Fahrverbot in Bußgeldsachen – Fachanwalt berichtet aus der Praxis und rät zur Verteidigung

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Für bestimmte Ordnungswidrigkeiten sieht das Gesetz ab einer bestimmten Schwere des Tatvorwurfs die Anordnung eines sogenannten Regelfahrverbots vor. Dies sind zum Beispiel Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abstandsverstöße, Rotlichtverstöße, nicht gebildete Rettungsgasse usw. Aber auch kleinere Verstöße können zur Anordnung von Fahrverboten führen, und zwar im Wiederholungsfall.

Fahrverbote sind mehr als unangenehm für den Betroffenen – und sollen genau das nach Recht und Gesetz auch sein. Dem Betroffenen ist daher nach der üblicherweise sehr harten Rechtsprechung grundsätzlich zuzumuten, während der Dauer des Fahrverbots

  • Urlaub zu nehmen oder zumindest teilweise die Urlaubszeit zu verlegen,
  • öffentliche Verkehrsmittel oder Taxen zu benutzen,
  • Familienangehörige als Fahrer heranzuziehen,
  • einen Angestellten als Fahrer heranzuziehen oder einen Aushilfsfahrer zu beschäftigen
  • einen Bankkredit aufzunehmen

oder auch mehrere Maßnahmen zu kombinieren.


Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht in Coesfeld (bei Dülmen, Ahaus, Borken). Aus seiner Praxis in Bußgeldverfahren weiß er: Die Frage nach dem Absehen vom Fahrverbot ist der Hauptgrund für den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid.

Heute stellt Verkehrsanwalt H. Urbanzyk Ihnen daher in aller Kürze anschauliche Fälle vor, in denen die Gerichte ausnahmsweise vom Fahrverbot abgesehen haben – und in welchen ausdrücklich nicht. 


Vom Regelfahrverbot wurde in folgenden Fällen abgesehen:

  • Länger als eine Sekunde Rot / atypischer Rotlichtverstoß: Wenn ein Kraftfahrzeugführer nur mit einer geringen Geschwindigkeit in den durch das Rotlicht geschützten Bereich eingefahren ist und es dort keinen Fußgänger- und Fahrradverkehr gab, fehlt es an der besonderen Gefährdungslage, die normalerweise bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß die Verhängung eines Fahrverbotes erfordert (KG Berlin, Beschluss vom 17..02.2015 – 3 Ws (B) 24/15 - 122 Ss 171/14; AG Büdingen, Urteil vom 19.10.2022 – 60 OWi - 901 Js 16834/22)
  • Lange zurückliegender Verstoß: Wenn die Tat zum Zeitpunkt der Verurteilung lange [mindestens zwei Jahre] zurückliegt, die Verfahrensverzögerung nicht dem Betroffenen anzulasten ist und der Betroffene sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat (OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.07.2023 – 3 Ss-OWi 1316/22;  OLG Hamm, Beschluss vom 17.01.2023 – III-5 RBs 331/22)
  • Nachteilige Auswirkung auf Familienangehörige: verstärkte Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit von Angehörigen, aber allein dann, wenn keine sonstigen unentgeltlichen Betreuungspersonen aus der Familie vorhanden sind und die Einstellung einer professionellen Hilfe nicht zumutbar ist (OLG Hamm, Entscheidung vom 16.03.2006 – 2 Ss OWi 96/06) Achtung: Hohe Begründungsanforderungen im Einzelfall!
  • Günstige Prognose / insbesondere: verkehrspsychologische Schulung: Von der Verhängung eines Regelfahrverbotes gegen den Betroffenen kann abgesehen werden, wenn ihm eine günstige Prognose hinsichtlich seines zukünftigen Verkehrsverhaltens gestellt werden kann. Eine solch günstige Prognose kann damit begründet werden, daß der Betroffene - ohne daß er dies zu vertreten hatte - in dieser Sache an drei Hauptverhandlungsterminen teilnehmen mußte und er wegen der Verkehrsordnungswidrigkeit einen mehrstündigen Verkehrsunterricht erfolgreich absolviert hat (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 5.07.1995 – 1 ObOWi 189/95; AG Eilenburg, Urteil vom 29.09.2022 – 8 OWi 950 Js 67934/21 –, juris [hier: Reduzierung Geldbuße unterhalb des eintragungspflichtigen Bereichs])
  • Kleinstrentner, der nicht gut laufen kann: Wegen geringer Rente könnten Arztbesuche während Fahrverbot nicht mit Taxifahrten bestritten werden. Der Verstoß selbst war zur Nachtzeit begangen worden und der Rentner war wegen Schmerzen auf der Fahrt zum Krankenhaus. Das Amtsgericht Aurich sprach trotzdem ein Fahrverbot aus. Das OLG Oldenburg ließ das Fahrverbot jedoch entfallen. (OLG Oldenburg, Beschluss vom 15.08.2024 – 2 ORbs 114/24 (220 Js 11760/24)   


Vom Regelfahrverbot wurde in folgenden Fällen nicht abgesehen:

  • Kein Bonus für Vielfahrer und Ersttäter: Grundsätzlich kein Grund zum Absehen von einem Regelfahrverbot ist der Umstand, dass der Betroffene - auch als Vielfahrer und seit vielen Jahren - „verkehrsrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten“ ist (ständige Rechtsprechung aller Gerichte).
  • Vorbildliches Nachtatverhalten und eine innere Betroffenheit eines Unfallverursachers nach einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall mit Personenschaden rechtfertigt regelmäßig nicht das Absehen  Regelfahrverbots (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 13. November 2023 – 201 ObOWi 1169/23 ). Denn eine Verletzung anderer tue regelmäßig einem Durchschnittsmenschen leid. Das Verbleiben am Unfallort trotz möglicher Flucht und das Herbeirufen von Polizei und Feuerwehr sei normale Pflichterfüllung.
  • Einschränkungen des Umgangsrechts mit dem Kind in etwa 100 km Entfernung durch das Fahrverbot ist regelmäßig keine außergewöhnliche Härte. Kontakthaltung sei heutzutage durch elektronische Medien möglich. Das Gericht hat bei Fahrverbot von mehr als einem Monat jedoch zu erwägen, ob eine Reduzierung der Dauer des Fahrverbots ausreicht. (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 7.11.2023 – 201 ObOWi 1115/23)        
  • Eine schwere Gehbehinderung rechtfertigt nicht allein schon ohne Weiteres den Verzicht auf das Fahrverbot. Art, Umfang und Grad der Behinderung des Betroffenen sind durch den Betroffenen ebenso nachzuweisen wie der der Umstand, ob es ihm wirtschaftlich zumutbar ist, einen professionellen Fahrservice in Anspruch zu nehmen, während das Fahrverbot läuft. (OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.3.2004, Az. 1 Ss (OWi) 37B/04.


Strafverteidigung ab der ersten Anhörung als Betroffener

Die harte Hand, mit der die Amtsgerichte und Oberlandesgerichte auf dem Regelfahrverbot beharren, sollte niemanden den Kopf in den Sand stecken lassen.  Betroffene im Bußgeldverfahren sollten sich bei dem Ziel, ein Fahrverbot abzuwenden, unbedingt professionellen Rechtsbeistand suchen – und zwar ab der ersten Anhörung. Dieser

  • nimmt Akteneinsicht   
  • arbeitet mit Ihnen sämtliche private und berufliche Umstände heraus, die das ausnahmsweise Absehen vom Fahrverbot begründen könnten
  • prüft die Rechtsprechung, die zu Ihrem Fall paßt
  • trägt die Argumente frühzeitig vor.


Rechtsanwalt Urbanzyk aus Coesfeld (bei Velen, Gescher, Billerbeck, Stadtlohn) hat bundeweit die Erfahrung gemacht, daß man gegen das Fahrverbot so früh wie möglich ankämpfen sollte – und zwar schon gegenüber der Bußgeldstelle. Warum? Dort trifft man nicht selten auf viel offenere Ohren für gute Argumente, als in der teilweise völlig lebensfremden Rechtsprechung richterlicher Elfenbeintürme.  Der Erfolg mit dieser Taktik – auch bei Vorsatz oder Voreintragungen im FAER – gibt Rechtsanwalt Urbanzyk Recht. 

Ihre Verkehrsrechtsschutz kommt regelmäßig für sämtliche Gebühren auf. Wofür haben Sie die Versicherung, wenn nicht für den Kampf gegen das Fahrverbot mit Hilfe eines Verkehrsanwalts? 

Foto(s): Heiko Urbanzyk

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