Einziehung von Cannabis gem. § 37 KCanG, § 74 Abs. 2 StGB – wer verurteilt wird, verliert alles!
- 3 Minuten Lesezeit
Darf ich eigentlich den legalen Anteil meines Cannabis behalten, wenn man mir die höhere Gesamtmenge im Rahmen eines Strafverfahrens wegnimmt? Leider nein!
Anlässlich eines Urteils des BGH vom 12. Juni 2024 ist auf die Einziehung von Cannabis nach einer Verurteilung wegen strafbaren Besitzes, Erwerbs und Anbau von Cannabis gem. § 34 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 12 KCanG einzugehen. Hierbei soll maßgeblich die Frage geklärt werden, ob ein Verurteilter die erlaubte Menge an Cannabis von der Justiz wieder herausgegeben bekommt. Über diese Frage hat sich der BGH in seiner Entscheidung geäußert - und dies abgelehnt.
Rechtliche erlaubte Grenzen des KCanG
Gemäß dem KCanG ist es strafbar, mehr als 30 Gramm Cannabis außerhalb des Wohnsitzes/gewöhnlichen Aufenthaltsortes bzw. mehr als 60 Gramm Cannabis zuhause zu besitzen. Erlaubt ist der Anbau von drei Cannabispflanzen und erwerben darf man 25 Gramm Cannabis pro Tag/50 Gramm pro Monat. Die Überschreitung dieser Grenzen des KCanG ist gem. § 34 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 12 KCanG strafbar.
Was gemäß KCanG nach wie vor strafbar ist, finden Sie hier in einem weiteren Rechtstipp in ausführlicher Übersicht.
Sollten Sie nun verurteilt werden eine solche Straftat begangen zu haben, dann wird im Rahmen der Ermittlungen das Cannabis bzw. die Cannabispflanzen wahrscheinlich im Zusammenhang mit einer Hausdurchsuchung bei Ihnen beschlagnahmt worden sein.
Hier sind schon erste Ansätze, Sie zu verteidigen. Zunächst einmal kann ein professioneller Strafverteidiger für Sie überprüfen, ob die Durchsuchung rechtmäßig erfolgte und ob aufgefundene Beweismittel überhaupt in einem Prozess gegen Sie verwendet werden dürfen.
Einziehung des Cannabis durch Gericht angeordnet - was bedeutet das?
Sollten nun die Freigrenzen des KCanG überschritten worden sein und eine Verurteilung ist erfolgt, dann fragt man sich, was mit dem beschlagnahmten Cannabis passiert. Der BGH hat in seinem Urteil entschieden, dass das gesamte besessene, angebaute oder erworbene Cannabis strafbewehrt ist und folglich vollständig der Einziehung gem. § 37 KCanG, § 74 Abs. 2 StGB unterliegt. (BGH, Beschl. vom 12. Juni 2024, 1 StR 105/24; BGH, Beschl. vom 12. Juni 2024, 1 StR 121/24)
Für Sie konkret bedeutet dies, dass das gesamte beschlagnahmte Cannabis/die Cannabispflanzen in der Verwahrung der Justiz verbleiben bzw. von der Justiz, nachdem das Urteil rechtskräftig ist, vernichtet werden. Sie haben keinen Anspruch darauf das Cannabis wieder zu bekommen – nicht mal die erlaubte Menge.
Der BGH begründet dies damit, dass der Wortlaut der Norm dies ergebe und es ebenfalls der Wertung des Gesetzgebers entspreche. Der Gesetzgeber wollte, dass Cannabis weiterhin grundsätzlich eine Substanz ist, dessen Besitz strafbar ist und nur in geringen Mengen ausnahmsweise nicht. Die vollständige Einziehung des Cannabis spiegele diese Wertung des Gesetzgebers wider.
Der Entscheidung des BGH stehen einige Stimmen aus unterinstanzlichen Gerichten (AG Bautzen BeckRS 2024, 11871, AG Westerstede BeckRS 2024, 11987) sowie Stimmen aus der Literatur entgegen. Diese beurteilen die Situation anders und argumentierten, dass nur die Gegenstände der Einziehung unterliegen, die die Freigrenzen überschreiten. Die durch das KCanG erlaubte Tätigkeit werde nicht dadurch insgesamt zur unerlaubten Tätigkeit, weil die erlaubte Menge überschritten werde. Deshalb sollte die legale Menge schon gar nicht beschlagnahmt oder gar eingezogen werden. Der BGH entschied sich gegen diese Ansicht und legte fest, dass die gesamte Menge der Einziehung unterliegt. Es ist leider nicht zu erwarten, dass sich andere Gerichte nun noch gegen den Bundesgerichtshof stellen werden.
Verteidigung lohnt nach wie vor - auch unter dem KCanG!
Die aktuelle BGH-Entscheidung soll natürlich dazu dienen, die zum legalen Besitz willigen Konsumenten zu belohnen, indem gezeigt wird: Wer die Mengen überschreitet, verliert alles!
Sollten Sie wegen einer Straftat des § 34 KCanG beschuldigt werden und sollte bei Ihnen Cannabis beschlagnahmt worden sein, dann sollten Sie einen erfahrenen Strafverteidiger engagieren. Dieser kann Ihnen in dem Verfahren zur Seite stehen und gegebenenfalls das Gericht von der vollständigen Einziehung des Cannabis abhalten. Ein versierter Strafverteidiger kennt alle aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung und ist erfahren im Umgang mit dem Gericht. Er kann in einem Verfahren entlastende Umstände für Sie hervorbringen und steht Ihnen stärkend zur Seite. Der praxiserfahrene Fachanwalt für Strafrecht wird dabei in Ihrem Interesse natürlich zunächst alle Verteidigungsoptionen prüfen, die zum Freispruch führen - die Verteidigung in der bloßen Strafzumessung sollte stets nur Plan B sein.
Artikel teilen: