Einseitige Verlägerungsoptionen - keine Option für den Profifussball?
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Optionen erweitern die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Inhabers. Dies
gilt an der Börse, wo diese Gestaltungsform die weiteste Verbreitung
gefunden hat, ebenso wie im Vetragsrecht. Der Käufer einer Option
erwirbt das Recht, eine Aktie in einem bestimmten Zeitraum (z. B. einem
Monat) unabhängig von der Kursentwicklung zu einem bereits feststehenden
Preis (z. B. 100,00, €) zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put). Steigt
der Kurs der Aktie auf 110,00 €, wird der Call ausgeübt und zu 100,00 €
gekauft. Fällt der Kurs auf 90.00 €, wird der Put ausgeübt und zu 100,00
€ verkauft.
Ähnlich gestaltete Optionen, die einem Club als Arbeitgeber die
Möglichkeit einräumen, einen befristeten Arbeitsvertrag mit einem
Spieler (z. B. Zweijahresvertrag) je nach dessen Performance (s.o. zur
Performance der Aktie) durch einseitige Rechtausübung um einen
bestimmten Zeitraum (z. B. ein Jahr) zu verlängern, sind im Profisport
durchaus üblich. Noch weitere Verbreitung haben für beide Seiten
attraktive Klauseln gefunden, welche die Vertragsverlängerung davon
abhängig machen, dass der Spieler in einer Saison eine bestimmte Anzahl
von Pflichtspieleinsätzen erreicht oder eine einvernehmlich festgelegte
Anzahl von Einsatzminuten (z. B. 900 Minuten, orientiert an 10 Spielen
über 90 Minuten) absolviert. Insbesondere diese, auf dem frei gebildeten
Willen von Club und Spieler beruhende, beide Seiten gleichermaßen
treffende Verlängerungswirkung wurde bisher als rechtlich
unproblematisch angesehen.
Durch ein Urteil eines hohen Arbeitsgerichts (Landesarbeitsgericht
Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.08.2024 - Az.: 4 Sa 2/24) ist die
erste Konstellation (vom Club abhängige Verlängerungsoption) für illegal
erklärt worden. In der Folge wird auch die zweite Konstellation (vom
Einsatz abhängige Verlängerungsoption) zunehmend in Zweifel gezogen.
1.) Vom Club abhängige Verlängerungsoptionen
Nach § 622 Abs. 6 BGB darf für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses
durch den Arbeitnehmer (Spieler) keine längere Frist vereinbart werden
als für die Kündigung durch den Arbeitgeber (Verein oder
Kapitalgesellschaft). Dadurch soll dem Interesse des Arbeitnehmers an
gleicher "Mobilität" (zu einem anderen Club zu wechseln) entsprochen
werden - so auch das Bundesarbeitsgericht. Allerdings geht es bei der
Vereinbarung einer einseitigen Verlängerungsoption gerade nicht um die
Kündigung als Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern im Gegenteil
um dessen Verlängerung. Die hohe (Landesarbeitsgerichte) und höchste
(Bundesarbeitsgericht) Arbeitsgerichtsrechtsprechung ist aber der
Ansicht, dass die Vereinbarung einer einseitigen Verlängerungsoption
eine unzulässige Umgehung des § 622 Abs. 6 BGB darstelle. Es werde
versucht, den verbotenen Erfolg des § 622 Abs. 6 BGB (unterschiedlich
lange Kündigungsfristen) mit Hilfe einer anderen Vertragskonstruktion,
der einseitigen Verlängerungsoption, zu erreichen. Dem Club werde
nämlich ermöglicht, den Spieler gegen dessen Willen länger an sich zu
binden als der Spieler selbst gebunden ist. Ganz überzeugend ist das
nicht, weil während der Laufzeit eines Zweijahresvertrages ohnehin keine
der beiden Vertragsparteien kündigen kann. Der Rückgriff auf das
Kündigungsschutzrecht hängt daher argumentativ in der Luft.
2.) Einsatzabhängige Verlängerungsoptionen
Diese für beide Vertragspartner wirkenden und daher ausgewogen
erscheinenden Gestaltungen sind in letzter Zeit (offenbar ohne Rücksicht
auf das Diarra-Urteil des Europäischen Gerichtshofs; Urteil vom
04.10.2024, Az.: C - 650/22) ins Gerede geraten. Es wird befürchtet,
dass die Clubführung den Trainer anweisen könnte, welchen Spieler er wie
oft aufzustellen hat, um die gewünschte Verlängerungswirkung oder - auf
der anderen Seite - den Nichteintritt des Optionsfalls zu bewirken.
Beispiel: Wenn nur noch ein Einsatz oder wenige Einsatzminuten zum
Eintritt der Verlängerungswirkung fehlen, habe es der Club allein - also
wie bei der rechtlich zweifelhaften einseitigen Verlängerungsoption - in
der Hand, per Anweisung an den Trainer die gewünschte
Verlängerungswirkung herbeizuführen oder zu verhindern. Dies wirkt
juristisch konstruiert und lässt außer Betracht, dass es sich bei der
Aufstellung eines Spielers in erster Linie um eine Frage des von dem
Trainer zu verantwortenden Erreichens der sportlichen Ziele handelt. Für
alle möglichen Vertragsangelegenheiten, die am Morgen nach dem Spieltag
wieder in anderem Licht erscheinen mögen, werden profilierte
Trainerpersönlichkeiten wenig Verständnis haben. Aus anwaltlicher Sicht
ist festzuhalten, dass theoretisch jedes Recht missbraucht werden kann,
ohne dass die Existenzberechtigung praktikabler und bewährter
Gestaltungen in Zweifel gezogen wird. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil
vom 16.01.2018 - Az.: 7 AZR 312/16 und Urteil vom 24.05.2023 - Az.: 7
AZR 169/22) hat diese Frage daher ausdrücklich offen gelassen; die
Option also nicht verboten. Künftig wird zu beachten sein, dass der EuGH
eine verbandsseitige Bestrafung (in erster Linie durch Transfersperre)
vertragsbrüchiger Spieler, insbesondere Vertragsbruch durch
außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund um einen Clubwechsel zu
ermöglichen, grundsätzlich nicht mehr zulässt. Solche
verbandsrechtlichen Sanktionen verstoßen gegen die
Arbeitnehmer-Freizügigkeit (Art. 45 AEUV) und das Verbot von bezweckten
oder bewirkten Wettbewerbsbeschränkungen innerhalb des Binnenmarkts
(Art. 101 AEUV). Dies gilt auch für Teile der Lizenzordnung Spieler des
DFB (vgl. § 9 Abs. 2 LOS - Feststellung, dass zwischen Club und Spieler
keine arbeitsvertraglichen Beziehungen mehr bestehen). Für die
gewünschte "Mobilität" der Spieler dürfte durch das Diarra-Urteil des
EuGH also durchaus gesorgt sein, ohne dass es des überbesorgten Schutzes
durch nationalstaatliches Arbeitsrecht bedarf.
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