Erkennungsdienstliche Behandlung

  • 4 Minuten Lesezeit

Wer einer Straftat verdächtigt wird, erhält neben der Vorladung zur Anhörung zur Tat, in bestimmten Fällen auch eine Anordnung und Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung.

Während der Beschuldigte die Vorladung zur Anhörung unbeschadet ignorieren kann, sieht es bei einer Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung etwas anders aus.

Was ist die sogenannte „ED-Behandlung“?

Für die Aufklärung von Straftaten, darf und muss die Polizei Maßnahmen ergreifen. Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrensoder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden. Rechtsgrundlage hierfür ist § 81b StPO, sowohl für das strafverfahrensrechtliche Ermittlungsverfahren, als auch für polizeiliche Präventivmaßnahmen. Diese Maßnahmen dienen solchen Zwecken, wenn sie Schuld und Unschuld des Beschuldigten in einem gegen ihn anhängigen Strafverfahren beweisen sollen, insbesondere, wenn seine Identifizierung notwendig ist, weil seine Person unbekannt ist oder von Zeugen wiedererkannt werden soll, oder wenn Fingerabdrücke mit Tatortspuren verglichen werden sollen. Darunter fällt auch die Herstellung von Lichtbildaufnahmen zur Erleichterung der etwa erforderlichen werdenden Fahndung nach dem nicht in Haft genommenen Beschuldigten. Die gewonnenen Unterlagen werden Bestandteil der Strafakte.

  • 81b Alt. 1 StPO – Strafverfahren: Für Maßnahmen im Strafverfahren, muss gegen den Beschuldigten tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die nach pflichtgemäßer Beurteilung Anlass zum Verdacht geben. Die bloße Einleitung eins Ermittlungsverfahrens reicht dagegen nicht aus. Die Maßnahmen werden zur Identitätsfeststellung angeordnet.
  • 81b Alt. 2 StPO – Erkennungsdienst (Präventivmaßnahme): Hier muss neben der Beschuldigteneigenschaft die Notwendigkeit der ED-Behandlung vorliegen. Die Notwendigkeit liegt vor, wenn nach kriminalistischer Erfahrung Anhaltspunkte für Wiederholungsgefahr besteht. Dabei kann auch die erstmalige Begehung einer Straftat die Gefahr der Wiederholung mit sich bringen. Es muss ein konkreter Anlass für eine Wiederholungsgefahr bestehen. Die Rechtsprechung hat bei Verstößen gegen das ArzneimittelG, Markenrecht, bei BtM-Delikten, Sexualstraftaten, Betrugstaten, Beleidigungen und Nachstellung eine ED-Behandlung bejaht.

Welche persönlichen Merkmale dürfen festgestellt werden?

Es sind lediglich Feststellungen zulässig, die nicht mittels einer körperlichen Untersuchung ermittelt werden müssen. Zulässig sind Finger- und Handflächenabdrücke, das Fotografieren des Gesichtes sowie von besonderen Körpermerkmalen (Tattoos u.a.), sowie Messungen. Nicht zulässig sind dagegen das Anfordern eines Lichtbildes, die Überprüfung auf künstliche DNA, die ED-Behandlung von Minderjährigen ohne Einwilligung der Eltern, Schrift-, Sprech- und Stimmproben ohne Zustimmung, sowie die Entnahme der Speichelprobe.

Muss ich in die Maßnahme einwilligen?

Der Beschuldigte kann in die Maßnahme einwilligen. Unter Umständen kann die Polizei auch Zwang anwenden, in dem der Beschuldigte zwangsweise vorgeführt wird und bis zur Erledigung der Maßnahme festgehalten wird. Wurde dem Beschuldigten eine Frist eingeräumt, so darf vorher kein Zwang erfolgen, wenn keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, der Beschuldigte werde der Maßnahme keine Folge leisten. Auch hier muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt werden. Bevor freiwillig in die Maßnahme eingewilligt wird, sollte ein Strafverteidiger aufgesucht werden. Durch den Inhalt der Akte kann der Strafverteidiger einschätzen, ob eine erkennungsdienstliche Behandlung notwendig ist. Wenn bereits genügend Infos zum Beschuldigten vorliegen (Lichtbild vom Ausweisdokument, Zeugen, Videoaufnahmen, etc.), kann der Strafverteidiger unter umständen eine Maßnahme zur Strafverfolgung verhindern. Genauso kann ein Strafverteidiger prüfen, ob die Voraussetzungen für den Erkennungsdienst vorliegen.

Welche Rechtsmittel gibt es gegen die Anordnung?

Wird der Beschuldigte zur erkennungsdienstlichen Behandlung geladen, kann der Strafverteidiger unter Umständen diese verhindern. Welche Rechtsmittel zulässig sind, hängt von der Art der Maßnahme ab (strafverfahrensrechtlich oder präventiv-polizeilich). Bei einer Maßnahme im Strafverfahren durch Anordnung der Staatsanwaltschaft oder Polizei, kann das Gericht angerufen werden (§ 98 Abs. 2 S. 2 StPO) und eine Entscheidung beantragen. Gegen gerichtliche Anordnungen, ist die Beschwerde das richtige Rechtsmittel. Bei der Anordnung der präventiv-polizeilichen Maßnahmen, muss ein Verwaltungsstreitverfahren durchgeführt werden, da hier nicht die StPO vorrangig ist, sondern das Polizeirecht. Es muss zunächst gegen die Anordnung Widerspruch und die Aussetzung der Vollziehung erhoben werden. Bei Ablehnung ist eine Klage vor dem Verwaltungsgericht möglich. Das Verwaltungsgericht entscheidet dann darüber, ob die Maßnahme gerechtfertigt ist oder nicht.

Werden die Daten aufbewahrt oder gelöscht?

Wurden Daten für das laufende Strafverfahren eingeholt, werden diese auch Bestandteil der Akte, bis das Verfahren abgeschlossen wird. Eine zwischenzeitliche Löschung aus der Akte geht nicht. Bei den gewonnenen Daten für präventiv-polizeilichen Maßnahmen, sieht es anders aus. Hier werden die Daten für die Zukunft gespeichert. Die Speicherung der Daten muss verhältnismäßig sein. Dies wird oft bei Wiederholungsgefahr angenommen. Hier kann der Beschuldigte die Löschung der Daten beantragen und bei Ablehnung gegebenenfalls klagen.

Was soll ich bei der Anordnung einer ED-Behandlung machen?

Die Anordnung einer solchen Maßnahmen bringt immer Gefahren mit sich, die der Beschuldigte als Laie nicht einschätzen kann. Oft nutzen die behandelnden Polizisten die Situation aus und befragen den Beschuldigten zur Tat. Neben den zulässigen Maßnahmen wird der Beschuldigte gleichzeitig mehr oder weniger dazu gedrängt eine Speichelprobe abzugeben. Genau deshalb sollten Sie sich vorher immer an einen Strafverteidiger wenden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Nawied Haschimzada

Beiträge zum Thema