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Anzeige oder Verhaftung wegen Vergewaltigung (§ 177 StGB) – Was tun als Beschuldigter?

  • 10 Minuten Lesezeit

Eine Vorladung zur Polizei. Eine Hausdurchsuchung frühmorgens. Oder sogar Untersuchungshaft. Wenn Sie beschuldigt werden, eine Vergewaltigung begangen zu haben (§ 177 StGB), steht Ihre gesamte Zukunft auf dem Spiel.

Viele Betroffene geraten in Panik und wissen nicht, was sie tun sollen. Soll man zur Polizei gehen? Die Wahrheit sagen? Schweigen? Oder einen Anwalt einschalten?

Fest steht: Der Vorwurf der Vergewaltigung zählt zu den schwerwiegendsten im deutschen Strafrecht. Schon der Verdacht kann ausreichen, um beruflich, sozial und familiär alles zu verlieren. Deshalb ist jetzt nicht der Moment für Experimente oder Nachlässigkeit – sondern für eine kluge, diskrete und entschlossene Verteidigung. 

Für viele Beschuldigte ist dies der Moment, in dem ihr gesamtes Leben aus den Fugen gerät. Beziehungen zerbrechen, der Arbeitsplatz ist in Gefahr, Freunde wenden sich ab – noch bevor ein Gericht überhaupt ein Urteil gefällt hat.

Und das ist genau das Problem: In kaum einem anderen Bereich des Strafrechts wiegt der bloße Vorwurf so schwer wie im Sexualstrafrecht. Umso wichtiger ist eine schnelle, durchdachte und professionelle Verteidigung – von Anfang an.


§ 177 StGB – Was genau ist „Vergewaltigung“ im strafrechtlichen Sinn?

Seit der Gesetzesreform im Jahr 2016 ist der Begriff des sexuellen Übergriffs umfassender geworden. Mit dem neuen Gesetz ist ein sexueller Übergriff schon strafbar, wenn er gegen den erkennbaren Willen einer Person ausgeführt wird. Es kommt nicht mehr darauf an, ob eine betroffene Person sich gegen den Übergriff körperlich wehrt hat oder warum ihr dies nicht gelingt.

Die wichtigsten Merkmale nach § 177 StGB:

  • Sexuelle Handlungen gegen den ausdrücklich oder erkennbar geäußerten Willen

Wichtig: Auch zwischen langjährigen Partnern, Eheleuten oder Ex-Partnern kann ein Tatvorwurf wegen Vergewaltigung entstehen – denn juristisch zählt nicht die Beziehung, sondern die Situation und das Verhalten in einem bestimmten Moment


Varianten des § 177 StGB – Die Tatbestände im Überblick

Der Straftatbestand der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung (§ 177 StGB) ist komplex aufgebaut. Er unterscheidet verschiedene Fallgruppen mit teils sehr unterschiedlichen Strafandrohungen – von sechs Monaten bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Für Betroffene bedeutet das: Eine präzise rechtliche Einordnung des Vorwurfs ist entscheidend.

1. Sexueller Übergriff – Grundtatbestand

Bereits eine sexuelle Handlung gegen den erkennbaren Willen einer Person erfüllt den Tatbestand des sexuellen Übergriffs (§ 177 Abs. 1 StGB). Das Gesetz verlangt keinen körperlichen Widerstand – entscheidend ist der geäußerte oder erkennbare Wille.

  • Strafrahmen: 6 Monate bis 5 Jahre

  • Beispiele: „Nein“ wurde klar gesagt, aber ignoriert; das Opfer friert ein („Freezing“) und äußert keine Zustimmung

  • Besonderheit: Aussage des vermeintlichen Opfers kann genügen – Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen sind häufig

2. Ausnutzen einer eingeschränkten Willensbildung oder Wehrlosigkeit

§ 177 Abs. 2 erfasst Fälle, in denen der Täter eine Situation gezielt ausnutzt, in der das Opfer nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu äußern – etwa durch Schlaf, Bewusstlosigkeit, Krankheit oder Überraschung.

