Doppelte Staatsbürgerschaft und Einbürgerung – bisherige Staatsbürgerschaft behalten

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Voraussetzungen für die Einbürgerung

Wer als Ausländer seit mindestens 6 Jahren in Deutschland lebt, kann – wenn er bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt – die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Wenn der Ausländer mit einem Deutschen verheiratet ist, oder in einer eintragenden Lebenspartnerschaft lebt, verkürzt sich die Frist auf 3 Jahre. 

Möglichkeiten zum Behalten der bisherigen Staatsbürgerschaft

In der Regel ist es nach dem Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) erforderlich, dass der Ausländer – sofern er nicht EU-Bürger ist – seine bisherige Staatsbürgerschaft aufgibt, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Dies kann den Antragsteller jedoch vor große Hindernisse und Probleme stellen, wenn ihm die Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft nicht oder nur unter erheblichem Aufwand möglich wäre oder auch mit nicht unerheblichen Nachteilen verbunden wäre.

In bestimmten Fällen sieht das StAG daher Ausnahmen von der Pflicht zur Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit vor. Wenn der Heimatstaat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder die Aufgabe zu einem wirtschaftlich relevanten Nachteil führt, ist eine Aufgabe z. B. entbehrlich. Ob Unzumutbarkeit oder ein relevanter wirtschaftlicher Nachteil vorliegt, hängt vom konkreten Einzelfall ab.

Beispiel Ukraine 

Staatsangehörige der Ukraine, die die Ukraine für einen dauerhaften Aufenthalt im Ausland verlassen, müssen vor der Ausreise in der Regel einen Abmeldestempel („постійне проживання“) in ihren Pass bekommen, um sich bei der ukrainischen Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat) als Ausland-Ukrainer registrieren zu lassen. Wenn dieser Stempel nicht vorhanden ist, kann die Entlassung aus er ukrainischen Staatsbürgerschaft nicht bei der Botschaft oder beim Konsulat beantragt werden, sondern die Betroffenen müssen in die Ukraine zurückzukehren, um dort das Ausreiseverfahren nachzuholen. Dieses Verfahrens ist mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden und kann daher aus privaten und beruflichen Gründen unzumutbar sein. Kann dieses Verfahren nicht durchgeführt werden, ist es auch nicht möglich die Entlassung aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit zu beantragen. So hat u. a. das OLG NRW (Urteil vom 25.09.2008 – 19 A 1221/049) bereits entschieden, dass es für nicht konsularisch registrierte Auslandsukrainer regelmäßig unzumutbar sein kann, ihre ukrainische Staatsangehörigkeit aufzugeben.

Beispiel Russland

Russische Staatsangehörige, die z. B. selbst oder deren Familienangehörige landwirtschaftliche Grundstücke besitzen, würden diese im Falle der Aufgabe der russischen Staatsbürgerschaft verlieren bzw. veräußern müssen, was einen nicht unerheblichen wirtschaftliche Nachteil (§ 12 Abs. 1 Nr. 5) bedeuten würde, was ebenfalls einen Grund darstellen kann, um die bisherige Staatsbürgerschaft nicht aufgeben zu müssen.

Weitere Beispiele (Anteile an Gesellschaften / Berufsverbote für Ausländer)

In den Gesetzen diverser weiterer Staaten finden sich Vorschriften, die regelmäßig zu wirtschaftlich relevanten Nachteilen für Personen führen, die ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben, ohne dass diese davon Kenntnis haben. So kann es zum Beispiel sein, dass es Ausländern nicht gestattet ist, bestimmte Arten von Immobilien – abhängig von der Art oder der Lage der Immobilie – zu besitzen, es kann Ausländern untersagt sein, Anteile an Unternehmen zu halten oder führende Positionen in Unternehmen (z. B. in der Geschäftsführung) auszuüben. Auch die Ausübung bestimmter Berufe kann für Ausländer untersagt oder zumindest eingeschränkt sein. Das alles sind Gründe, die eine Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit, das heißt eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatlichkeit gem. § 12 StAG, rechtfertigen können.

Die Einbürgerungsstellen fordern von den Antragstellern in der Regel dennoch die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit. Daher ist es in derartigen Fällen empfehlenswert, sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten zu lassen, der sie im Zusammenhang mit dem Einbürgerungsverfahren beraten und auch gegenüber der Einbürgerungsstelle vertreten kann. 

Rechtsanwalt Alexander Nadiraschwili, LL.M. (Sydney) bei Geismar Rechtsanwälte ist u. a. auf Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrecht spezialisiert und verfügt über umfangreiche Erfahrungen auf diesem Bereich.


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