Konsumcannabisgesetz (KCanG) – Was bleibt trotz Legalisierung strafbar?

  • 10 Minuten Lesezeit

Die Cannabislegalisierung in Deutschland war und ist ein stark umstrittenes Thema. Zum 01.04.2024 ist das Konsumcannabisgesetz (KCanG) in Kraft getreten. Nun stellen sich verschiedene Fragen in Zusammenhang mit der Legalisierung. 

Was ist jetzt erlaubt? 

Welche Grenzen für den Besitz gibt es? 

Und durch welche Handlungen kann man sich trotz Teillegalisierung noch strafbar machen? 

Diese Fragen sollen im Folgenden durch Rechtsanwalt Urbanzyk aus Coesfeld beantwortet werden. Da im Bezug auf Cannabis erstmalig das gesamte Rechtssystem umgekrempelt wurde, widmet sich der Beitrag dem Thema entsprechend ausführlich. Insbesondere bei Durchsicht des Straftatenkataloges wird nämlich klar, dass viele Handlungen unter Strafe stehen und schon kleine vielleicht unbedacht Handlungen strafbar sein können, welche nur gering vom erlaubten Verhalten abweichen.


Erlaubter Besitz und Anbau von Cannabis

Durch das Konsumcannabisgesetz ist es nun Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, erlaubt bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum zu besitzen. Am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort darf sogar bis zu 50 Gramm Cannabis besessen werden. Die Grammanzahl bezieht sich bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze auf das Gewicht nach dem Trocknen. Im Mittelpunkt steht also nicht der THC-Wirkstoffgehalt, wie früher bei Strafbarkeit nach dem BtMG. 

Auch ist die Einfuhr von Cannabissamen zum Zwecke des privaten Eigenanbaus von Cannabis erlaubt gem. § 4 Abs. 2 KCanG. Angebaut werden darf das Cannabis am Wohnsitz oder dort wo der gewöhnliche Aufenthaltsort des "Gärtners" ist. Dabei dürfen maximal drei Pflanzen pro Person angebaut werden. 

Achtung: Eine Weitergabe an Dritte ist untersagt gem. § 9 Abs. 2 KCanG.


Was bleibt nun strafbar? - § 34 KCanG

In § 34 KCanG ist geregelt, in welchen Fällen trotz Legalisierung eine Straftat vorliegt. § 34 Abs. 1 KCanG legt fest, dass die im folgenden bezeichneten Taten mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.


Besitz von Cannabis

Strafbar ist es mehr als 30 Gramm Cannabis an einem Ort zu besitzen, welcher nicht der eigene Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort ist. Dieses Verbot bezieht sich also sowohl auf den privaten Raum als auch auf ein Mitsichführen des Cannabis in der Öffentlichkeit. 

Am Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthaltsort darf man nicht mehr als 60 Gramm Cannabis besitzen. 

Ebenso ist es strafbar mehr als drei lebende Cannabispflanzen zu besitzen gem. § 34 Abs. 1 Nr. 1c. KCanG.

Diese Regelungen bilden den Rahmen ab wann eine Überschreitung der erlaubten Mengen strafbar ist. Der Besitz von mehr als 25 Gramm und bis zu 30 Gramm Cannabis bzw. der Besitz von mehr als 50 bis zu 60 Gramm Cannabis an seinem Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthaltsort stellt keine Straftat gem. § 34 KCanG dar, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit gem. § 36 Abs. 1 Nr. 1 KCanG, welche mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden kann.

Schon kleine Überschreitungen der erlaubten Menge können zu einer Ordnungswidrigkeit oder gar einer Straftat führen. Dementsprechend ist es maßgeblich sich an die Grenzen zu halten. Sollte bei Ihnen eine solche unerlaubte Menge Cannabis gefunden worden sein, dann sollten Sie umgehend einen Strafverteidiger beauftragen. Dieser kann Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden vertreten und kontrollieren inwiefern die erlaubte Menge tatsächlich überschritten wurde. Sollten Sie sich strafbar gemacht haben, dann kann Ihnen ein professioneller Strafverteidiger helfen, indem er für Sie entlastende Umstände geltend macht.


