EuGH-Urteil zur Bonitätsprüfung: So bekommen Verbraucher endlich mehr Transparenz
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Inhaltsverzeichnis

Wer Vermögen verwaltet, erwartet Diskretion – und vor allem Fairness. Doch genau hier beginnt das Problem: Die Bonitätsprüfung entscheidet im Hintergrund über Kreditvergaben, Immobilienkäufe oder Vertragsabschlüsse.
Und das meist auf Basis eines undurchsichtigen Scores, dessen Zustandekommen selbst Experten kaum durchblicken.
Jetzt hat der Europäische Gerichtshof im Februar 2025 ein deutliches Zeichen gesetzt: Verbraucher:innen haben ein Recht darauf, zu verstehen, wie diese Bewertungen zustande kommen – nicht nur dass sie existieren.
In einem Grundsatzurteil fordern die Richter volle Transparenz: Keine Blackbox-Algorithmen mehr, wenn die finanzielle Freiheit auf dem Spiel steht.
Das Urteil ist ein Meilenstein – nicht nur für den Datenschutz, sondern vor allem für alle, deren wirtschaftliche Entscheidungen auf Vertrauen basieren.
Was hat der EuGH entschieden? – Kernaussagen des Urteils
Am 27. Februar 2025 hat der Europäische Gerichtshof ein Urteil gefällt, das den Nerv vieler wohlhabender Verbraucher:innen trifft: Künftig müssen Auskunfteien konkret offenlegen, wie Bonitätsscores zustande kommen – keine schwammigen Formeln, keine bloßen Verweise auf „Algorithmen“, sondern echte Nachvollziehbarkeit.
Der EuGH stellt damit klar: Ein numerischer Score, der erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen hat – etwa bei Krediten, Immobilienkäufen oder geschäftlichen Verträgen – unterliegt der Transparenzpflicht. Das betrifft nicht nur die SCHUFA, sondern alle Unternehmen, die mit automatisierten Scoring-Verfahren arbeiten.
Die rechtliche Grundlage bleibt Artikel 22 der DSGVO – doch der EuGH schärft nun die Anforderungen: Transparenz bedeutet nicht nur Zugang zum Ergebnis, sondern auch zur Logik dahinter.
Bonitätsprüfung in der Praxis – Wie läuft das bislang ab?
Bisher funktionierte das Scoring-System wie ein Orakel: Zahlen hinein, Zahl heraus – mit teils massiven Auswirkungen.
Banken, Leasinggesellschaften oder Geschäftspartner verlassen sich auf den sogenannten Score-Wert und treffen Entscheidungen über Vertrauen und Risiko, ohne den Menschen dahinter zu kennen.
Genutzt werden Daten wie:
- Zahlungsverhalten
- Kredit- und Kontodaten
- Wohnort und Umzüge
- Teilweise sogar indirekte Verknüpfungen (z. B. Nachbarschaftsdaten)
Wie diese Daten gewichtet und kombiniert werden? Bisher blieb das Geschäftsgeheimnis. Für Betroffene – auch mit hoher Bonität – war der Einfluss auf das Ergebnis kaum steuerbar. Ein einzelner Zahlendreher oder ein veralteter Datensatz konnte Türen verschließen, ohne dass man es bemerkte.
Was ändert sich jetzt? – Auswirkungen des Urteils für Verbraucher
Das EuGH-Urteil bringt Klarheit – und echten Einfluss zurück in die Hände der Verbraucher. Wer viel Vermögen oder geschäftliche Verantwortung trägt, kann sich künftig auf folgende Neuerungen stützen:
- Pflicht zur Transparenz: Auskunfteien müssen offenlegen, wie Scores berechnet werden – konkret, nicht abstrakt.
- Besseres Einsichtsrecht: Verbraucher:innen können nicht nur den Score, sondern auch die zugrunde liegenden Bewertungsfaktoren einsehen.
- Möglichkeit zur Korrektur: Fehlerhafte oder veraltete Daten können gezielt beanstandet und gelöscht werden – mit klarer Rechtsgrundlage.
Vor allem in hochvolumigen Vertragsverhandlungen kann das ein entscheidender Vorteil sein.
Was bedeutet das konkret für Menschen mit Vermögen?
Für vermögende Privatpersonen, Unternehmer:innen oder Investoren ändert sich mehr, als es auf den ersten Blick scheint:
- Wenn Entscheidungen über Kreditrahmen, Immobilienfinanzierungen oder Business-Verträge künftig nicht mehr automatisiert und intransparent gefällt werden dürfen, entsteht ein echter Hebel für Verhandlungen.
- Wer Zahlen, Zusammenhänge und Fehlerquellen kennt, ist besser geschützt – und kann bei Bedarf auch rechtlich gegen Fehlbewertungen vorgehen. Das ist keine Bagatelle, sondern eine Frage von Reputation und Handlungsfreiheit.
