, dass ihre Mandanten umfassend schweigen, ist rechtlich zulässig.
6.Umfassende Aussagen birgen das Risiko neuer Ermittlungsverfahren
Wenn umfassende Aussagen Dritte belasten, dann müssen die Angaben natürlich wahrheitsgemäß sein. Häufig werden aber bei den Vernehmungen den Beschuldigten gewisse Aussagen mehr oder wenig in den Mund gelegt. Es kommt leider immer wieder vor, dass sich belastende Aussagen später als teilweise oder vollständig falsch erweisen. Dann kommt es automatisch zu einem neuen Ermittlungsverfahren (u.a. wegen falscher Verdächtigung).
Diese dargestellten Punkte sollen mit einem erfahrenen Verteidiger besprochen werden.
Ulli H. Boldt
Rechtsanwalt
Alle Angaben gelten für alle Geschlechter. Verteidigerinnen sind sicher genauso gut wie männliche Verteidiger.
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