Anbau, Handel und Herstellung von Cannabis 

Ebenso ist der Anbau von mehr als drei Cannabispflanzen sowie der Anbau von Cannabispflanzen, welche nicht zum Eigenkonsum angebaut werden, strafbar gem. § 34 Abs. 1 Nr. 2 KCanG. 

Ein „Anbau“ liegt vor, wenn Pflanzensamen ausgesät werden und gepflegt/aufgezogen werden. Der alleinige Besitz von Samen stellt noch keinen Anbau dar. 

Pro Volljähriger Person dürfen drei Cannabispflanzen angebaut werden. Wachsen aus den Pflanzen oder Samen mehr als drei Pflanzen, dann müssen diese unverzüglich und vollständig vernichtet werden. Dies gilt unabhängig davon ob die Pflanze schon Fruchtstände oder Blüten entwickelt hat. 

Das Herstellen von Cannabis ist gem. § 34 Abs. 1 Nr. 3 KCanG verboten. Herstellen meint dabei das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten, Reinigen oder Umwandeln von Cannabis. Dabei ist insbesondere an die Weiterverarbeitung von Cannabis gedacht, welches Risiken mit sich bringen und folglich untersagt werden soll.

Ebenfalls strafbar ist gem. § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG der Handel mit Cannabis. Handeltreiben ist jede eigennützige, auf Umsatz gerichtete Tätigkeit, auch wenn diese sich nur als gelegentlich, einmalig oder ausschließlich vermittelnd darstellt. Handeltreiben umfasst auch vor- oder nachgelagerten Tätigkeiten wie Transport, Lagerhaltung, Kommission oder Maklerdienste. Der Gesetzgeber will verhindern, dass durch die Legalisierung von Cannabis ein Handel damit entsteht, welcher auf Gewinnerzielung abzielt. Man soll das Cannabis nur selber für den Eigenkonsum anbauen und nicht an Dritte weitergeben.

Auch das Ein- und Ausführen von Cannabis ist weiterhin strafbar. Demnach kann man zwar in Deutschland Cannabis besitzen, jedoch ist es nicht erlaubt, dieses ins Ausland zu bringen oder Cannabis aus dem Ausland nach Deutschland einzuführen, § 34 Abs. 1 Nr. 5 KCanG. 

Ebenso ist es strafbar mehr als 25 Gramm Cannabis pro Tag zu erwerben bzw. entgegenzunehmen und mehr als 50 Gramm Cannabis pro Kalendermonat zu erwerben/entgegenzunehmen gem. § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG.

Der Straftatenkatalog des KCanG sieht noch weitere Straftaten vor für das unerlaubte Erwerben von Cannabis, das unerlaubte unentgeltliche Überlassen von Cannabis an Dritte oder das Verabreichen von Cannabis an Dritte. Auch ist es strafbar Cannabinoide zu extrahieren.

Bei Durchsicht des Straftatenkataloges wird klar, dass viele Handlungen unter Strafe stehen und schon kleine vielleicht unbedacht Handlungen strafbar sein können, welche nur gering von dem erlaubten Verhalten abweichen. Ist man beispielsweise mit Freunden unterwegs und einer hat sein Cannabis nicht dabei, dann wäre es strafbar, diesem Freund etwas von dem eigenen Cannabis abzugeben. Dies mag einem nicht bewusst sein, doch schon solche Handlungen können ein Strafverfahren auslösen. Hier kommt es auf gute Verteidigungstaktik an. 

Wird Ihnen eine solche Straftat nach dem KCanG vorgeworfen, sollten Sie umgehend einen erfahrenen Strafverteidiger konsultieren. Dieser kann Ihnen helfen zunächst zu ermitteln, ob ihr Handeln tatsächlich strafbar war und mit Ihnen gemeinsam auf eine Einstellung des Verfahrens hinarbeiten. Verfahrenseinstellungen werden sich nämlich nach wie vor auch im KCanG nicht von selbst verstehen (oder erst recht nicht mehr) - denn sonst hätte man ja gleich noch mehr legalisieren können.