  • Strafrahmen: 6 Monate bis 5 Jahre

  • Typische Varianten:

    • Opfer ist schlafend oder betäubt (Abs. 2 Nr. 1)

    • Opfer ist psychisch beeinträchtigt (Nr. 2)

    • Täter nutzt ein Überraschungsmoment (Nr. 3)

    • Drohung oder Zwang liegt vor (Nr. 4 und 5)

  • Hinweis: Hier ist keine Gewalt im engeren Sinne nötig – es reicht die Ausnutzung der Lage

3. Strafverschärfungen bei besonderen Umständen

In schwereren Konstellationen sieht das Gesetz verschärfte Strafrahmen vor – mit teils erheblich höheren Mindeststrafen.

a) Krankheit oder Behinderung des Opfers (§ 177 Abs. 4)

  • Wenn die eingeschränkte Willensbildung auf einer Krankheit oder Behinderung beruht

  • Strafrahmen: mindestens 1 Jahr

b) Gewalt, Drohung oder Schutzlosigkeit (§ 177 Abs. 5)

  • Anwendung von Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben

  • Ausnutzen einer schutzlosen Lage

  • Strafrahmen: mindestens 1 Jahr

4. Vergewaltigung und gemeinschaftliche Tatbegehung (§ 177 Abs. 6)

Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn z. B. der Beischlaf vollzogen oder das Opfer besonders erniedrigt wird. Auch die gemeinschaftliche Tatbegehung (durch mehrere Täter) führt zur Strafschärfung.

  • Vergewaltigung: Vollzug des Beischlafs oder andere besonders erniedrigende Handlungen mit Eindringen

  • Strafrahmen: mindestens 2 Jahre

5. Bewaffnete Sexualstraftaten (§ 177 Abs. 7 und 8)

Kommt eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug ins Spiel – oder wird das Opfer schwer verletzt oder lebensgefährlich angegriffen, steigen die Strafen deutlich.

  • Abs. 7 (Waffe mitgeführt, Widerstandsmittel, schwere Gesundheitsschädigung): mindestens 3 Jahre

  • Abs. 8 (Waffe aktiv verwendet, Misshandlung oder Lebensgefahr): mindestens 5 Jahre

6. Minder schwere Fälle (§ 177 Abs. 9)

Das Gesetz erkennt an, dass es Konstellationen mit milderen Umständen geben kann. In diesen Fällen kann das Gericht niedrigere Strafen verhängen.

  • Minder schwere Fälle:

    • Abs. 1 und 2: 3 Monate bis 3 Jahre

    • Abs. 4 und 5: 6 Monate bis 10 Jahre

    • Abs. 7 und 8: 1 Jahr bis 10 Jahre


„Aussage gegen Aussage“ – Wie geht die Justiz damit um?

In vielen Fällen gibt es keine Zeugen, keine Videoaufnahmen, keine Spuren – lediglich zwei Aussagen, die sich widersprechen.

In solchen Situationen stützen sich Gerichte und Staatsanwaltschaften auf die sogenannte Aussagepsychologie. Entscheidend wird dann oft:

  • Ist die Aussage des angeblichen Opfers in sich schlüssig und widerspruchsfrei?

  • Wie detailreich und lebensnah ist sie?

  • Gibt es Anhaltspunkte für eine Falschbeschuldigung (z. B. Sorgerechtsstreit, Eifersucht)?

  • Gab es frühzeitige Offenbarungen an Dritte, etwa Freundinnen oder Therapeuten?

  • Haben sich die Aussagen im Laufe des Verfahrens verändert?

Ein erfahrener Strafverteidiger wird genau hier ansetzen: Widersprüche aufdecken, alternative Abläufe darlegen, Motive für Falschbeschuldigungen analysieren.


Was droht bei einer Verurteilung?

Die Strafen bei Vergewaltigungsvorwürfen sind massiv – schon bei der Grundform von § 177 drohen mehrere Jahre Haft. 

Darüber hinaus folgen meist soziale und berufliche Konsequenzen:

  • Disziplinarverfahren bei Beamten oder Soldaten

  • Kündigung oder Suspendierung im Job

  • Führungszeugnis-Eintrag

  • Einschränkungen bei Sorgerecht oder Umgangsrecht


Erste Schritte im Ermittlungsverfahren – So verhalten Sie sich richtig

Gerade die ersten Tage und Wochen nach einer Anzeige sind entscheidend für den weiteren Verlauf. Die größte Gefahr: In dem Wunsch, „die Sache aufzuklären“, machen viele Beschuldigte Aussagen, die später gegen sie verwendet werden – selbst wenn sie sich unschuldig fühlen.

