Die (versuchte) Strafvereitelung gemäß § 258 StGB - darum sollten Zeugen einen Anwalt beauftragen
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Sollten Sie verdächtigt werden, z.B. durch eine Zeugenaussage, eine Straftat vereitelt zu haben, wird Ihnen der folgende Beitrag von Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Gescher, Ahaus, Dülmen) erläutern, wann eine solche Tat tatsächlich strafbar ist und welche Konsequenzen Sie zu befürchten. Sie sollten nicht zögern und einen Strafverteidiger zu konsultieren, welcher Ihnen die Einzelheiten näher erläutern kann und nach Akteneinsicht anhand Ihres Falles beurteilt, ob und inwieweit Sie sich strafbar gemacht haben.
Was ist Strafvereitelung? Welche Strafe erwartet mich?
Strafvereitelung begeht, wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer eine Strafe wegen einer Straftat erhält oder einer Maßnahme unterworfen wird. Ebenso strafbar ist es, die Vollstreckung einer Strafe oder einer solchen Maßnahme zu vereiteln. Wer Strafvereitelung begeht wird gemäß § 258 Abs. 1, 2 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe bestraft. Unterschieden wird zwischen der Verfolgungsvereitelung (Abs. 1) und der Vollstreckungsvereitelung (Abs. 2).
Verfolgungsvereitelung gem. § 258 Abs. 1 StGB
Eine Verfolgung kann nur vereitelt werden, sollte eine rechtswidrige und schuldhafte Tat von einer anderen Person begangen worden sein. Es muss also zunächst ein staatlicher Anspruch auf Bestrafung oder Anordnung einer Maßnahme gegenüber der anderen Person bestehen. Die Strafe kann eine Freiheitsstrafe oder Geldbuße sein, jedoch sind auch Fahrverbote oder beispielsweise ein Jagdausübungsverbot solche Strafen. Eine vereitelte Maßnahme könnte beispielsweise die Einziehung einer Sache (z.B. zu beschlagnahmendes Handy), die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt sein.
Durch den Täter muss dieser staatliche Verfolgungsanspruch gegenüber der anderen Person nun ganz oder zum Teil vereitelt werden. Dabei kann jede Besserstellung der anderen Person als Vereitelung gewertet werden. Zur Vereitlung genügt, dass der Verfolgungsanspruch zumindest eine geraume Zeit verzögert wird.
Beispiele für eine Vereitelung sind:
- Beseitigen von Tatspuren
- Verbergen des Täters / Beschuldigten oder die Hilfe zur Flucht. Auch das Organisieren eines „Untertauchens“ im Ausland vereitelt die Verfolgung der Straftat.
- Besonders häufig geht es um den Täter begünstigende Falschaussagen (oder was die Staatsanwaltschaft dafür hält)
- unberechtigtes Nutzen des nicht bestehenden Zeugnisverweigerungsrechts.
- Sollte man einen Brief eines U-Haft Gefangenen aus dr JVA hinausschmuggeln, dann stellt dies ebenfalls eine Strafvereitelung dar
Übliche sozialadäquate Handlung insbesondere berufstypische Handlungen scheiden von der Strafbarkeit aus. Nicht strafbar ist folglich das ärztliche Versorgen eines Flüchtigen, das Einstellen von Geflohenen an einem Arbeitsplatz, die Vermietung von Wohnraum an sie oder das berufsmäßige Beherbergen eines Täters.
Ebenfalls keine Vereitelung ist beispielsweise der Hinweis auf eine Möglichkeit zur Tätigen Reue. Sollte z.B. ein Bankmitarbeiter bei einer Steuerstraftat die andere Person auf die Möglichkeit zur strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 AO hinweisen, dann stellt dies keine Strafvereitelung durch den Bankmitarbeiter dar.
Vollstreckungsvereitelung gem. § 258 Abs. 2 StGB
Eine Vollstreckung kann nur vereitelt werden, wenn gegen eine Person eine Strafe oder Maßnahme rechtskräftig verhängt wurde. Es muss eine vollstreckbare Entscheidung vorliegen. Die Vollstreckung dieser muss zumindest nicht unerheblich verzögert werden. Darunter kann beispielweise das Verstecken einer Person zu verstehen sein oder die Hilfe zur Flucht vor einer Freiheitsstrafe.