Besonders schwere Fälle § 34 Abs. 3 KCanG

Im KCanG sind neben den zuvor dargestellten Grundtatbeständen auch noch besonders schwere Fälle normiert, welche eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorsehen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn ein Täter gewerbsmäßig handelt gem. § 34 Abs. 3 Nr. 1 KCanG. Dies meint, dass eine Person in großen Mengen Cannabis anbaut, herstellt, damit handelt oder dies ein-/ oder ausführt. Der Täter muss diese Handlungen vornehmen, um sich damit eine fortlaufende Einnahmequelle zu sichern.
Ein weiterer schwerer Fall stellt die Gefährdung der Gesundheit mehrerer Menschen dar. Dabei müssen mindestens zwei Menschen durch eine in den Grundtatbeständen genannte Handlung gefährdet werden. Dies könnte beispielsweise die unerlaubte Weitergabe von verunreinigtem Cannabis an andere Menschen sein. Durch das verunreinigte Cannabis wird dessen Gesundheit gefährdet.

Ein weiterer Regelfall ist in § 34 Abs. 3 Nr. 3 KCanG geregelt. Dies bezeichnet einen besonders schweren Fall, wenn eine Person über 21 Jahre an ein Kind (Person bis 14 Jahre oder einen Jugendlichen (Person von 14-17 Jahre) Cannabis weitergibt, zum Verbrauch überlässt oder verabreicht. Auch strafbar ist es ein Kind oder einen Jugendlichen dazu zu bestimmen mehr als drei Cannabispflanzen anzubauen, sich Cannabis zu verschaffen oder die Maximalmengen an Cannabis von 25 Gramm pro Tag bzw. 50 Gramm pro Monat zu überschreiten. Diese Vorschriften sollen vor allem verhindern, dass ältere, reife Personen Minderjährige zum Cannabiskonsum verleiten.


Nicht geringe Menge § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG

Eine Straftat nach Abs. 1 mit einer nicht geringen Menge zu begehen, stellt gem. § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG einen besonders schweren Fall dar.

Problematisch ist aktuell noch die Bestimmung der nicht geringen Menge. Der BGH hat den Wirkstoffanteil als maßgebliches Kriterium zur Bestimmung der nicht geringen Menge bei Betäubungsmitteln festgelegt. Bei Cannabis wurde der THC-Gehalt bislang als maßgebliches Kriterium festgelegt. Zuvor lag die  Grenze bei 7,5 Gramm. 

In der Gesetzesbegründung zum KCanG nimmt der Gesetzgeber von diesem Grenzwert Abstand und prognostiziert, dass der Grenzwert in Zukunft deutlich höher liegen muss. Die genaue Bestimmung des Grenzwertes überlässt der Gesetzgeber dabei der Rechtsprechung, welche aufgrund der geänderten Risikobewertung einen neue Grenze festlegen soll. 

Dies ist zurzeit ein durchaus spannendes, wenn nicht das spannendste Thema. Wird es überhaupt noch auf den Wirkstoffanteil ankommen können oder auf die brutto Pflanzenmenge? Was heißt "nicht gering", wenn 50 Gramm legal sind? Für den Vorwurf einer Straftat nach dem KCanG in nicht geringer Menge bestehen folglich keine konkreten Grenzen. Somit ist für den Fall dieses Vorwurfes die Beauftragung eines Fachanwalts für Strafrecht essentiell. Dieser kann dem Gericht unter Darlegung einschlägiger Argumente vermitteln, dass bei dem Ihrem Fall keine Überschreitung der nicht geringen Menge vorliegt. Im Falle eines solchen Vorwurfes sollten Sie folglich unverzüglich einen erfahrenen Rechtsanwalt im Drogenbereich beauftragen, welcher Ihnen zur Seite steht und das für Sie bestmögliche Ergebnis erzielt.


Qualifikationen nach § 34 Abs. 4 KCanG

Zuletzt regelt § 34 Abs. 4 KCanG noch Qualifikationen der Grundtatbestände aus Absatz 1, welche mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft werden. Es bleibt hier also beim aus dem BtMG altbekannten Verbrechenstatvorwurf - bei insgesamt jedoch geringerer Strafandrohung.

Nummer 1 bezieht sich auf die Abgabe von Cannabis an Minderjährige durch eine Person, die älter als 21 Jahre ist. Handelt eine solche Person bei der Abgabe des Cannabis an Minderjährige gewerbsmäßig, dann liegt diese Qualifikation vor.