Daher gilt:

  1. Keine Aussage gegenüber der Polizei oder Dritten!
    Selbst scheinbar harmlose Bemerkungen können als Geständnis gewertet werden.

  2. Sofort einen Strafverteidiger einschalten!
    Nur ein spezialisierter Anwalt kennt die Fallstricke und Taktiken der Strafverfolgungsbehörden.

  3. Keine Kontaktaufnahme mit dem angeblichen Opfer!
    Auch keine Entschuldigungen oder Nachrichten – das kann als Beeinflussung oder Schuldeingeständnis gewertet werden.

  4. Beweismittel sichern!
    Speichern Sie Chatverläufe, Nachrichten, Anruflisten, Kalendernotizen, Fotos, E-Mails oder Standortverläufe.

  5. Keine Gespräche mit Freunden, Kollegen oder Bekannten über den Vorfall!
    Diese können als Zeugen geladen und zur Aussage gezwungen werden.


Wie läuft ein Verfahren bei Vergewaltigung ab?

Ein Ermittlungsverfahren kann sich über viele Monate hinziehen – selbst wenn sich am Ende der Vorwurf nicht bestätigt. Typischer Ablauf:

  1. Strafanzeige (oft durch das vermeintliche Opfer selbst, teils durch Dritte)

  2. Einleitung eines Ermittlungsverfahrens

  3. Vernehmung oder Vorladung des Beschuldigten

  4. Sicherstellung von Beweismitteln

  5. Evtl. Anordnung von U-Haft oder Hausdurchsuchung

  6. Entscheidung: Einstellung, Strafbefehl oder Anklage

  7. Hauptverhandlung (vor dem Amtsgericht oder Landgericht)

  8. Urteil

Je früher ein Strafverteidiger eingebunden ist, desto eher kann das Verfahren bereits im Ermittlungsstadium gestoppt werden.


Verteidigung gegen den schwersten Vorwurf außerhalb des Mordparagrafen

Der Vorwurf der Vergewaltigung ist mehr als nur juristisch brisant – er ist gesellschaftlich stigmatisierend. Daher braucht es eine Verteidigungsstrategie, die rechtlich fundiert, taktisch klug und menschlich klar ist. Die folgenden Aspekte sind entscheidend:

Die passende Verteidigungsstrategie – individuell statt standardisiert

1. Schweigen – das wichtigste Werkzeug

Einer der häufigsten Fehler: Beschuldigte äußern sich zu früh und unüberlegt. Dabei ist es oft der erste Eindruck, der Ermittler prägt. Deshalb ist das Schweigen nicht etwa ein Schuldeingeständnis – sondern Ausdruck einer klugen Verteidigung.

2. Akteneinsicht durch den Anwalt

Erst nach vollständiger Akteneinsicht – inklusive der Aussagen, Gutachten und Beweismittel – lässt sich eine fundierte Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen. Niemand sollte sich vorher äußern.

3. Aussagepsychologische Gutachten hinterfragen

Die Glaubhaftigkeit der Belastungsperson steht häufig im Mittelpunkt. Aussagepsychologische Gutachten sind dabei oft entscheidend – aber auch angreifbar. Ein spezialisierter Strafverteidiger kennt die Schwachstellen: Widersprüche, suggestive Befragungen, fehlende Validität der Analyse.

4. Beweisführung durch digitale Kommunikation

Chats, SMS, Social-Media-Nachrichten oder Standortverläufe können Indizien für einvernehmlichen Kontakt oder gar Falschbeschuldigungen liefern. Auch widersprüchliche Aussagen des angeblichen Opfers in digitalen Medien können helfen, den Tatvorwurf zu entkräften.

5. Alternative Tatabläufe darlegen

Die Verteidigung kann nicht nur bestreiten, sondern aktiv andere Erklärungen anbieten: Missverständnis, beiderseitige Einwilligung, Erinnerungslücken durch Alkohol oder Drogen. Das erhöht die Zweifel an einer „Verurteilung mit letzter Sicherheit“.


