Earn-Out-Klauseln – Wie viel Zukunft darf der Kaufpreis haben? Die Hoffnung stirbt zuletzt – der Anspruch oft zuerst

  • 3 Minuten Lesezeit
Earn-Outs stellen eine finanzielle Vereinbarung bei Unternehmensübernahmen dar, die einem Verkäufer zusätzliche Zahlungen in Abhängigkeit von zukünftigen Geschäftserfolgen versprechen. Dr. Marc Laukemann beleuchtet, wie diese als Schutzmaßnahme gegen überhöhte Kaufpreiserwartungen dienen, gleichzeitig aber oft zu Misstrauen und Konflikten führen. Als Hauptursachen für Streitigkeiten nennt er einseitig vom Käufer bestimmte Geschäftsentscheidungen, die die zuvor festgelegten finanziellen Ziele gefährden. Dr. Laukemann betont die Bedeutung klarer Regeln und Sicherheiten bei Earn-Out-Vereinbarungen, um spätere Konflikte zu vermeiden. Er rät zu sorgfältiger Gestaltung der Earn-Out-Klauseln, einschließlich Einsichtsrechten, Sicherheit durch Treuhandlösungen und der individuellen Anpassung der Vereinbarung an den spezifischen Fall. Abschließend weist er darauf hin, dass Earn-Outs zwar vielversprechend wirken können, ihr Erfolg jedoch von detaillierter und vorsichtiger Vorbereitung abhängt.

Von Dr. Marc Laukemann*



„Das Unternehmen läuft super. Zumindest, wenn es nach dem Verkäufer geht.“

Kennen Sie das?
Sie verkaufen Ihr Unternehmen – oder kaufen eines. Der Preis ist verlockend, aber der Blick in die Zukunft unklar. Also schieben Sie einen Teil des Kaufpreises in die Zukunft. Wenn das Unternehmen sich gut entwickelt, soll der Verkäufer mehr bekommen.
Klingt fair. Ist es aber selten. Denn:
Earn-Out ist das juristische Feigenblatt für gegenseitiges Misstrauen.


Was ist ein Earn-Out – und warum führt er so oft zu Streit?

Ein Earn-Out ist wie ein Ehevertrag mit Leistungsnachweis:
Du bekommst mehr Geld, wenn sich „unser“ Unternehmen gut entwickelt – aber ich bestimme allein, wie es sich entwickelt.
Käufer sichern sich gegen überhöhte Erwartungen ab. Verkäufer hoffen auf einen Bonus – verlieren aber mit dem Closing jede Kontrolle über das Unternehmen. Klingt nach Ärger? Ist es auch.

Typische Auslöser für Earn-Out-Streitigkeiten:

  • Der Käufer schraubt das Marketingbudget runter – der Umsatz sinkt.
  • Tochtergesellschaften werden ausgegliedert – der Gewinn bricht ein.
  • Rückstellungen steigen plötzlich – angeblich wegen „künftiger Risiken“.
  • Der Käufer verkauft sofort weiter – mit sattem Gewinn, aber ohne Beteiligung des Altverkäufers.

Kurzum:
Wenn der Bonus an Zahlen hängt, die nur eine Seite bestimmt, ist der Konflikt programmiert.


Fünf Dinge, die Sie jetzt wirklich wissen müssen

1. Der Earn-Out ist eine Stundung – nicht nur ein Versprechen.
 Er ist wirtschaftlich eine Finanzierung durch den Verkäufer. Bezahlt wird nur bei Zielerreichung – später, variabel, oft nie.
Wer das vergisst, verwechselt Hoffnung mit Liquidität.

2. Wer zahlt, bestimmt das Spiel – außer Sie sichern sich ab.
 Der Käufer lenkt das Unternehmen – also auch die Zielerreichung. Ohne Vetorechte, Transparenzregeln oder Businessplanbindung ist der Verkäufer machtlos.
Ein Bonus ohne Mitwirkung ist wie ein Marathon mit verbundenen Augen.

3. Die Wahl der Kennzahl ist keine Nebensache – sondern die Hauptsache.
 Umsatz? Zu grob. EBIT? Zu manipulierbar. EBITDA? Vielleicht. Cashflow? Auch streitanfällig.
Jede Zahl ist ein Machtinstrument. Wer rechnet, regiert.

4. Earn-Out ohne Aufrechnungsverbot? Dann wird aus Bonus gleich mal „Haftungsreserve“.
 Käufer lieben es, mit Gewährleistungsbehauptungen Earn-Out-Zahlungen zu blockieren.
Nur wer rechtzeitig ans Prozessrisiko denkt, bleibt später nicht auf Null sitzen.

5. Die Bonität des Käufers ist Ihr Risiko – nicht sein Problem.
 Wenn die Zahlung in drei Jahren fällig wird, aber der Käufer dann insolvent ist: Pech gehabt.
Eine Earn-Out-Regelung ohne Sicherheit ist wie ein Fallschirm aus Hoffnung.


Was Sie jetzt konkret tun sollten:

  • Verhandeln Sie mit Misstrauen – aber gestalten Sie mit Weitsicht. Earn-Outs brauchen klare Regeln, nicht fromme Absichten.
  • Verlangen Sie Einsichtsrechte, geprüfte Jahresabschlüsse und ein Schiedsgutachtenmodell. Denn: Wer prüft, bleibt klug.
  • Sichern Sie Zahlungen über Treuhand, Bürgschaft oder Anteilsverpfändung ab. Vertrauen ist gut. Einklagbare Ansprüche sind besser.
  • Lassen Sie keine Klausel ohne Steuerprüfung passieren. Denn was heute nach Bonus aussieht, ist morgen vielleicht steuerlich fatal.
  • Vermeiden Sie pauschale Formeln – gestalten Sie individuell. Ein Earn-Out ist kein Vertragsanhängsel, sondern ein strategisches Kernstück.


Fazit:

Earn-Outs sind die Wunschzettel des Unternehmenskaufs:
Sie versprechen alles – und halten nur, was man ihnen juristisch einprügelt.
Wer sie gestalten will, muss rechnen können, misstrauen dürfen und vor allem: präzise schreiben.

Oder kürzer:
Verhandeln Sie den Earn-Out wie ein Boxer – aber sichern Sie ihn wie ein Notar.



Autorenhinweis

Dr. Marc Laukemann, Gründungspartner von LFR Wirtschaftsanwälte, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und gewerblichen Rechtsschutz, Wirtschaftsmediator und systemischer Coach, berät seit über 25 Jahren Gesellschafter, Geschäftsführer und Berater bei Konflikten rund um Abfindung Kaufpreise, Bewertung und Haftung. Weitere Informationen und ein persönlicher Beratungstermin unter: https://www.lfr-law.de/gesellschafterstreit/

Foto(s): https://unsplash.com/de/fotos/zwei-euro-banknoten-Y_x747Yshlw

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann

Beiträge zum Thema