Bestimmt eine über 21 Jahre alte Person Minderjährige dazu mit Cannabis Handel zu treiben, dies ein- oder auszuführen, ab- oder weiterzugeben oder Cannabis sonst in den Verkehr zu bringen, dann ist dies strafbar und wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft. Der Begriff des Bestimmen meint dabei eine Einflussnahme auf den Willen des Minderjährigen durch einen kommunikativen Akt, sodass dieser eine der genannten Handlungen begeht. Es genügt jedoch auch schon die Förderung einer solchen Handlung.

Nummer 3 regelt das Handeln als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung der genannten Taten mit Cannabis in nicht geringer Menge verbunden hat. Dabei wird das Cannabis angebaut, hergestellt, Handel getrieben, ein- und ausgeführt oder Cannabinoide extrahiert. Damit eine Band vorliegt, müssen sich mindestens drei Personen zusammenschließen.

Zuletzt ist noch das Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines sonstigen Gegenstandes, welcher seine Art nach geeignet ist Personen zu verletzen und auch dazu bestimmt wurde, als Qualifikation gem. § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG normiert, wenn diese Waffe oder der Gegenstand während dem Handeltreiben, Ein- und Ausführen oder sich Verschaffen von Cannabis in nicht geringer Menge mitgeführt wird. Unter den Begriff der Waffe fallen bspw. Pistolen oder Revolver. Spielzeugwaffen oder Anscheinswaffen unterfallen diesem Begriff nicht. Als geeignete Gegenstände gelten unter anderem Totschläger, Schlagstock, Wurfsterne, Molotowcocktails, Springmesser oder Butterflymesser. Zur Erfüllung dieser Qualifikation genügt es, dass der Täter eine solche Waffe oder einen solchen Gegenstand bei der Tat bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann. (BeckOK BtMG/Wettley BtMG § 30a Rn. 86) Es muss nicht konkret zur Benutzung der Waffe/des Gegenstandes kommen. Beispielsweise würde es genügen, wenn man beim Handel mit Cannabis ein Springmesser in seiner Hosentasche dabeihat.


Noch nicht vollstreckte Strafen

Wurden Sie rechtkräftig wegen eine Straftat in Zusammenhang mit Cannabis verurteilt? Sollte die Strafe noch nicht vollstreckt sein, dann könnte diese unter Umständen erlassen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Strafe nach dem KCanG nicht strafbar oder mit Geldbuße bedroht ist. Ein Strafverteidiger kann dies für Sie überprüfen und die entsprechenden Handlungen zum Erlass der Strafe einleiten.


Gesetz schwer verständlich - viele Rechtsfragen ungeklärt

Die Strafvorschriften des Konsumcannabisgesetz sind auf den ersten Blick schwer verständlich durch ihre verschachtelte Formulierung. Einige Begriffe, wie die nicht geringe Menge, sind noch nicht abschließend geklärt und müssen erst durch die Rechtsprechung konkretisiert werden. 

Demensprechend birgt die Anwendung der Vorschriften in der Praxis gewisse Hürden. Bei dem Umgang mit Cannabis ist hinsichtlich der Strafvorschriften Vorsicht geboten. Viele der strafbaren Handlungen weichen nicht gravierend von den erlaubten Handlungen ab, sodass man schnell schon durch reine Unachtsamkeit in einen Strafbarkeit „reinrutschen“ kann. 

Es steht zu befürchten, dass die Teillegalisierung dazu führt, dass "jetzt erst Recht" die Strafen für alle saftig ausfallen, die trotz Legalisierungschance noch immer im strafbaren Bereich handeln.   

Bei dem Vorwurf einer Straftat nach dem KCanG ist es daher wie nach der früheren BtMG-Strafbarkeit unerlässlich, ab der ersten Vorladung als Beschuldigter einen professionellen Strafverteidiger zu aufzusuchen, welcher schnell Akteneinsicht für Sie fordert und eine Verteidigungsstrategie mit Ihnen für Sie erarbeitet.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Gescher, Südlohn, Ahaus) ist bundesweit als Strafrechtsanwalt im Betäubungsmittelbereich tätig. Einfacher Kontakt per WhatsApp / Signal / e-mail / anwalt.de ! 

Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk, Coesfeld

Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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