Falschbeschuldigungen – leider keine Seltenheit

So brisant es auch klingt: Nicht jede Anzeige wegen Vergewaltigung ist wahrheitsgemäß. Es gibt eine Vielzahl nachweislicher Falschbeschuldigungen – aus den unterschiedlichsten Motiven:

  • Rache nach einer Trennung oder Zurückweisung

  • Druck durch Dritte, z. B. Familie oder Partner

  • Sorgerechts- oder Scheidungsstreitigkeiten

  • Ablenkung von eigenem Fehlverhalten

  • Psychische Erkrankungen oder dissoziative Störungen

Gerichte und Ermittler sind verpflichtet, auch die Möglichkeit einer bewussten oder unbewussten Falschbeschuldigung zu prüfen – doch in der Realität geschieht das nicht immer mit dem nötigen Maß an Neutralität.

Die Rolle des Verteidigers:

Ein guter Strafverteidiger erkennt, wann eine konstruierte Geschichte vorliegt – und weiß, wie sie juristisch entkräftet werden kann: durch Zeugen, Aussagen zum Nachtatverhalten, externe Chatverläufe oder Widersprüche.


Umgang mit Öffentlichkeit und Medien

Gerade in Verfahren wegen Sexualstraftaten ist Diskretion entscheidend. Dennoch dringen Informationen häufig an Arbeitgeber, Nachbarn oder Bekannte. Deshalb:

  • Anonymität und Persönlichkeitsrechte schützen – auch durch Anträge bei Gericht

  • Bei prominenten Fällen ggf. Kommunikationsstrategie über Rechtsanwalt entwickeln

  • Kontaktverbote und Auflagen prüfen und aktiv gestalten

Der Strafverteidiger sollte hier auch beratend zur Seite stehen, nicht nur juristisch, sondern auch menschlich. Denn: Die öffentliche Meinung verurteilt oft lange vor dem Urteil.


Die Hauptverhandlung – was erwartet Sie?

Ist die Anklage erst einmal erhoben, kommt es zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht oder Landgericht. Der Ablauf:

  1. Verlesung der Anklage

  2. Vernehmung des Angeklagten

  3. Vernehmung der Zeugin/des Zeugen

  4. Aussagepsychologische Gutachten

  5. Befragung weiterer Zeugen (z. B. Freundinnen, Polizei, Ärzte)

  6. Plädoyers und Urteil

Wichtig: In der Praxis entscheiden nicht nur Fakten, sondern auch der persönliche Eindruck. Die Glaubwürdigkeit aller Beteiligten, der Verlauf der Verhandlung, die Wortwahl – all das fließt in die Urteilsfindung ein.


Vermeiden Sie diese Fehler vor Gericht:

  • Keine unüberlegten Entschuldigungen („Wenn ich dich verletzt habe …“)

  • Keine Emotionalität im Gerichtssaal, die als Schuldbewusstsein interpretiert wird

  • Nicht ohne Absprache mit dem Anwalt sprechen – auch nicht in Pausen oder auf dem Flur


Und wenn es zur Verurteilung kommt?

Auch wenn es zu einer Verurteilung kommt – die Verteidigung ist nicht vorbei. Es gibt Rechtsmittel:

  • Berufung (bei Urteilen des Amtsgerichts)

  • Revision (bei Urteilen des Landgerichts)

  • Wiederaufnahmeverfahren (in seltenen Ausnahmefällen)

Ein Strafverteidiger prüft genau, ob Formfehler, Beweiswürdigungsfehler oder Verletzungen der Verteidigungsrechte vorliegen.


Untersuchungshaft bei Vergewaltigung: Die Realität

Bei einem Anfangsverdacht wegen Vergewaltigung wird regelmäßig ein Haftbefehl erlassen – insbesondere wenn einer der folgenden Haftgründe vorliegt:

  • Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO)

  • Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO)

  • Wiederholungsgefahr (§ 112a StPO)

  • Schwere der Tat in Verbindung mit drohender hoher Freiheitsstrafe

In der Praxis reicht oftmals eine einzige Aussage der belastenden Person, um die Inhaftierung zu rechtfertigen – besonders wenn angeblich Gewalt oder Drohung im Spiel waren.

Was tun, wenn ein Angehöriger verhaftet wurde?