Vorsätzliche Begehung der Tat
Im Gesetz steht, dass man absichtlich oder wissentlich die Strafe oder Maßnahme vereiteln muss. Dies bedeutet, dass man die Besserstellung der Person erstreben oder zumindest als sichere Folge des eigenen Handels voraussehen muss.
Hinsichtlich der Begehung der Straftat oder der Verurteilung der anderen Person muss der Täter nur bedingten Vorsatz haben. Dies bedeutet man muss nur zumindest mit der Möglichkeit rechnen, dass die andere Person eine Straftat begangen haben könnte bzw. sich der Vollstreckung einer Strafe entziehen möchte. Eine genaue Vorstellung ist nicht erforderlich.
Ist der Versuch strafbar und wann begehe ich einen Versuch?
Der Versuch der Strafvereitelung ist gemäß § 258 Abs. 4 StGB strafbar. Liegt kein Vereitelungserfolgt dar, also scheitert zum Bespiel die Flucht, dann liegt nur eine versuchte Strafvereitelung vor. Der Versuch beginnt mit dem Beginn der Handlung, die den Vereitlungserfolg unmittelbar erreichen soll. Dies kann beispielsweise das Einreden auf die andere Person sein, damit diese flieht.
Bei der zeugenschaftlichen Falschaussage genügt nicht bereits die bloße Zusage, die falsche Aussage vorzunehmen, sondern erst mit Beginn der Aussage beginnt der Versuch. Der Versuchsbeginn muss immer individuell, je nachdem wie die Straftat vereitelt werden soll, bestimmt werden.
Strafausschließungsgründe gem. § 258 Abs. 5, 6 StGB
In § 258 Abs. 5 und Abs. 6 StGB finden sich einige Strafausschließungsgründe.
Nach § 258 Abs. 5 StGB wird nicht bestraft, wer durch die Vereitelung die eigene Bestrafung verhindern will. Oftmals ist dies der Fall, wenn man an der Vortat beteiligt war. Sollte man beispielsweise einem anderen Vortatbeteiligten helfen, weil dieser einen sonst als Tatbeteiligten offenbart, ist dies nicht strafbar. Dies greift jedoch nicht, wenn der Vortatbeteiligte wegen der Vortat rechtskräftig abgeurteilt wurde. Ebenso ist zu betonen, dass nur die Strafbarkeit gem. § 258 StGB entfällt. Werden durch die Handlung auch andere Straftatbestände erfüllt, dann sind diese weiterhin strafbar.
§ 258 Abs. 6 StGB gewährt Straffreiheit für den Fall, dass man zugunsten eines Angehörigen handelt.
Kein Strafverfahren ohne Strafrechtsanwalt - auch nicht als Zeuge!
Aus seiner jahrelangen Erfahrung als Strafverteidiger heraus weiß Rechtanwalt Urbanzyk, dass insbesondere die Strafverfolgung wegen einer (angeblich) falschen Zeugenaussage oft vermieden werden könnte, wenn sich bereits Zeugen eines Zeugenbeistands bedient hätten. Hierzu ist insbesondere dann dringend zu raten, wenn man als Zeuge "irgendwie" im Lager des Beschuldigten oder Angeklagten steht. Polizei und Staatsanwaltschaft sind gerade bei sogenannten Entlastungszeugen derart kritisch, dass sich diese nicht allein in diese Rolle begeben sollten.
Sollten Sie nun beschuldigt werden eine solche Tat begangen zu haben, dann sollten Sie umgehend einen erfahrenen Strafverteidiger engagieren, der sich erst einmal so schnell es geht die Akte von der Staatsanwaltschaft kommen läßt und Sie danach umfassend über die Sach- und Rechtslage berät und Ihnen zur Seite steht.
Die vermeintliche eigene Unschuld sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden und Sie von der Beauftragung eines Fachanwalts für Strafrecht abhalten. Durch eine frühzeitige Verteidigung können schon im Ermittlungsverfahren entscheidende Schritte gegangen werden, um den Vorwurf der Strafvereitelung zu entkräften und eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen! Machen Sie keine unüberlegten Aussagen gegenüber der Polizei, sondern bleiben Sie ruhig und lassen Sie nur ihren Anwalt mit den Ermittlungsbehörden in Kontakt treten.

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