Chancen und Risiken – Was bedeutet das Urteil langfristig?
Für Verbraucher:innen:
- Mehr Kontrolle über die eigene finanzielle Bewertung
- Größere Verhandlungsstärke bei Finanzierungen oder Investitionen
- Schutz vor systematischen Fehlbewertungen
Für Unternehmen:
- Höherer Aufwand bei der Datenaufbereitung und Entscheidungsbegründung
- Risiko bei unzureichender Transparenz – rechtlich und reputativ
- Neue Compliance-Standards erforderlich, vor allem bei digitalen Prozessen
Unterm Strich: Das Urteil ist ein Weckruf – besonders für Anbieter, die sich bisher auf intransparente Blackbox-Systeme verlassen haben.
Wenn der Score plötzlich Türen verschließt – ein Beispiel aus der Realität
Ein Unternehmer mit exzellenten Unternehmenskennzahlen möchte kurzfristig eine attraktive Gewerbeimmobilie erwerben. Finanzierung? Kein Problem – Rücklagen sind vorhanden, Einnahmen stabil, Reputation makellos.
Doch bei der internen Prüfung stuft die Bank ihn plötzlich als „mittleres Risiko“ ein. Der Grund: Ein fehlerhafter Eintrag bei der Auskunftei – verursacht durch eine frühere fehlerhafte Adresszuordnung und nie korrigiert.
Das Geschäft platzt – nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus systemischen Gründen.
Mit dem neuen Urteil des EuGH hätte dieser Unternehmer die Möglichkeit gehabt, den Score vorab zu prüfen, auf Korrektur zu bestehen – und seine Verhandlungsposition rechtzeitig zu stärken.
Was Verbraucher jetzt tun können – Tipps für mehr Kontrolle
1. Eigene Daten aktiv prüfen:
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um eine Selbstauskunft bei Auskunfteien wie der SCHUFA einzuholen – und den eigenen Score bewusst zu analysieren.
2. Korrekturen einfordern:
Fehlerhafte Daten? Altdaten, die längst irrelevant sind? Das neue Urteil stärkt das Recht auf Korrektur. Wichtig ist, die eigene Datenspuren gezielt zu dokumentieren.
3. Transparenz einfordern – auch bei Geschäftspartnern:
Wer sich in sensiblen Verhandlungen befindet – etwa bei Immobilien oder Unternehmenskäufen –, sollte die Art der Bonitätsprüfung hinterfragen. Das neue EuGH-Urteil ist dabei ein starkes Argument.
FAQ: Bonitätsprüfung und EuGH-Urteil 2025
Was ist ein Bonitätsscore?
Ein Bonitätsscore ist eine Zahl, die Auskunft darüber geben soll, wie kreditwürdig eine Person ist. Sie wird von Auskunfteien wie der SCHUFA berechnet – meist automatisiert und auf Basis verschiedenster Datenquellen.
Was darf die SCHUFA speichern?
Erlaubt sind Daten wie Zahlungsrückstände, Kredite, Mobilfunkverträge, Kontowechsel oder öffentliche Schuldnerregister. Wichtig: Die Speicherung muss rechtmäßig und aktuell sein – veraltete oder falsche Daten dürfen nicht dauerhaft einfließen.
Darf ein Vertrag nur wegen eines schlechten Scores abgelehnt werden?
Seit dem EuGH-Urteil von Februar 2025 dürfen solche Entscheidungen nicht mehr ausschließlich auf einem automatisierten Score basieren – es braucht transparente Begründungen und ggf. menschliche Prüfung.
Wie kann ich meinen SCHUFA-Score einsehen?
Einmal jährlich kostenlos über die sogenannte Datenkopie nach Art. 15 DSGVO, online beantragbar auf www.meineschufa.de.
Wie gehe ich gegen fehlerhafte Daten vor?
Wenden Sie sich direkt an die Auskunftei und fordern Sie eine Korrektur oder Löschung. Bei Streitigkeiten hilft ein Anwalt für Datenschutz- oder Bankrecht – z. B. die Kanzlei Herfurtner.
Fazit: Der Score darf nicht mehr schweigen – nutzen Sie jetzt Ihren Wissensvorsprung
Die Entscheidung des EuGH vom Februar 2025 ist mehr als ein juristisches Signal – sie ist ein Wendepunkt im Verhältnis zwischen Mensch und Maschine.
Wer Vermögen verantwortungsvoll einsetzt, sollte sich nicht länger von einem undurchsichtigen Zahlencode abhängig machen lassen. Die neue Rechtslage gibt Ihnen die Kontrolle zurück – über Ihre Daten, Ihre Bonität und Ihre Verhandlungsmacht.

Lassen Sie sich jetzt beraten.
Die Kanzlei Herfurtner steht Ihnen zur Seite.
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