  • Ruhe bewahren. Keine Aussagen gegenüber der Polizei tätigen.

  • Einen Strafverteidiger beauftragen.

  • Keine Briefe oder Nachrichten mit belastenden Aussagen an den Inhaftierten senden.

  • Beweismittel sichern: Chatverläufe, Zeugen, Standorte, Fotos

Ein Verteidiger kann dann zügig Akteneinsicht beantragen und einen Haftprüfungsantrag stellen (§ 117 StPO) oder Haftbeschwerde einlegen (§ 304 StPO), um die Entlassung aus U-Haft zu erreichen.


Auswirkungen auf Job, Familie, Aufenthalt – was steht auf dem Spiel?

Ein Verfahren wegen § 177 StGB hat nicht nur strafrechtliche Konsequenzen. Auch der soziale und wirtschaftliche Schaden kann enorm sein:

1. Berufliche Konsequenzen

  • Suspendierung vom Dienst (bei Beamten oder Angestellten im öffentlichen Dienst)

  • Kündigung durch den Arbeitgeber – teilweise schon bei bloßer Verdachtskündigung

  • Berufsverbot bei Medizinern, Pädagogen, Juristen etc.

2. Ausländerrechtliche Folgen

  • Widerruf der Aufenthaltserlaubnis (§ 52 AufenthG)

  • Ablehnung von Einbürgerungsanträgen

  • Risiko der Abschiebung 

3. Familiäre Konsequenzen

  • Ausschluss aus der Wohnung bei Kontaktverbot

  • Verlust des Umgangsrechts bei Kindern

  • Zerrüttung familiärer Beziehungen durch gesellschaftliche Vorverurteilung

Hier ist anwaltliche Begleitung über das Strafverfahren hinaus notwendig – Strafrecht, Ausländerrecht, Familienrecht und Arbeitsrecht greifen ineinander.


Beispiele aus der Verteidigungspraxis

Fall 1: Beziehungskonflikt eskaliert

Ein Mann wird von seiner Ex-Partnerin angezeigt. Sie behauptet, der Geschlechtsverkehr sei gegen ihren Willen erfolgt. Der Angeklagte bestreitet das. Im Chatverlauf finden sich mehrdeutige Aussagen, aber auch Hinweise auf vorherige freiwillige Treffen. Aussagepsychologisches Gutachten ergibt: nicht hinreichend glaubhaft. Ergebnis: Freispruch.

Fall 2: Alkoholisierter Clubbesuch

Nach einem Clubbesuch kommt es zum Geschlechtsverkehr. Das angebliche Opfer sagt, es sei „ohnmächtig gewesen“. Der Verteidiger kann nachweisen, dass sie unmittelbar nach der Tat Nachrichten und Bilder verschickte. Ein toxikologisches Gutachten ergibt, dass keine vollständige Handlungsunfähigkeit vorlag. Ergebnis: Verfahren wird eingestellt.

Fall 3: Falschbeschuldigung zur Druckausübung

Ein Mann soll eine junge Frau in einer WG belästigt haben. Diese hatte jedoch einem anderen Mitbewohner gegenüber geäußert, sie wolle ihn „loswerden“. Die Aussagen widersprechen sich massiv. Die Verteidigung beantragt wegen Falschbeschuldigung den Freispruch. Ergebnis: Freispruch. Die Zeugin wird wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) angezeigt.

Was ist der Unterschied zwischen sexuellem Übergriff und Vergewaltigung?

Beides ist im § 177 StGB geregelt. Die „Vergewaltigung“ liegt dann vor, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind

Muss es körperliche Gewalt geben?

Nein. Auch Drohungen, Überraschungsmomente oder das Ausnutzen eines schlafenden oder betrunkenen Zustands können genügen. Der Gesetzgeber hat den Tatbestand bewusst weit gefasst.

Kann ich trotz Aussage der Frau freigesprochen werden?

Ja – eine bloße Aussage reicht nicht für eine Verurteilung, wenn sie nicht glaubhaft oder nicht glaubwürdig ist. Das Gericht muss von der Schuld mit „Sicherheit, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet“ überzeugt sein.

Foto(s): https://www.pexels.com/de-de/@tima-miroshnichenko/

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